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Liebe Leserinnen und Leser,
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in der vergangenen Woche ging es wieder einmal um wichtige juristische Fragen für Apotheker*innen. Zum einen entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg über das Schicksal der pharmazeutischen Dienstleistungen: Bleiben sie komplett erhalten – und zum von der Schiedsstelle festgesetzten Preis? GKV-Spitzenverband und Kassenärztliche Vereinigung Hessen wollten das mit ihren Klagen verhindern. Doch damit scheiterten sie vorerst. Die Richter in Potsdam verwiesen auf den großen Gestaltungsspielraum der Schiedsstelle und hatten am Schiedsspruch nichts auszusetzen. Die Vertreter*innen von ABDA/DAV hatten aufs richtige Pferd gesetzt, dass sie sich nicht auf einen Vergleich mit dem GKV-Spitzenverband einließen, mit dem die Standardisierte Blutdruckmessung als pDL entfallen wäre. Weniger positiv sind hingegen die jüngsten Signale aus Luxemburg in einem Streit zwischen DocMorris und der Apothekerkammer Nordrhein: Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof plädiert in seinen Schlussanträgen nicht im Sinne der Kammer – doch noch ist das Urteil nicht gesprochen und der Kampfgeist der AKNR keinesfalls erloschen.
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Herzliche Grüße, Ihre Kirsten Sucker-Sket DAZ-Redakteurin
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Foto: Kirsten Sucker-Sket
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Pharmazeutische Dienstleistungen haben vor Gericht Bestand
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Von Kirsten Sucker-Sket
Apotheken dürfen auch weiterhin alle fünf pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) erbringen und abrechnen. Das entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg am vergangenen Mittwoch.
Mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz, das Ende 2020 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber im Sozialgesetzbuch V die Grundlage für die pDL geschaffen. Die Details sollten GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) bis Ende Juni 2021 regeln – insbesondere, welche pDL konkret erbracht werden sollen und wie viel Geld es dafür gibt. Doch diese Verhandlungen fruchteten nicht und die Schiedsstelle wurde angerufen.
Nach zähen Verhandlungen traf die Schiedsstelle um den unparteiischen Vorsitzenden Rainer Hess im Mai 2022 den Beschluss, der die bekannten fünf pDL samt Vergütung festlegte. Der DAV konnte mit dem Schiedsspruch leben, die GKV-Seite zog vor Gericht. Der Spitzenverband ist der Auffassung, die Schiedsstelle habe die standardisierte Blutdruckmessung nicht als pDL festsetzen dürfen, außerdem habe sie die Vergütung für alle Dienstleistungen durchweg zu hoch und fehlerhaft festgelegt.
Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen wurde aktiv. Sie meinte, ihrem Sicherstellungsauftrag nicht hinreichend nachkommen zu können, wenn Apotheken derart in die Therapiehoheit der Ärztinnen und Ärzte eingriffen. Einen Eilantrag gegen den gesamten Schiedsspruch wies das Landessozialgericht bereits im Dezember 2022 ab. Es hielt ihn schon damals für nicht statthaft und die Sache überdies nicht für eilbedürftig.
Bald zwei Jahre später fielen nun vergangene Woche die Urteile in beiden Klageverfahren. In der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter Wolfgang Seifert schnell klar gemacht, dass sein Senat die Klage der KV Hessen weiterhin für unzulässig hält: Die KV ist durch den Schiedsspruch gar nicht betroffen.
„Überobligatorische“ Begründung
Zur Klage des GKV-Spitzenverbandes verwies der Vorsitzende Richter hinsichtlich der Vergütung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Demnach stehe Schiedsstellen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Auch bei der Begründung, wie sie zu konkreten Preisen kommt, seien die Erfordernisse nicht hoch – es genüge, wenn diese „andeutungsweise“ erfolgte. Tatsächlich hatte die Schiedsstelle ziemlich genau gerechnet, um auf die Preise für die einzelnen pDL zu kommen. Dies sei aber „überobligatorisch“ gewesen, wie Seifert ausführte.
Nicht ganz so eindeutig sei die Sache bei der pDL der Standardisierten Risikoerfassung hoher Blutdruck. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, was genau der Gesetzgeber sich unter pharmazeutischen Dienstleistungen vorstelle, erklärte der Vorsitzende. Es sei ihm in erster Linie darum gegangen, in den Apotheken vor Ort Leistungen zu etablieren, die Versandapotheken nicht erbringen könnten. Aber wie pharmazeutisch müssen die Dienstleistungen sein?
GKV-Vertreterin Petra Kraftberger pochte darauf, dass die beanstandete pDL nicht einmal den Patientinnen und Patienten nutze – die bloße Messung ohne eine pharmazeutische Beratung habe „nicht einen Hauch einer pharmazeutischen Leistung“. Nina Griese-Mammen, Abteilungsleiterin Wissenschaftliche Evaluation der ABDA, verwies hingegen auf gute Daten, die zeigten, dass schon die Sensibilisierung der Patienten und Patientinnen durch die Blutdruckerfassung in der Apotheke etwas bringe und die Therapietreue stärke. Es sei eine „unglaublich sinnvolle und wertvolle Leistung“ für sie.
Vergleichsberatungen ohne Ergebnis
Der Vorsitzende regte schließlich einen Vergleich an: Denkbar wäre, dass es bei den Preisen bleibt, aber auf die Blutdruck-pDL verzichtet wird. Dazu merkte Hess an, dass es kein Verzicht sein müsse, sondern auch die Konkretisierung dieser Dienstleistung möglich sei.
Nachdem DAV- und GKV-Vertreter*innen eine Weile für sich beraten hatten, kam es letztlich zu keinem Vergleich. Die GKV-Seite wollte keine Konkretisierung, wie sie der DAV möglicherweise noch mitgetragen hätte, sondern wollte die pDL standardisierte Blutdruckmessung ganz gestrichen haben.
Für den DAV zahlte sich aus, sich nicht auf das GKV-Angebot eingelassen zu haben. Das Gericht wies nicht nur – wie erwartet – die KV-Klage, sondern auch die GKV-Klage vollumfänglich ab. Der Senat gestand der Schiedsstelle insgesamt einen weiten Gestaltungsspielraum und einen geringen Begründungsaufwand zu.
Die Revision zum Bundessozialgericht wurde in beiden Verfahren zugelassen. Nach Auskunft der Vertreterin der KV Hessen ist damit seitens der KV allerdings nicht zu rechnen. Der GKV-Spitzenverband will erst einmal die schriftliche Begründung abwarten.
Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2024, Az. L 4 KR 254/22 KL und L 4 KR 289/22 KL
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EuGH-Generalanwalt erneut auf der Seite von DocMorris
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Von Kirsten Sucker-Sket
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Maciej Szpunar, bleibt auf seiner wettbewerbsfreundlichen Linie, wenn es um den grenzüberschreitenden Arzneimittelhandel und die Werbung hierfür geht. Das zeigen seine am vergangenen Donnerstag vorgelegten Schlussanträge, die die Weichen für die Schadenersatzklage von DocMorris gegen die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) stellen sollen. Wie es am Ende für die AKNR ausgeht, ist aber noch offen.
Es klingt besorgniserregend: DocMorris fordert mehr als 18 Millionen Euro von der AKNR, weil diese vor 2016 auf Grundlage einstweiliger Verfügungen, die sich nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung („Deutsche Parkinson Vereinigung“) als nicht rechtmäßig erwiesen haben, Ordnungsgelder gegen das Unternehmen erwirkt hat. Denn sie gründeten auf einem Verstoß gegen eine mittlerweile gestrichene Regelung im Arzneimittelpreisrecht.
Allerdings scheidet ein Schadenersatzanspruch aus, wenn das durch die ungerechtfertigt ergangene Verfügung untersagte Verhalten auch aus anderen rechtlichen Gründen hätte unterlassen werden müssen. Und genau das ist der Ansatz der AKNR: Wenn infolge des EuGH-Urteils von 2016 auch die Rx-Preisbindung für EU-Versender im Arzneimittelgesetz gestrichen ist, ist sie doch überzeugt, dass die Rabatte und Boni gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot verstoßen – und damit damals wie heute unzulässig waren und sind.
Deutsche HWG-Regelung mit dem Europarecht vereinbar?
Auch der Bundesgerichtshof (BGH), bei dem die Schadenersatzklage gelandet ist, ist dieser Sichtweise gegenüber aufgeschlossen. Er will jedenfalls in drei von fünf der von DocMorris angeführten Fälle die Rabattaktionen als Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz werten. Doch zunächst wollte er vom EuGH wissen, ob dies mit den Vorgaben des europäischen Humanarzneimittelkodex (Richtlinie 2001/83/EG) vereinbar ist.
Ende Juni wurde vor dem EuGH verhandelt. Nun folgten die Schlussanträge des Generalanwalts. Diese zeugen von wenig Verständnis für einige der Argumente, die im Sommer in Luxemburg seitens der AKNR vorgetragen wurden.
Arzneimittel- oder Apotheken-Werbung?
Die große Frage ist: Fallen die Rabattaktionen unter den Humanarzneimittelkodex, der unter anderem die Werbemaßnahmen für Arzneimittel in Europa harmonisieren soll? Szpunar meint: Nein, denn es handele es sich gar nicht um Werbung für Arzneimittel, sondern nur um Werbung für das Unternehmen. Und zwar egal, ob der beworbene Rabatt unmittelbar verrechnet wird oder als Gutschein für einen künftigen Einkauf ausgegeben wird. Es gehe nämlich nicht darum, den Patienten in der Entscheidung für ein bestimmtes Arzneimittel zu beeinflussen, sondern in der nachgelagerten Entscheidung für eine bestimmte Apotheke. Schließlich sei das Arzneimittel schon von einem Arzt oder eine Ärztin verordnet. Schon deshalb seien die Rabattaktionen nicht geeignet, einen unzweckmäßigen Absatz von Arzneimitteln oder einen Missbrauch zu fördern. Die Argumentation der AKNR, Patienten könnten Ärzte verleiten, unnötig zu verschreiben („Geldverdienen auf Rezept“), weist Szpunar zurück. Damit werde versucht, „ein schlechtes Licht auf andere zu werfen: Angeheizt durch gierige – in der Regel ausländische – Versandapotheken verleiten schwache Patienten skrupellose Ärzte dazu, ihnen eine übermäßige Menge an Arzneimitteln zu verschreiben“.
Erneut zeigt sich der Generalanwalt sehr verständig für DocMorris‘ Vorgehen: Hier versuche eine ausländische Apotheke, „auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen, indem sie einen stabilen Strom von Bestellungen generiert“. Dass sie es speziell auf Chroniker mit beständigem Bedarf abgesehen hat, kann Szpunar dem Versender nicht verdenken: „Die Apotheken wollen natürlich an diesem lukrativen Markt teilhaben, bei dem ein Rezept oft Teil eines größeren ‚Abonnements‘ ist.“
Die Warenverkehrsfreiheit als Maßstab
Was bedeutet das nun? Wenn die Werbung nicht unter die EU-Richtlinie fällt, kann der Mitgliedstaat eine eigene Regelung treffen, die allerdings an den Grundfreiheiten zu messen ist. Wir kennen es bereits aus dem Verfahren von 2016: Auch hier sahen Szpunar und in der Folge der EuGH die Warenverkehrsfreiheit beschränkt – und keine Rechtfertigungsgründe hierfür. Solche Gründe können sich aus dem Gesundheitsschutz grundsätzlich durchaus ergeben. Doch im vorliegenden Fall sieht Szpunar nach dem Urteil Deutsche Parkinson Vereinigung „keinen Raum für eine Rechtfertigung“.
Sollte der EuGH allerdings doch annehmen, dass die Werbeaktionen unter den Humanarzneimittelkodex fallen, wären sie unzulässig, räumt Szpunar ein. Denn danach ist eine Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel klar verboten.
Mand weist auf Widersprüche hin
Für den Apothekenrechtsexperten Elmar Mand sind die Argumente des Generalanwalts mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung des EuGH alles andere als schlüssig – vor allem, weil hier strengere Maßstäbe für OTC- als für Rx-Arzneimittel angesetzt werden. Für die OTC-Werbung hatte der EuGH erst kürzlich enge Grenzen gesetzt – sie kann unter Umständen sogar komplett verboten werden. Dies sei „reichlich skurril“, erklärte er vergangenen Freitag beim Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale in Frankfurt/Main.
Der BGH hat das letzte Wort
Das letzte Wort ist ohnehin noch nicht gesprochen. Darauf weisen auch AKNR-Justiziarin Bettina Mecking und AKNR-Anwalt Morton Douglas hin. Zuletzt hatte etwa der EuGH beim Urteil zum Arzneimittelverkauf über Amazon eine andere und strengere Linie eingeschlagen, als der Generalanwalt (ebenfalls Szpunar!) in seinen Schlussanträgen vorgeschlagen hatte. Und dann muss auch nochmal der BGH ran.
Selbst im schlimmsten Fall, dass der BGH dem von Szpunar vorgezeigten Weg folge, sieht Mand noch Hoffnung für die AKNR: Ein Schadenersatzanspruch im Wettbewerbsrecht substantiiert darzulegen sei „nahezu unmöglich“.
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Löst der Gesetzgeber das Skonto-Problem mit dem BIPAM-Gesetz?
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Von Christina Grünberg
Die Apothekenreform hat in ihrer aktuellen Fassung wohl kaum noch eine Chance darauf, verabschiedet zu werden. Mit Blick auf die geplanten Apotheken ohne Apotheker stellt sich die FDP quer – noch immer hat es der Entwurf nicht durch das Kabinett geschafft. Auch wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sein Vorhaben vehement verteidigt, scheint ihm bewusst zu sein, dass es ohne Anpassung am Widerstand der Liberalen scheitern wird. Anfang Oktober kündigte der Minister beim Deutschen Apothekertag in München an, womöglich schon bald einen überarbeiteten Entwurf vorlegen zu wollen. Bisher ist das jedoch nicht geschehen.
Stattdessen beginnt das Parlament nun, einige Passagen aus der Apothekenreform herauszulösen und in anderen Gesetzesinitiativen unterzubringen. Konkret sollen die erweiterten Impfbefugnisse für Apothekerinnen und Apotheker sowie Erleichterungen bei der Heimversorgung in Zeiten des E-Rezepts mit dem Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit (BIPAM-Gesetz) kommen.
Einbußen im unteren fünfstelligen Bereich
Aus Sicht des Berufsstands fehlt dabei jedoch mindestens ein wichtiger Punkt: eine Neuregelung der Großhandelsskonti für Apotheken. Hoffnung keimte auf, als kürzlich der SPD-Gesundheitsexperte Dirk Heidenblut bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss zum BIPAM-Gesetz das Thema auf den Tisch brachte. Er erkundigte sich beim ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz nach der Dringlichkeit für die Apotheken. Schmitz betonte, der Handlungsbedarf für die Apotheken sei sehr groß. Sie befänden sich ohnehin in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation – das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs mindere ihre Erträge nun noch mehr. Der ABDA-Vertreter sprach von Einbußen im unteren fünfstelligen Bereich, die unmittelbar auf den Gewinn durchschlügen. Es müsse daher schnellstmöglich eine Regelung gefunden werden, die Skonti wieder ausdrücklich gestatte.
Heidenblut: Schnelle Regelung sinnvoll
Konnte er mit diesem Appell zu Heidenblut durchdringen? Auf Nachfrage der DAZ verweist der Abgeordnete darauf, dass die Skonto-Frage grundsätzlich im Apotheken-Reformgesetz geregelt werden solle und dort auch bereits angelegt sei. „Da sich das Gesetz jedoch schon sehr verzögert und bei Einbringung in den Bundestag dann ja sicher auch noch einige Beratungszeit braucht, halte ich eine schnellere Regelung für sinnvoll“, so Heidenblut weiter. Aus diesem Grund habe er die Frage in der Anhörung zum Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit gestellt. „Mit dem Gesetz sollen auch andere Aspekte für den Apothekenbereich geregelt werden, deshalb bietet es sich aus meiner Sicht an.“
Lütke: Interessenausgleich zwischen Apotheken und Großhandel
Die DAZ wollte daraufhin wissen, wie die FDP zur Initiative Heidenbluts steht. „Wir Freie Demokraten sehen das Bundesgesundheitsministerium und Minister Lauterbach in der Pflicht, eine Lösung für die Skonto-Regelungen zu unterbreiten“, betont die Abgeordnete und FDP-Apothekenexpertin Kristine Lütke auf Nachfrage. „Dabei muss ein sinnvoller Ausgleich zwischen den Interessen der Apotheken und dem pharmazeutischen Großhandel gefunden werden, denn dieser ist für die Apotheken elementar.“ Gleichzeitig sei es dringend notwendig, die wirtschaftliche Situation der Apotheken zu verbessern, um weitere Schließungen und eine Verschlechterung der Versorgung zu vermeiden. „Es braucht eine gemeinsame Lösung, die die Arzneimittelversorgung verbessert, keine einseitigen Belastungen und zugleich eine leistungsgerechte Vergütung für beide Seiten schafft.“
Wie dieser Interessenausgleich aussehen könnte und wie wahrscheinlich eine Neuregelung der Skonti mit dem BIPAM-Gesetz ist, bleibt zunächst offen. Noch ist Zeit, eine tragfähige Formulierung zu finden und sie in das Gesetzesvorhaben einzubringen. Voraussichtlich Mitte November soll es in 2./3. Lesung im Bundestag verabschiedet werden. Ende Dezember könnte sich dann der Bundesrat erneut damit befassen, das Inkrafttreten ist für den Jahreswechsel vorgesehen.
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Bedeutung des Direktbezugs von Arzneimitteln in Apotheken steigt
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Von Matthias Köhler
Das Urteil des Bundesgerichtshofs zu den Skonti trübt das Verhältnis zwischen Großhandel und Apotheken. Dass das Bundesgesundheitsministerium sie laut Apothekenreformgesetz wieder zulassen will, gefällt dem Phagro überhaupt nicht. Man darf davon ausgehen, dass dies auch für gegenwärtige Bestrebungen gilt, das Verbot im Rahmen anderer Gesetzgebungsverfahren aufzuheben.
Auf dem Deutschen Apothekertag 2024 in München rief Verbandschef Marcus Freitag aber dazu auf, sich nicht auseinandertreiben zu lassen. Kein Wunder: Die Branche kämpft auch mit den Veränderungen im Markt. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Kristine Lütke sagte in der vergangenen Woche gegenüber der DAZ, es brauche einen Interessensausgleich zwischen Apotheken und Großhandel.
Das Verhältnis zum Großhandel ist auch Thema der jüngsten Apokix-Umfrage aus dem Oktober. Sie zeigt: Die Bedeutung des Direktbezugs hat in den vergangenen ein bis zwei Jahren zugenommen – das sagen 73 Prozent der Apothekeninhaberinnen und -inhaber. Im Vergleich dazu waren es 2021 nur 37 Prozent. Auch die Zahl derer, die davon ausgehen, dass der Direktbezug weiter „stark“ zunehmen wird, ist gestiegen: von 35 Prozent 2021 auf 53. Dabei geben 48 Prozent der Befragten an, am ehesten über Plattformen wie Pharma Mall direkt bei Herstellern zu bestellen.
Am liebsten nur Großhandel, aber...
Dabei sagen fast alle Befragten (96 Prozent), dass sie gerne ausschließlich beim Großhandel kaufen würden, sich aber die Fälle mehren, in denen Arzneimittel nur direkt beim Hersteller bezogen werden können. Seit der letzten Befragung 2021 ist diese Zahl um drei Prozentpunkte gestiegen.
Gleichzeitig sagen auch 96 Prozent der Befragten, dass die Pharmagroßhändler unerlässlich sind. Allerdings ist diese Zahl seit der letzten Befragung um drei Prozentpunkte gesunken. 93 Prozent geben jedoch an, dass die Leistungsfähigkeit der eigenen Apotheke wesentlich von den Leistungen des Großhandels abhänge.
Zufriedenheit mit Großhändlern größer
Und: die Gesamtzufriedenheit mit dem Großhandel ist größer als beim Direktbezug. 87 Prozent sagten, sie seien sehr oder eher zufrieden mit dem Großhandel, bei den Herstellern waren es 74. Einen großen Unterschied sehen die Befragten insbesondere beim Bestellaufwand: Hier waren 98 Prozent mit dem Großhandel zufrieden und nur 51 mit den Herstellern.
Ob Liefergeschwindigkeit, Erreichbarkeit von Ansprechpartnern, Sortiment oder Retourenabwicklung, in diesen Punkten schneidet der Großhandel bei der Zufriedenheit besser ab. Anders sieht es aus bei der Lieferfähigkeit (61 Prozent Großhandel, 63 Hersteller) und ganz stark ist der Unterschied bei der Transparenz der Rechnungen. Hier sagen nur 37 Prozent, dass sie zufrieden mit dem Großhandel sind, wohingegen es bei den Herstellern 90 sind. Bei Preisen und Konditionen ist die Zufriedenheit mit 39 Prozent gleich.
Die meisten Apotheken werden laut Umfrage von zwei Großhändlern (53 Prozent) oder mehr (35 Prozent) beliefert. Im Durchschnitt sind es dann zwölf Hersteller (inkl. Plattformen wie Pharma Mall), von denen die Apotheken ihre Produkte direkt beziehen. Allerdings gaben 24 Prozent an, mit mehr als 20 Herstellern im Direktgeschäft zu stehen.
Was wird direkt bezogen?
Dabei gaben 83 Prozent der befragten Inhaberinnen und -inhaber an, mindestens einmal im Monat OTC-Arzneimittel direkt zu beziehen. Rx mit Abgabepreisen der pharmazeutischen Unternehmen (ApU) höher als 1.200 Euro kauften 79 Prozent mindestens einmal im Monat, bei Preisen unter 1.200 Euro waren es 74 Prozent.
Sehr viel weniger wurden demgegenüber kühlkettenpflichtige Arzneimittel (41 Prozent), Zytostatika (19), Impfstoffe (17) oder Betäubungsmittel (14) mindestens einmal im Monat direkt beim Hersteller gekauft. Bis auf die Rx-Arzneimittel mit ApU unter 1.200 Euro oder Impfstoffen stieg insgesamt die Zahl derjenigen, die mindestens einmal im Monat bei einzelnen Herstellern bestellten, am stärksten bei Rx mit ApU größer als 1.200 Euro (13 Prozent).
Stimmung steigt leicht
Das Stimmungsbarometer bei der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage im September ist im Vergleich zum Vormonat gestiegen: Der Apotheken-Konjunkturindex hat sich gegenüber September 2024 von 58,3 Punkten auf 63,3 verbessert. Allerdings ist der Index zur erwarteten Entwicklung der Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten von 41,7 auf 38,3 Punkte gesunken. Ein Indexwert von 100 entsteht bei einer ausgeglichenen Stimmung.
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Rezeptur-Retaxationen: Erste Einsprüche werden abgelehnt
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Von Julia Borsch
Weil die Kassen sich trotz massiver Preissteigerungen weigerten, die Preise für die Stoffe und Gefäße in der Hilfstaxe anzupassen, hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) die maßgeblichen Anlagen (I und II) zum Ende des vergangenen Jahres gekündigt. Somit herrscht seit Jahresbeginn bei der Abrechnung der Rezepturen ein vertragsloser Zustand. Es gelten folglich die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung.
Die Kassen finden aber, dass nur die für die Rezeptur erforderliche Stoffmenge, also nur die anteilige Packung, zulasten der GKV abgerechnet werden kann. Der DAV hingegen pocht auf den Wortlaut der Arzneimittelpreisverordnung. Die erlaubt, den „Einkaufspreis der üblichen Abpackung“ abzurechnen. Der Verband forderte die Apotheken auch auf, dies zu tun. Der DAV und seine Mitgliedsorganisationen berufen sich in ihrer Argumentation auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Az.: L 10 KR 701/22), das die Position der Apotheken in ihren Augen bekräftigt und deswegen als Präzedenzfall genutzt werden könne, um die Argumentation zu untermauern.
Verbände stellen Mustereinspruch zur Verfügung
Wenig überraschend: Es wird fleißig retaxiert. Die Verbände stellen ihren Mitgliedern zur Unterstützung einen Mustereinspruch zur Verfügung. Mittlerweile liegen aber auch die ersten Ablehnungen dieser Einsprüche vor. Ein weiteres Vorgehen hierzu werde derzeit auf Bundesebene mit dem DAV erarbeitet, heißt es in einem Mitgliederrundschreiben des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV). Man werde umgehend darüber berichten, sobald ein Ergebnis vorliege, so der BAV.
DAV äußert sich aus „taktischen Gründen“ nicht
Auch der DAV hält sich auf Nachfrage der DAZ bedeckt. Der DAV stehe in engem Austausch mit den Landesapothekerverbänden zu den Retaxationen von Rezepturabrechnungen, heißt es. „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aus taktischen Gründen hierzu nicht näher äußern können“, erklärt ein Sprecher gegenüber der DAZ.
Apotheken, die den Mustereinspruch verwendet und die Ablehnung der Kasse für die Beanstandung erhalten haben, sind nun angehalten, die Unterlagen aufzubewahren, bis die Verbände mit neuen Informationen auf sie zukommen. Bei erfolgreichem Einspruch bitten die Verbände ebenfalls um Mitteilung.
Wenn Kassen und Apothekerschaft zu keiner Einigung finden, werden letztendlich die Sozialgerichte entscheiden. Diese Verfahren ziehen sich aber im Regelfall lange hin.
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Lieferando und Cure kooperieren
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Von Michael Zantke
Der Arzneimittel-Lieferdienst Cure kooperiert mit Lieferando. In 18 deutschen Städten können sich Kund*innen seit Mittwoch vergangener Woche mehr als 500 zusätzliche Produkte – darunter auch OTC-Arzneimittel wie Aspirin und Paracetamol – über das Logistiknetz von Lieferando nach Hause liefern lassen. Das gaben beide Unternehmen in einer gemeinsamen Pressemitteilung bekannt.
Zum erweiterten Angebot zählen rezeptfreie Arzneimittel, COVID-19-Schnelltests, Nahrungsergänzungsmittel sowie hochwertige Kosmetika und Hauptpflegeprodukte. An der Kooperation beteiligen sich den Angaben zufolge insgesamt 60 Apotheken in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Köln, München, Stuttgart, Düsseldorf, Hannover, Darmstadt, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Freiburg, Münster, Kassel, Nürnberg, Regensburg und Halle.
Lieferung innerhalb von 45 Minuten
Die Bestellungen sollen innerhalb von 45 Minuten zu den Kund*innen geliefert werden, heißt es. Der Transport erfolge in der Regel per Fahrrad. Für die Lieferungen wird eine Gebühr fällig, die abhängig von der Lieferdistanz ist, teilten die Kooperationspartner mit.
Der Cure-CEO und Mitbegründer des Unternehmens, Ali El-Ali, sieht in der Zusammenarbeit einen „Meilenstein“ für die Gesundheitsversorgung: „Durch die Zusammenarbeit können wir unser Netzwerk erheblich erweitern und Apotheken helfen, Millionen Lieferando-Nutzer direkt und besonders komfortabel zu bedienen.“
Auch Lieferando-Geschäftsführer Lennard Neubauer erkennt darin einen wichtigen Schritt, um den Geschäftsbereich „abseits von Restaurantlieferungen weiter auszubauen”. Neben Essenslieferungen aus Restaurants bietet Lieferando mittlerweile auch Haushaltsartikel, Lebensmittel und Elektronik zur Heimlieferung an. Das Unternehmen gibt an, dass aktuell etwa 15 Millionen Menschen in Deutschland die Angebote nutzen.
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Rabattgutscheine: Freie Apothekerschaft klagt auf Unterlassung
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Von Matthias Köhler
Die Freie Apothekerschaft (FA) reicht ihre nächste Klage ein: Der Verein hat gegen DocMorris und Shop Apotheke auf Unterlassung von Rabattgutschein-Aktionen geklagt, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht. Es geht dabei um Werbung für die Einlösung von E-Rezepten über die jeweilige App der Unternehmen. „Bis zu 10 Euro sparen bei der ersten E-Rezept-Einlösung in unserer App“, hieß es beispielsweise auf der Webseite von Shop Apotheke.
Die FA hatte Shop Apotheke bereits Ende Mai wegen der Werbung abgemahnt. Wie der Verein mitteilt, würden die Arzneimittelversender jedoch die entsprechende deutsche Vorschrift des § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V für unionsrechtswidrig erachten, sich nicht daran gebunden fühlen, weswegen sie die Abmahnungen zurückwiesen.
Das wolle man nicht gelten lassen, heißt es von der FA. Gestützt sieht man sich durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Münchens, demnach die Rx-Preisbindung nicht gegen EU-Recht verstößt. Man dränge daher „auf klare Verhältnisse“ und klage mithilfe der Kanzlei Brock Müller Ziegenbein, die auch bei weiteren Klagen die FA unterstützt, auf Unterlassung.
„Es kann nicht sein, dass die sog. Hollandversender jedes Schlupfloch ausprobieren und damit auch noch durchkommen“, sagte die 1. Vorsitzende, Daniela Hänel. „Der Schaden für die Vor-Ort-Apotheken in Deutschland ist immens. Wir bleiben jetzt konsequent und sind zuversichtlich, dass die Gerichte die unverfrorene Feigenblatt-Argumentation der Versender zurückweisen werden.“
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Sanofi mit Umsatz- und Gewinnsprung
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Ein deutliches Plus bei Impfstoffen hat dem französischen Pharmakonzern Sanofi ein überraschend gutes drittes Quartal beschert. Der Konzernumsatz stieg um fast 12,3 Prozent auf 13,4 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am vergangenen Freitag in Paris mitteilte. Ohne Wechselkurseffekte war das Wachstum noch größer. Vor allem Impfungen gegen Grippe sowie gegen einen Atemwegsvirus waren gefragt. In den drei Monaten bis Ende September stieg der Betriebsgewinn um 14,4 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Unter dem Strich stieg der um Sonderposten bereinigte Gewinn um 12,2 Prozent auf knapp 3,6 Milliarden Euro. (dpa/DAZ)
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Overwienining erhält Verdienstkreuz
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ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ist von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem „Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ ausgezeichnet worden. Vorgeschlagen wurde sie vom NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). Die feierliche Überreichung des Ordens erfolgte am Wochenende in Horstmar durch den Landrat des Kreises Steinfurt, Martin Sommer. Er beleuchtete in seiner Laudatio das frühe Engagement Overwienings für Arzneimittelsicherheit und Medikationsmanagement – und hob ihr besonderes Anliegen hervor, der Trivialisierung des Arzneimittels zum reinen Handelsgut entgegenzuwirken. (DAZ)
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