Liebe Leserinnen und Leser,
 

in Europa gibt es einen neuen Superlobbyverband, namens „Online Order and Home Delivery of Medicines (OnHOME) Alliance“. Mit dabei unter anderem Online-Arzneiversender, Pharmahersteller und unterschiedliche andere Wirtschaftsakteure sowie Patientenverbände. Das erklärte Ziel: Das Rx-Versandverbot EU-weit kippen. In Deutschland gibt es insoweit nichts mehr zu tun, aber das ist in der EU nach wie vor die Ausnahme.
Die OnHOME-Allianz setzt sich für eine Zukunft ein, in der alle europäischen Bürger sicheren, zuverlässigen und bequemen Online-Zugang zu den von ihnen benötigten Medikamenten haben, unabhängig von ihrem Wohnort, erklärt Martino Canonico, Leiter des Brüsseler Büros des Europäischen E-Pharmacy-Verbands (EAEP) und zugleich Pressekontakt von OnHOME. Damit hat er grundsätzlich recht. Doch ob es dazu Versandhandel braucht? Denn zumindest in vielen Gegenden Deutschland dürften die Botendienste der Apotheken weit zuverlässiger funktionieren als die bekannten Paketdienste. 

 
Herzliche Grüße,
Ihre Julia Borsch
DAZ-Chefredakteurin
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 
Warum schaut die Paritätische Stelle bei Rx-Boni tatenlos zu? 

Neue Lobbyorganisation fordert europaweiten Rx-Versand

Rechtliche Hürden für Cannabis-Modellregionen

BAK-Vorstand: Wer kandidiert?

EU-Kommission verhängt Millionenstrafe gegen Teva

BfArM rechnet mit guter Antibiotika-Versorgung für Kinder

Zukunftspakt Apotheke verleiht auf Apothekengala Sonderpreis

News-Ticker
 
 
Warum schaut die Paritätische Stelle bei Rx-Boni tatenlos zu?
 

 

Von Kirsten Sucker-Sket

Shop Apotheke und DocMorris kümmern sich wenig um die im Sozialgesetzbuch V verankerte Rx-Preisbindung. Das wirft die Frage auf: Warum macht die sogenannte Paritätische Stelle nichts, die derartige Verstöße eigentlich ahnden soll?   

Seit Dezember 2020 gibt es die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel im GKV-Sachleistungsbereich (§ 129 Abs. 3 SGB V). Das heißt: EU-Versendern ist ebenso wie deutschen Vor-Ort-Apotheken verboten, Rx-Boni zu gewähren. DocMorris und Shop Apotheke meinten stets, diese Regelung sei genauso unionsrechtswidrig wie die alte Rx-Preisbindung im Arzneimittelgesetz, die der Europäische Gerichtshof 2016 für unionsrechtswidrig befunden hatte. Der Gesetzgeber ging jedoch davon aus, dass sich die fixen Preise sozialrechtlich besser rechtfertigen lassen. 

Die Paritätische Stelle im Rahmenvertrag 

Zugleich wurde der Selbstverwaltung von Apotheken und Krankenkassen eine neue Aufgabe zuteil: Sie sollten in ihrem Rahmenvertrag regeln, wie sie gegen Verstöße gegen die neue Preisbindung vorgehen. Dazu sollten Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband eine „zuständige Stelle“ einrichten. Einen Rahmen für die möglichen Vertragsstrafen (bis zu 250.000 Euro) gab der Gesetzgeber vor. Ebenso, dass eine Apotheke von der Versorgung ausgeschlossen werden kann, bis sie eine verhängte Vertragsstrafe beglichen hat.  

Seit 1. Oktober 2021 ist die Anlage 10 des Rahmenvertrags in Kraft, der die Details rund um die sogenannte Paritätische Stelle und von ihr angestoßene Verfahren regelt. Sie hat ihren Sitz beim DAV und ist mit jeweils drei Mitgliedern des GKV-Spitzenverbandes und des DAV besetzt – wobei der DAV den Vorsitz hat. Auf Antrag des DAV oder des GKV-Spitzenverbands beginnt ein Verfahren. Dafür müssen die Verbände Nachweise bringen und innerhalb von zehn Werktagen haben die Mitglieder der Paritätischen Stelle zu entscheiden, ob und welche Sanktion ausgesprochen wird.  

Doch warum wird die Paritätische Stelle nicht aktiv, obwohl die Verstöße der EU-Versender gegen § 129 Abs. 3 SGB V spätestens seit Einführung des CardLink-Verfahrens so offensichtlich sind? Das fragen sich wohl viele Apothekerinnen und Apotheker.  

Keine höchstrichterliche Rechtsprechung 

Es sind derzeit die Freie Apothekerschaft und die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR), die gegen DocMorris und Shop Apotheke juristisch vorgehen. Zudem gibt es ein seit vielen Jahren anhängiges Verfahren des Bayerischen Apothekerverbands: Hier hatte das Oberlandesgericht München in einem im vergangenen März ergangenen Urteil kein Problem, die neue Vorschrift anzuwenden. Der Bundesgerichtshof ist nun die nächste Station. Festzuhalten bleibt: Noch gibt es keine höchstrichterliche Entscheidung zur sozialrechtlichen Preisbindung  

GKV: DAV müsste aktiv werden 

Und genau diese rechtliche Unsicherheit dürfte der Grund sein, warum die Paritätische Stelle sich zugeknöpft gibt. Nicht einmal zu ihrer personellen Besetzung wollen sich DAV und GKV-Spitzenverband äußern. Auf die Nachfrage der DAZ, warum sie nicht tätig wird, macht es sich ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands mit der Antwort leicht: Die Stelle sei zum Schutz der deutschen Apotheken da, erklärt er. Es müsste also der DAV die Stelle anrufen. Kurzum: Der GKV sind die Verstöße offensichtlich einerlei.  

Das Problem: die Haftung 

Ein DAV-Sprecher erklärt auf die gleiche Frage: „Aus Sicht des Deutschen Apothekerverbandes funktioniert die geltende Regelung nicht optimal. Das haben wir gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium auch schon mehrfach kommuniziert. Mit dem angenommenen Antrag zur ‚Sicherstellung des einheitlichen Abgabepreises‘ fordert der Deutsche Apothekertag 2024 den Gesetzgeber noch einmal ausdrücklich auf, ‚Maßnahmen zu ergreifen, welche die Durchsetzung der gesetzlichen Preisvorgaben (einheitlicher Abgabepreis) für Arzneimittel sicherstellen‘.“ 

In der Begründung zu besagtem Antrag wird offenbar, wo das große Problem liegt: „Die sogenannte Paritätische Stelle ist handlungsunfähig, weil die einzelnen Mitglieder in bestimmten Fallkonstellationen von der betroffenen Apotheke persönlich haftbar gemacht werden könnten.“ Sie hafte unter Umständen auf Schadenersatz für ihre Entscheidungen. Als Lösung schlägt der Antrag vor, dass eine Bundesbehörde Verstöße kontrolliert und sanktioniert. 

Tatsächlich sieht die Anlage 10 des Rahmenvertrags vor, dass das Haftungsrisiko der GKV-Spitzenverband und der DAV tragen – „je nach den Stimmanteilen der für die Entscheidung maßgeblichen Mitglieder, die den Antrag für begründet halten und die sich zugleich für die konkrete (gegenüber der Apotheke verhängten) oder eine höhere Strafe ausgesprochen haben“. Laut GKV-Spitzenverband haftet der Verband, nicht das einzelne Mitglied.  

Dieser Umstand lähmt die Paritätische Stelle offensichtlich. Vor Augen hat man dort vermutlich auch den laufenden Schadensersatzprozess von DocMorris gegen die AKNR, in dem der Versender nicht weniger als 18 Millionen Euro fordert. Auch wenn dies keine realistische Summe ist: So lange es keine gesicherte Rechtsprechung zu § 129 Abs. 3 SGB V gibt, ist seitens der Paritätischen Stelle keine Bewegung zu erwarten.    

 
 
 
Neue Lobbyorganisation fordert europaweiten Rx-Versand
 

Von Michael Zantke

Online-Arzneiversender, Pharmahersteller und unterschiedliche andere Wirtschaftsakteure wollen das Geschäftsfeld für den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Europa erweitern. Dafür haben sich am Dienstag vergangener Woche verschiedene Branchenorganisationen in Brüssel zur „Online Order and Home Delivery of Medicines (OnHOME) Alliance“ (OnHOME) zusammengeschlossen. Unter anderem mit dabei: die European Association of e-Pharmacies (EAEP). Hier besetzen die niederländischen Versender abwechselnd die Führungspositionen: Präsident ist derzeit Olaf Heinrich, CEO von Redcare Pharmacy, den Posten des Vizepräsidenten besetzt DocMorris-CEO Walter Hess. Die Vereinigung ging 2021 aus der European Association of Mail Service Pharmacies (EAMSP) hervor – statt den Versandhandel in den Mittelpunkt zu stellen, gab man sich einen digitalen Anstrich. Der EAEP gehören 36 Arzneimittelversender aus 16 EU-Staaten, Norwegen und der Schweiz an. 

Oberstes Ziel: Versandverbote für Rx kippen 

Erklärtes Ziel von OnHOME ist es, Druck auf die politischen Entscheidungsträger der EU auszuüben, um die Zulassung des Online-Versands in 19 weiteren EU-Staaten durchzusetzen. Bisher ist der Rx-Versandhandel in Deutschland, Dänemark, Litauen, Estland, Finnland, Portugal, den Niederlanden und Schweden erlaubt – auch im Vereinigten Königreich gibt es kein Verbot. Ein Umstand, auf den auch die deutsche Apothekerschaft immer wieder hingewiesen hat, als vor einigen Jahren die Rückkehr zum Rx-Versandverbot diskutiert wurde: Der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln war von jeher die Ausnahme und nicht die Regel. Ende 2003 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein Verbot aus Gründen des Gesundheitsschutzes mit EU-Recht vereinbar ist. Lediglich der (grenzüberschreitende) Versand nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel dürfe nicht verboten werden. 

Der neue Zusammenschluss fordert die politischen Entscheidungsträger auf, bei der anstehenden Revision des EU-Arzneimittelrechts „digitale Gesundheitsdienste zu ermöglichen.“ Denn tatsächlich geht auch der Entwurf für einen neuen Unionskodex für Humanarzneimittel in seinem Abschnitt zum Fernabsatz ganz selbstverständlich davon aus, dass die Mitgliedstaaten den Rx-Versand verbieten können (Art. 172).

Verbote für den Rx-Versand sind aus Sicht von OnHOME aber „nicht evidenzbasiert“ und „nicht mit den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit“ vereinbar. Durch eine Änderung der fraglichen Vorschrift, würden die Mitgliedstaaten ermutigt, die Online-Verfügbarkeit von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zuzulassen. 

Zusammenschluss zur Super-Lobby 

Interessant ist, wer noch alles hinter OnHOME steht: etwa die Alliance for Safe Online Pharmacies (ASOP EU). In der 2011 gegründeten Vereinigung wirken unter anderem Eli Lilly, Novartis, Sanofi und Merck, aber auch Amazon mit. Die „Fight the Fakes Association“, die sich gegen die Verbreitung von Arzneimittelfälschungen einsetzt, ist ebenso Mitglied. 

ASOP EU ist Teil von ASOP Global. Hier sind auch das auf die Nutzung von Gesundheitsdaten spezialisierte Unternehmen IQVIA dabei, genauso wie VISA. Das ebenfalls beteiligte Unternehmen Hims and Hers bietet einen Online-Versand für Compounded-Varianten von Semaglutid an – im Original vom Unternehmen Novo Nordisk produziert, das nicht mit vertreten ist. Dafür sind die Jugendsuchthilfeorganisation Young People in Recovery (YPR) und die Partnership for Drug-Free Kids Mitglieder bei ASOP Global, sowie diverse weitere Unternehmen beteiligt. 

Zudem mitbeteiligt am neuen Lobby-Verein ist die 1982 gegründete European Health Management Association (EHMA). Zu dieser gehören Universitäten und Forschungsinstitute aus 17 EU-Staaten, der Schweiz, Norwegen, Moldau, Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Neben ASOP, EAE und EHMA gehören noch 14 weitere Organisationen zu OnHOME. 

Durch ihre Lobbyarbeit will die OnHome Alliance einen „Impuls für einen gemeinschaftlichen, von mehreren Interessengruppen getragenen Ansatz zur Modernisierung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung in ganz Europa geben,“ heißt es. 

 
 
 
Rechtliche Hürden für Cannabis-Modellregionen
 

Von Michael Zantke

Unter wissenschaftlicher Begleitung sollen registrierte Kund*innen in Frankfurt am Main über einen Zeitraum von fünf Jahren in vier Geschäften Cannabis erwerben können. Auch in Hannover sind drei Verkaufsstellen und die Teilnahme von 4.000 Menschen geplant. Diese werden im Rahmen einer Studie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wissenschaftlich begleitet. Ab 2025 sollen die Projekte starten. 

Die Sanity Group soll dabei für die Umsetzung der geplanten Cannabis-Modellregionen verantwortlich sein. Das Unternehmen ist einer der führenden Produzenten von Medizinalcannabis in Europa. Das Angebot der Verkaufsstellen werde sich qualitativ nicht von Medizinalcannabis unterscheiden, teilte das Unternehmen mit. Die Preise für das abgegebene Cannabis sollen sich am Schwarzmarkt orientieren und nach THC-Gehalt gestaffelt werden – ein Richtwert von zehn Euro pro Gramm Cannabis-Blüten wird angesetzt. Aus den Erlösen winken satte Steuereinnahmen für die städtischen Haushalte, daraus sollen unter anderem Projekte zur Suchtprävention gefördert werden. „Wir übernehmen den operativen Bereich, sind also für die Supply Chain der Produkte und das Verkaufsstellenkonzept bzw. den Betrieb der Verkaufsstellen verantwortlich“, teilte Sanity der DAZ mit. 

Wiesbaden hat sich ebenfalls dafür beworben, Modellregion zu werden. Hier will man die Abgabe von Genusscannabis in insgesamt 15 Apotheken erproben. Auch der Bezirk Pankow in Berlin hat sich beworben, Modellregion zu werden, weitere deutsche Städte haben Interesse daran bekundet. 

Fehlende rechtliche Grundlagen 

Tatsächlich dürfte es nicht ganz so einfach und vor allem nicht so schnell gehen mit der Umsetzung. Nicht zuletzt deshalb, weil es bisher keine rechtliche Grundlage für die Modellregionen gibt. Zwar war die sogenannte zweite Säule der Cannabis-Versorgung am Anfang Teil der Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) unter Minister Karl Lauterbach (SPD) zur Teillegalisierung. Mit dem im April in Kraft getretenen Genusscannabisgesetz wurde jedoch nur die sogenannte erste Säule der Cannabisabgabe – über Anbauvereinigungen – geregelt. Für die ursprünglich geplante zweite Säule – der Abgabe in lizenzierten Fachgeschäften und Apotheken – bedarf es also einer gesonderten gesetzlichen Grundlage.  

Auf Anfrage der DAZ hatte das BMG im September mitgeteilt, dass man sich derzeit noch im Stadium der „Vorbereitungsarbeiten“ für die Schaffung der Modellregionen befinde. Allerdings gebe es noch EU-rechtliche Hürden. Sanity teilte mit, dass man nicht erwartet, dass die zweite Säule des Cannabisgesetzes, wie ursprünglich geplant, innerhalb dieser Legislaturperiode noch als Gesetzentwurf kommt. 

Stattdessen soll die Umsetzung wissenschaftlich begleiteter Modellprojekte durch die Konsumcannabis-Wissenschafts-Zuständigkeitsverordnung (KCanWV) ermöglicht werden. Sanity verweist auf einen Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom April. Diese Verordnung ist jedoch noch nicht erlassen. Ein Eintrag bei der Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover sei eingereicht und in Bearbeitung, heißt es. Außerdem müsse das BMEL noch festlegen, welche Behörde zuständig für die Antragsbearbeitung ist. Aktuell gehe man davon aus, dass diese Verantwortung in die Hände der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gelegt werde. Vorher könnten keine Anträge eingereicht werden. 

„Mit Lauterbach wird es keine zweite Säule geben“ 

Nach Ansicht von Sanity sind die ursprünglichen Pläne zur zweiten Säule der Cannabis-Versorgung gescheitert. Deshalb habe man sich auf die Umsetzung der Modellregionen über die noch vom BMEL zu erlassende KCanWV fokussiert. Dadurch wäre auch keine Zustimmung seitens der EU erforderlich, heißt es. 

Der zuständige wissenschaftliche Betreuer des geplanten Modellprojekts in Frankfurt, Heino Stöver, sagte der DAZ, dass die ursprünglichen Pläne zur zweiten Säule seiner Meinung nach ad acta gelegt wurden: „Mit Lauterbach wird es keine zweite Säule geben.“ Deshalb hoffe man, dass zeitnah die geplante Verordnung des BMEL erlassen wird. Stöver habe deshalb auch schon Landwirtschaftsminister Cem Özdemir geschrieben (Bündnis 90/Die Grünen) – doch dieser sei gerade mit anderen Themen beschäftigt, vermutet der Suchtforscher. 

 
 
BAK-Vorstandswahl: Wer kandidiert?
 

Von Christina Grünberg

Am 27. November wählt die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer (BAK) ihren neuen Vorstand. Inzwischen liegt der DAZ-Redaktion der Wahlaufsatz vor: Für die fünf Posten sind fünf Kandidatinnen und Kandidaten im Rennen.

Hoffman will Präsident werden

Der Industrieapotheker Dr. Armin Hoffmann aus Nordrhein und der selbstständige Apotheker Dr. Hannes Müller aus Westfalen-Lippe wollen ihre Vorstandsarbeit fortsetzen. Ursula Funke aus Hessen, Thomas Benkert aus Bayern und Dr. Dr. Georg Engel aus Mecklenburg-Vorpommern treten nicht noch einmal an. Für sie rücken Dr. Ina Lucas aus Berlin, Franziska Scharpf aus Bayern und Dr. Maike Fedders aus Sachsen nach. Neuer Präsident soll laut DAZ-Information Hoffmann werden, Müller sein Vize.

In der auslaufenden Amtszeit ist Müller das einzige BAK-Vorstandsmitglied, das nicht gleichzeitig Präsident in seiner Heimatkammer ist. Bekanntlich ist Westfalen-Lippe das Hoheitsgebiet von ABDA-Chefin Gabriele Regina Overwiening, Müller ist im Kammervorstand vertreten. Das ist nach der aktuell geltenden Satzung der Bundesapothekerkammer ausreichend, um sich auch in der BAK in den Vorstand wählen zu lassen.

Präsidentinnen und Präsidenten in der Minderheit

Zumindest zu Beginn des Jahres 2025 werden die Präsidentinnen und Präsidenten in der BAK-Chefetage wohl sogar in der Minderheit sein: Derzeit bekleiden nur Lucas und Hoffmann das höchste Amt in ihren Heimatkammern. Scharpf wird in Bayern als Nachfolgerin von Kammerpräsident Benkert gehandelt – die Wahlen im Freistaat stehen im Frühjahr 2025 an.

Sollte der neue Vorstand in dieser Konstellation erwartungsgemäß am 27. November gewählt werden, ginge damit eine deutliche Verjüngung einher: Das Durchschnittsalter der fünf Kandidatinnen und Kandidaten läge bei Amtsantritt bei 46,4 Jahren. Der scheidende Vorstand bringt es zu diesem Zeitpunkt auf ein Durchschnittsalter von 57,6 Jahren. Und: Mit Lucas, Scharpf und Fedders wären die Frauen in der Überzahl.

 
 

EU-Kommission verhängt Millionenstrafe gegen Teva

 

Von Kirsten Sucker-Sket

Der global aufgestellte israelische Pharmakonzern Teva, der über verschiedene Tochterunternehmen in Europa tätig ist, hat aus Sicht der EU-Kommission seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Schon 2021 hat sie eine kartellrechtliche Untersuchung gegen das Unternehmen eingeleitet, zu dem auch Ratiopharm aus Ulm gehört. Vergangenen Donnerstag gab die Brüsseler Behörde bekannt, eine Geldbuße in Höhe von 462,6 Millionen Euro gegen Teva verhängt zu haben.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Der Konzern soll den Patentschutz für sein Arzneimittel gegen Multiple Sklerose, Copaxone (Wirkstoff: Glatirameracetat), künstlich verlängert und systematisch irreführende Informationen über ein konkurrierendes Produkt verbreitet haben, um dessen Markteintritt zu behindern. Letzteres sei geschehen, obwohl die zuständigen Gesundheitsbehörden das Generikum zugelassen und seine Sicherheit, Wirksamkeit und therapeutische Gleichwertigkeit mit Copaxone bestätigt hatten.

Konkret geht es laut Kommission um die Märkte für Glatirameracetat in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien und Tschechien. Den dort festgestellten Missbrauch, der sich je nach Staat zwischen vier und neun Jahren abgespielt haben soll, sieht die Behörde als einen einzigen und fortgesetzten Verstoß gegen europäische Wettbewerbsregeln (Art. 102 AEUV). Folge des Verhaltens sei möglicherweise auch gewesen, dass Listenpreise für das Arzneimittel nicht sinken konnten, wodurch die nationalen Gesundheitsbudgets belastet worden seien.

„Die heutige Entscheidung, gegen Teva eine kartellrechtliche Geldbuße wegen Verunglimpfung und Missbrauchs des Patentsystems zu verhängen, bekräftigt das Engagement der Kommission für die Durchsetzung des Wettbewerbs im Arzneimittelsektor“, sagte die für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Margarethe Vestager. Mit der Entscheidung trage man dazu bei, „dass Arzneimittel erschwinglich bleiben, die Auswahl an Behandlungsmöglichkeiten erhalten bleibt und Innovationen zum Nutzen der Patienten und der nationalen Gesundheitssysteme in der EU gefördert werden.“

Teva selbst ist mit dieser Entscheidung gar nicht einverstanden. Sie beruhe auf juristischen Theorien, die nach Ansicht des Unternehmens „extrem, unbewiesen und faktisch nicht belegt sind“, heißt es in einer Pressemitteilung vom vergangenen Donnerstag. Teva kündigte an, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen. „Das Unternehmen ist zutiefst enttäuscht über diese Entscheidung und arbeitet seit 2019 intensiv mit der Europäischen Kommission zusammen.“

 
 
BfArM rechnet mit guter Antibiotika-Versorgung für Kinder
 

Von Matthias Köhler

Das BfArM erwartet bei wichtigen Antibiotikasäften in diesem Jahr eine gute Versorgung. Daten zu Beständen und geplanter Produktion würden zeigen, dass der Bedarf im Herbst und Winter 2024/25 mindestens gedeckt wird. Dabei geht es um folgende Wirkstoffe:

  • Amoxicillin
  • Amoxicillin/Clavulansäure
  • Azithromycin
  • Cefaclor
  • Cefadroxil
  • Cefixim
  • Cefpodoxim
  • Cefuroxim
  • Clindamycin
  • Clarithromycin
  • Cotrimoxazol
  • Erythromycin
  • Penicillin V 750 I. E.

Das gelte mit Ausnahme von Penicillin V für alle verfügbaren Stärken. Sollte Penicillin V, insbesondere in den gering dosierten Stärken, nicht verfügbar sein, wird seitens des BfArM empfohlen, auf verfügbare therapeutische Alternativen auszuweichen. Der seit Beginn 2022 andauernde Lieferausfall bei Sultamicillin wird nach derzeitiger Prognose des BfArM allerdings weiterhin bis Ende des 2. Quartals 2025 bestehen bleiben.

Nichtverfügbarkeiten können periodisch auftreten

Für die anderen Antibiotikasäfte der Dringlichkeitsliste wird eine stabile Versorgung erwartet. Es könnten aber generell „periodisch auftretende Nichtverfügbarkeiten einzelner Wirkstoffe, Stärken oder Darreichungsformen“ auftreten. In diesen Fällen würden aber entweder wirkstoffgleiche Alternativen oder therapeutische Alternativen zur Verfügung stehen.

Der Versorgungsmangel für antibiotikahaltige Säfte für Kinder hat allerdings weiterhin Gültigkeit. Er wurde am 25. April 2023 durch das Bundesgesundheitsministerium ausgerufen.

Weiterhin starke Nachfrage in Apotheken

Das BfArM rechnet ausgehend von seinen Daten aber damit, dass in den Apotheken nicht abgegebene Arzneimittel mit Reichweiten von teilweise mehreren Wochen bis Monaten vorliegen. Die Bestände des Großhandels hätten sich im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls deutlich verbessert. Das BfArM weist jedoch darauf hin, dass es in den Apotheken weiterhin eine starke Nachfrage nach Antibiotikasäften bestimmter Wirkstoffe gebe und der Großhandel deswegen keine wesentlichen Bestände aufbauen könne.

 
 

Zukunftspakt Apotheke verleiht auf Apothekengala Sonderpreis

 

Von Deutsche Apotheker Zeitung

Am 30. November 2024 findet erstmalig die Apothekengala des Deutschen Apotheker Verlags (DAV) im Mercedes-Benz-Museum Stuttgart statt. Die Gala ist all jenen Apothekeninhabern und -teams gewidmet, die die Institution Apotheke vor Ort mit pharmazeutischer Expertise, persönlichem Einsatz und unternehmerischem Handeln prägen und repräsentieren.

Im Rahmen der Apothekengala verleiht der Zukunftspakt Apotheke erstmalig den Sonderpreis für herausragende regionale und digitale Gesundheitsversorgung.

„Mit diesem Sonderpreis möchten wir innovative Projekte und engagierte Apotheken auszeichnen, die durch persönliches Engagement und den Einsatz digitaler Lösungen die Gesundheitsversorgung insbesondere auf regionaler Ebene voranbringen“, so Simon Bücher, Geschäftsführer von IhreApotheken.de. Der Preis diene als Anerkennung für jene, die den Weg für ein zukunftsfähiges Gesundheitswesen ebnen und mit ihren Ideen die lokale Versorgung der Menschen nachhaltig verbessern.

Gerade jetzt ist dieser Preis ein wichtiges Signal: In einer Zeit, in der sich das Gesundheitswesen enormen Herausforderungen stellen muss, zeigt sich, dass digitale Lösungen in Verbindung mit lokaler Erreichbarkeit und Service ein zentraler Schlüssel für eine stabile und flächendeckende Versorgung sind. Apotheken leisten Tag für Tag einen unverzichtbaren Beitrag zur Arzneimittelversorgung, insbesondere in ländlichen Regionen, in denen das Apothekensterben noch spürbarer ist. Durch innovative digitale Ansätze kann diese wichtige Rolle weiter gestärkt und unterstützt werden. Mit dem Sonderpreis setzt der Zukunftspakt Apotheke, mit den Marken iA.de und my life, ein Zeichen für den Fortschritt und das Vertrauen in die Innovationskraft der Branche.

 
 
 
News-Ticker
 
Zahl der Apotheken sinkt weiter
 
Die Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter. Ende September gab es bundesweit noch 17.187 Apotheken, wie eine ABDA-Erhebung ergab. Seit Jahresbeginn sind es damit weitere 384 weniger. In den ersten neun Monaten dieses Jahres fiel der Rückgang zudem stärker aus – im Vorjahr hatte es von Januar bis Ende September ein Minus von 335 gegeben. Die Bundesvereinigung forderte die Politik auf, den Rückgang zu stoppen. „Jede Apotheke, die schließen muss, verschlechtert die Versorgung für tausende Patientinnen und Patienten, weil die Wege zur nächsten Apotheke dann länger werden“, sagte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Sie mahnte erneut Honoraranhebungen an. Die Apotheken seien chronisch unterfinanziert bei seit Jahren steigenden Kosten. (dpa/DAZ)
Lieferengpässe bei Niversimab
 
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat Engpässe beim monoklonalen Antikörper für Babys zur Prophylaxe von Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) beklagt. Eine frühzeitige und flächendeckende Immunisierung aller gefährdeten Säuglinge hätten Krankenkassen und Politik gemeinsam „schlicht verschlafen“, sagte der Sprecher des BVKJ Nordrhein, Axel Gerschlauer, der „Rheinischen Post“. Der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, bestätigte angesichts der hohen Nachfrage ebenfalls Lieferengpässe bei dem Antikörper. „Die Immunisierungskampagne für Babys mit Nirsevimab (Beyfortus) läuft wegen Lieferengpässen des Herstellers leider nur sehr stockend an“, sagte er der Zeitung. (dpa/DAZ)