Liebes Christkind,
 

 

was hast Du uns da zugemutet! Fast ein Jahr lang eine Achterbahn der Gefühle: Setzt KL seine Apotheke ohne Apotheker durch? Kann die ABDA das verhindern? Gibt es Hoffnung auf mehr Honorar? Und gibt es endlich wieder Skonti? Die Reform, sie kommt, sie kommt nicht… Wir haben die gesamte Society der Gesundheitspolitik durch unsere Apotheken geführt und ihnen gezeigt, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Wir haben mit roten Shirts und verhüllten Apotheken demonstriert. Puh, dazu noch Lieferengpässe und E-Rezept-Technik-Desaster en masse. Es fehlt an Personal hinten und vorn. Und dann das: Über Nacht war die Reform zusammen mit der Ampel vom Tisch. Deinem Himmel sei Dank, aber was nun? Kein einziges Problem ist gelöst, wir lechzen noch immer nach mehr Honorar, Skonti, Personal. Mit stiller Nacht ist nicht gemeint, dass um uns herum die Apotheken still sterben.

Haben wir noch eine Berufsvertretung, die weiß, wie’s der Basis geht? Jein. Liebes Christkind, wirbel doch bitte mal durchs Berliner Apothekerhaus! Mir scheint, die ABDA richtet sich gemütlich in ihrem Berliner Domizil ein, gönnt sich eine Beitragserhöhung nach der anderen und schottet sich ab – ein paar Facebook-Talks als Alibi-Kommunikation reichen nicht. Von Transparenz und Basis-Mitbestimmung will man dort nicht arg viel wissen.

Und jetzt haben sie sogar die Präsidentin Gabi abgewählt – warum auch immer. Sollte es ein Denkzettel sein, Frust ablassen über ihren Führungsstil oder war’s sogar die Entmachtung des Apothekertags?

Klar, das Bekenntnis, dass das Apothekerparlament eigentlich schon immer entmachtet war, eigentlich nicht wirklich was zu sagen hatte und wir im guten Glauben gelassen wurden, die Delegierten könnten ein bisschen demokratisch agieren, war schon ein starkes Stück.

Aber, liebes Christkind, an den verkrusteten ABDA-Strukturen ist sicher nicht die Gabi schuld, sie hat sich doch wirklich bemüht, so manchen alten Zopf abzuschneiden – aber im ABDA-Haus gibt’s vermutlich nur stumpfe Scheren. Also, leg dort mal einen Satz scharfe Scheren unter den Weihnachtsbaum, eine Packung Krustenlöser und einen Turbo-Ventilator, der für frischen Wind sorgt, dazu den „Baukasten Apothekenzukunft 2.0“, aber bitte die digitale Version. Die alten Baukästen „Weiter-So“ und „Es-hätte-schlimmer-kommen-Können“ kannst du bitte entsorgen.

Und vielleicht hast du noch einen Vorschlag in deiner Kladde, wie eine echte Strukturreform des überholten ABDA-Konstrukts aussehen könnte – vielleicht sogar eine Berufsvertretung mit echten Profis statt Laienspieltruppe. Eine Reform des Apothekertags wäre echt noch eine gute Zugabe. Wie, mein liebes Christkind, habe ich da ein Seufzen von dir gehört? Okay, ist vielleicht zu viel auf einmal, aber irgendwann müssen wir doch damit anfangen.

Also, wenn Du Deine Apothekers liebst, dann hilf mit bei der Suche nach einem starken Präsidenten, einer starken Präsidentin. Die Herausforderungen sind riesig: Irgendwas muss bei unserem Honorar passieren. Und als Zukunftsstrategie hat sich die ABDA ausgedacht, dass wir mehr pDL und mehr Prävention machen sollen, außerdem sollten wir uns auf dem Feld der primären Erstversorgung tummeln – wäre schön, wenn die ABDA mal mit uns Apothekers darüber reden würde.

Liebes Christkind, daher noch diese drei Wünsche zum Schluss: eine neue Bundesregierung, die mehr Apotheke wagt und unser Honorar endlich erhöht, eine ABDA, die alte Krusten sprengt, Zöpfe abschneidet und mehr Demokratie wagt. Und bitte schick‘ noch einige Kubikmeter Beton, die Du den ABDA-Oberen in den Rücken kippst, damit sie nicht immer gleich umfallen und uns in der Politik mit mehr Selbstbewusstsein vertreten. Ach ja, den Restbeton kippst Du vors ZL in Eschborn – damit sie den Kasten sanieren.


                                                                     Dein Apothekerlein Peter

 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 
Schiedsverfahren zum Rahmenvertrag abgeschlossen

Drogeriekette dm steigt in OTC-Onlinehandel ein

Apothekensystem komplett umgekehrt – ein Kommentar

Skonti-Regelung bleibt im Gespräch

Wundversorgung: Ersatzkassen sind kulant

Apobank will CO2-Emissionen um 40 Prozent senken

43 Arzneimittel mit neuem Wirkstoff

News-Ticker
 
 
 
 
Schiedsverfahren zum Rahmenvertrag abgeschlossen
 

Von Kirsten Sucker-Sket

Das Schiedsverfahren zu Anpassungen am Rahmenvertrag im Hinblick auf das Entlassmanagement und das Vorgehen bei Lieferengpässen konnte in diesem Jahr noch unter Dach und Fach gebracht werden. Der neue Rahmenvertrag und seine Anlage 8 sollen nun zum 1. Januar 2025 entsprechend angepasst sein und wirksam werden.  

Schon bei einem Schiedsstellen-Termin Mitte November ging es beim schwierigen Thema Entlassrezepte voran – und zwar ganz im Sinne der Apotheken. Zwei Jahre hatten Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband miteinander gerungen, wie mit fehlerhaften Verordnungen umzugehen ist und wie Retaxgefahren im Zaum gehalten werden können. 

Die wichtigste Neuerung ist hier: Telefonische Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt ist bei unklaren Verordnungen grundsätzlich nicht mehr nötig. Lediglich bei BtM- und T-Rezepten müssen die Apotheken auch künftig genauer nachfragen. 

Demnach besteht der Vergütungsanspruch bei papiergebundenen Entlassverordnungen (alle mit Querbalken) auch dann, wenn 

  • das Kennzeichen Rechtsgrundlage „04“ bzw. „14“ fehlt oder fehlerhaft ist, sofern die Verordnung als Entlassrezept erkennbar ist; 
  • die Arztnummer fehlt; 
  • das BSNR-Feld leer ist, aber in der Codierleiste die „75“ bzw. „77“ steht; 
  • bei abweichenden Ziffern zwischen BSNR-Feld und Codierleiste, wenn in der Codierleiste die „75“ bzw. „77“ steht; 
  • bei BTM-/T-Rezepten das BSNR-Feld leer ist, aber das Kennzeichen Rechtsgrundlage „04“ bzw. „14“ vorhanden ist; gleiches im umgekehrten Fall. 

Für E-Entlassverordnungen werden bei Bedarf vergleichbare Regelungen vereinbart. 

Festgelegt wurde auch, dass das Arztnummern- und BSNR-Feld auf Kosten der Krankenkasse durch die Rechenzentren befüllt wird. 

Rückwirkung der Beanstandungsausschlüsse 

Diese Beanstandungsausschlüsse gelten sogar rückwirkend, sofern nicht schon vor dem 1. Januar 2025 eine verbindliche Beanstandung durch die Kasse stattgefunden hat. Es kommt also nicht auf den Abgabezeitpunkt an, sondern auf die Aktivität der Kasse. Wobei zu beachten ist, dass viele Krankenkassen – allerdings nicht alle – eine Friedenspflicht akzeptiert hatten, teilweise bis Ende 2024. Abweichende Regelungen zur Friedenspflicht bleiben unberührt.  

Auch eine Privatliquidation, wie sie der DAV zuvor empfohlen hatte, darf fortan nicht mehr vorgenommen werden. 

Prüfreihenfolge bleibt bei Nichtverfügbarkeit weitgehend bestehen 

Einen Kompromiss müssen die Apotheken jedoch mit Blick auf Engpassregelungen eingehen. Hier hatten DAV und GKV-Spitzenverband lange um die zutreffende Auslegung der im Sommer 2023 in Kraft getretenen gesetzlichen Vorgaben des Lieferengpassgesetzes (ALBVVG) gerungen. Was bedeutet es etwa, wenn es in § 129 Abs. 2a SGB V heißt, Apotheken könnten im Fall der Nichtverfügbarkeit „abweichend“ vom Rahmenvertrag ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben? Ist die vorgegebene Abgaberangfolge ganz durchzuprüfen – oder sind die Apotheken bereits frei in der Auswahl, wenn kein Rabattvertragsarzneimittel zur Verfügung steht, also die 1. Stufe der Prüfung vollbracht ist? Und gibt es den 50-Cent-Engpasszuschlag je Verordnungszeile oder je verordneter Packung? Der DAV pochte auf die für die Apotheken günstigen Interpretationen, aber die Kassenseite stellte sich quer. Der DAV schaltete daraufhin das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein und bat um Auslegungshilfe.  

Doch das BMG schlug sich auf die Seite der Kassen. Vor der Schiedsstelle war nun lediglich eine kleine Erleichterung zu erreichen: Ist kein Rabattvertragsarzneimittel verfügbar, ist zu prüfen, ob eines der vier nächsten preisgünstigen zu haben ist. Erst wenn auch auf dieser Stufe nichts zu haben ist, kann in der Apotheke frei ein passendes alternatives Arzneimittel gewählt werden – mit einem Preis bis zur Höhe des verordneten. Und: Was die Abrechnung der Lieferengpasspauschale betrifft, gilt der Zeilen-, nicht der Packungsbezug. 

 

 
 
 
Drogeriekette dm steigt in OTC-Onlinehandel ein
 
Von Matthias Köhler

Die Drogeriemarktkette dm will in den Onlinehandel mit OTC-Arzneimitteln einsteigen. Das bestätigte das Unternehmen in einer Presseinfo. Man habe kürzlich in Tschechien die Voraussetzungen für eine „dm-Online-Apotheke“ geschaffen, „um auf zu erwartenden Veränderungen am Gesundheitsmarkt, aber auch auf mögliche neue gesetzliche Neuregelungen nach der Bundestagswahl gut vorbereitet zu sein“, sagte Sebastian Bayer, Geschäftsführer Marketing und Kommunikation. 

Am Mittwochmorgen hatte das „Handelsblatt“ über den Markteinstieg berichtet. Laut dem Wirtschaftsblatt sollen die Arzneimittel ab dem kommenden Jahr verkauft werden.

„Logische Konsequenz auf Kundenerwartungen“

Laut Bayer führe das Unternehmen bereits Gespräche mit den relevanten Herstellern und Lieferanten von OTC-Produkten. Wichtige Gesprächspartner seien auch Startup-Gründer, „die neue Ideen und Impulse in den Gesundheitsmarkt einbringen“. Der Markteinstieg sei „logische Konsequenz auf die Kundenerwartungen“. Der Verkauf von rezeptpflichtigen Arzneimitteln sei aber über den Versandhandel nicht geplant. Tatsächlich ist dies in Tschechien auch gar nicht erlaubt.

Bayer verweist auf einen Wandel des Gesundheitsmarkts. Zum einen seien da die digitalen Veränderungen durch E-Rezept, elektronische Patientenakte, Health-Tracking oder Telemedizin. Zum anderen beschleunige sich das Apothekensterben, und auch die Zahl der Ärztinnen und Ärzte nehme ab.

Laut der Drogeriekette hätten bei einer aktuellen Verbraucherbefragung drei Viertel der Befragten sich vorstellen können, rezeptfreie Arzneimittel bei dm zu kaufen bzw. zu bestellen. Demnach würde kein anderes Handelsunternehmen in Deutschland einen derartigen Vertrauensvorschuss bekommen.

Zukünftig auch Beratung, Impfungen und Rx-Verkauf

Der Chef der Drogeriekette, Christoph Werner, hatte bereits Anfang des Jahres in einem Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“ erklärt, dass Drogeriemärkte zukünftig auch Beratung, Impfungen und den Verkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln anbieten könnten.

Die Einführung der elektronischen Patientenakte und das E-Rezept würden die Rahmenbedingungen für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten verändern. „Wofür es heute den ausgebildeten Apotheker braucht, kann künftig automatisiert werden“, so Werner.

Schon jetzt offeriert dm seinen Kund:innen ein Sortiment an freiverkäuflichen Arzneimitteln. Die Drogeriekette ist mit 4.000 Filialen derzeit Marktführer in Deutschland. Gegründet wurde das Unternehmen in den 1970er-Jahren von dem Anthroposophen Götz Werner.

 
 
 
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Apothekensystem komplett umgekehrt – ein Kommentar 
 

Von Thomas Müller-Bohn

Im AOK-Magazin „Gesundheit und Gesellschaft“ ist ein Beitrag mit Ideen für einen europäischen Regulierungsrahmen für Apotheken erschienen, die dem Konzept der deutschen Apotheken grundlegend zuwiderlaufen. Das beginnt schon mit der Voraussetzung, dem Studium. Das wollen die Autoren verkürzen und verweisen dazu auf skandinavische Bachelor-Studiengänge, die nur drei Jahre dauern und für eine Beschäftigung in der Apotheke ausreichen.

Kein Apotheker mit drei Jahren Ausbildung

Doch ein solches Bachelor-Studium endet in Schweden mit dem Examen als „Receptarie“ und nicht als „Apotekar“. Ein Receptarie darf zwar in schwedischen Apotheken Arzneimittel abgeben, ist aber kein Apotheker, und ein solches Studium erfüllt nicht die EU-Voraussetzungen für die Anerkennung der Ausbildung als Apotheker. Der Vorschlag taugt also bestenfalls als Grundlage für eine zusätzliche Berufsgruppe in der Apotheke, aber nicht als Perspektive für den Apothekerberuf. Wenn solche Receptaries mit allen Befugnissen von Apothekern versehen würden, wäre dies hingegen eine Einschränkung der Leistungen in den Apotheken.

Konzept des freien Berufs „umgedreht“

Noch deutlicher werden die Widersprüche in der Passage zur Regulierung der Inhaberschaft der Apotheken. Dort heißt es, die Apotheken seien Wirtschaftsbetriebe, bei denen die Handelstätigkeit die „Oberhand über die Aufgaben der öffentlichen Gesundheitspflege“ habe. Daraus wird abgeleitet, dass die Apotheken einen „Marketing-Vorteil“ bei der Vermarktung von OTC-Arzneimitteln und anderen Gesundheitsprodukten hätten und dies bei der Honorierung berücksichtigt werden sollte. 

Doch der Ausgangspunkt dieser Argumentation ignoriert die Grundidee der freien Berufe. Ein freier Heilberufler, der als Eigentümer die volle Haftung übernimmt, ist seinem heilberuflichen Auftrag verpflichtet und soll gerade deswegen kein ausuferndes Gewinnstreben entwickeln. Dabei spielt die volle Haftung eine wichtige Rolle für die Verantwortung, aber gerade die Eigenschaft als Eigentümer wird hier argumentativ „umgedreht“ und muss als Grundlage für ein angeblich rein wirtschaftliches Interesse herhalten. Dabei wollen die Autoren sogar noch mehr Marktwirtschaft. Sie möchten die Idee des ungebremsten Gewinnstrebens gerne nutzen, um die Honorierung für die Apotheken (oder hier treffender: Arzneimittelabgabestellen) drücken zu können. Das würde dann bedeuten, dass sich Apotheken nur mit zusätzlichen lukrativen Umsätzen rechnen. Die Belieferung von GKV-Rezepten wäre dann kein Geschäftsmodell mehr, das sich trägt. Die Autoren wollen offenbar nicht, dass die GKV für ihre Versicherten ein gutes Versorgungssystem bezahlt. Das System soll sich stattdessen selbst über den Markt finanzieren. Vermutlich schweben ihnen Arzneimittelabgabeecken wie in amerikanischen Supermärkten vor, die aber nicht flächendeckend verfügbar wären.

Weniger statt mehr Honorar

In einer solchen Welt sehen die Autoren Spielraum für weniger Honorar, weil die Apotheken sich anders finanzieren sollten – über andere Umsätze und durch Großhandelsrabatte. Prozentuale Honorarkomponenten soll es nach den Ideen der Autoren gar nicht mehr geben. Denn angesichts der Leistungsfähigkeit des Großhandels müsste die Ware nicht für eine nennenswerte Zeit finanziert werden. Die Probleme mit den Hochpreisern kommen in dem Beitrag nicht vor. Vor allem bleibt die Idee der dezentralen Lagerung mit Blick auf die Versorgungssicherheit und auf Krisensituationen auf der Strecke. Es geht also nur ums Sparen an der Leistung und damit an den Patienten.

Vorsicht – anderes Apothekenkonzept!

Das alles hat mit dem bewährten und auch in der Pandemie erfolgreichen Konzept der Apotheken in Deutschland nichts mehr zu tun. Im Gegenteil – alles, was sich jahrzehntelang bewährt hat, wird hier komplett umgekehrt. Zu erklären sind diese Gedanken nur so, dass die Autoren offenbar ein ganz anderes Konzept von Apotheke verfolgen. Doch wer will solche Apotheken?

 
 
Skonti-Regelung bleibt im Gespräch
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Noch zwei Monate bis zur vorgezogenen Bundestagswahl. Auch wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weiterhin umtriebig ist und vergangene Woche sogar zwei neue Gesetzentwürfe durchs Kabinett geschleust hat: Dass seine Gesetzesinitiativen, oder auch nur eine davon, noch zum Abschluss kommt, dürfte auszuschließen sein. Doch wäre vielleicht noch eine Skonto-Regelung möglich?  

Vergangenen Freitag tagte das Bundesratsplenum zum letzten Mal in diesem Jahr. Ein paar wichtige Vorhaben der laufenden Legislaturperiode konnten noch vollendet werden: Das Bundesverfassungsgericht wird vor der Wahl besser abgesichert, eine 5-Euro-Kindergelderhöhung ist in trockenen Tüchern und ein Ausgleich der kalten Progression geschafft.  

Suizidprävention und Pflegekompetenzen 

Doch von einem Bundesratsbeschluss sind die beiden Gesetzentwürfe aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), die am vergangenen Mittwoch das Kabinett beschlossen hat, noch weit entfernt. Es geht um ein Suizid-Präventionsgesetz, das eine verbesserte Aufklärung und besser vernetzte Unterstützungsangebote voranbringen soll und ein Pflegekompetenzgesetz. Mit Letzterem sollen Pflegekräfte erweiterte Kompetenzen erhalten und stärker als bisher in die Versorgung eingebunden werden.  

Der Vorteil von Rechtsverordnungen 

Realistisch betrachtet wird die rot-grüne Minderheitsregierung nun nur noch (Änderungs-)Verordnungen, die nicht durch den Bundesrat müssen, beschließen können. Apotheker*innen hätten in dieser Hinsicht wohl einen vordringlichen Wunsch: Die Arzneimittelpreisverordnung so anzupassen, dass sie Großhandelsskonti für Apotheken ermöglicht. Dies könnte das Bundeswirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem BMG und mit Zustimmung des Bundesrates erledigten – ganz ohne langwieriges parlamentarisches Verfahren. Immerhin einen Bundesratstermin gibt es Anfang Februar vor der Neuwahl noch.  

Skonto: BMWK schweigt, Lauterbach gibt sich bedeckt 

Sicher ist, dass die Apothekerschaft hier weiter bei den Ministerien bohrt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ließ die jüngste Anfrage unserer Redaktion zu diesem Thema bislang unbeantwortet. Und Lauterbach sorgte jedenfalls nicht dafür, gleich alle Hoffnungen über Bord zu werfen. Bei der Pressekonferenz zu den Kabinettsbeschlüssen erklärte er auf Nachfrage, dass es vertrauliche Gespräche mit der ABDA gebe, zu denen er sich jedoch nicht äußern wolle. 

Der Minister gibt sich weiterhin optimistisch, seine Arbeit im BMG auch über die Wahl hinaus fortsetzen zu können. So meint er, die beiden geplanten Gesetze durchaus noch abwickeln zu können – spätestens zu Beginn der neuen Legislatur. Das geht nur, wenn er seinen Posten behält und seine aktuellen Pläne nochmals genauso in eine neue Regierung einbringen kann. „Ich bin nicht amtsmüde“, stellte Lauterbach klar. 

 
 
Wundversorgung: Ersatzkassen sind kulant
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Klassische Verbandmittel wie Pflaster und Kompressen gehören zum Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung. Für die sogenannten sonstigen Produkte zur Wundbehandlung – das sind Produkte, die eine eigene Wirkung auf die Wundheilung entfalten können, etwa silberhaltige Auflagen oder Hydrogele – galt dies nur bis zum 2. Dezember 2024. Dieses Datum markierte das Ende einer gesetzlichen Übergangsfrist, innerhalb derer sich ein neues Nutzenbewertungsverfahren etablieren sollte. Denn diese speziellen Produkte sollen nunmehr nur noch erstattungsfähig sein, wenn ihr medizinischer Nutzen belegt und vom Gemeinsamen Bundesausschuss attestiert wurde. Allerdings liefen die hierfür nötigen Vorbereitungen nicht im vorgesehenen Tempo, sodass der Gesetzgeber die Frist verlängern wollte. Den Beteiligten sollte mehr Zeit verschafft werden. Dem machte jedoch das Ampel-Aus einen Strich durch die Rechnung.

Lauterbach empfahl Verlängerung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb daraufhin dem GKV-Spitzenverband, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und empfahl, die Übergangsfrist bis 2. März 2025 zu verlängern. Den Leistungserbringern sollte es nicht zum Verhängnis werden, wenn sie die Produkte über den 2. Dezember hinaus verordnen bzw. sie die entsprechenden Verordnungen beliefern. Der GKV-Spitzenverband informierte die Krankenkassen hierüber – allerdings war ungewiss, ob alle Kassen der Empfehlung folgen würden.

Nun ist klar: Die Ersatzkassen (TK, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH, hkk, und HEK) jedenfalls tun es. Ihr Verband, der vdek, hat an diesem Mittwoch mitgeteilt, er habe den DAV und die KBV bereits am vergangenen Montag darüber informiert. „Mit der Übergangsregelung garantieren wir die unterbrechungsfreie Versorgung unserer Versicherten“, erläutert die vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. „Sie können mit den betroffenen Produkten in gewohnter Weise im Sachleistungsprinzip versorgt werden. Eine separate Kostenübernahmeerklärung ist nicht erforderlich.“

Auch die BIG direkt gesund hatte am vergangenen Dienstag mitgeteilt, sie werde Lauterbachs Appell folgen.

 
 
Apobank will CO2-Emissionen um 40 Prozent senken
 
Von Thorsten Schüller

Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) hat ihre Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwickelt und sich messbare Ziele gesetzt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Damit will die Bank Ihre Umweltauswirkungen reduzieren. Ein eigens gegründetes ESG-Komitee soll die Fortschritte überwachen. 

Wie das Düsseldorfer Geldhaus mitteilte, sollen Maßnahmen zur Dekarbonisierung ein wesentliches Element der neu formulierten Nachhaltigkeitsstrategie 2030 sein. Dazu will die Bank im eigenen Geschäftsbetrieb ihre CO2-Emissionen bis 2030 um 40 Prozent reduzieren. Als Basisjahr gilt 2022. Die Bank will dafür unter anderem weiterhin ausschließlich auf Strom aus regenerativen Quellen setzen. Ein im Herbst 2024 verabschiedetes Mobilitätskonzept schließt den Angaben zufolge zudem fossile und Hybridantriebe aus dem Fuhrpark aus; bis 2030 soll dieser voll elektrifiziert sein.

„Finanzierte Emissionen“

Ein Großteil der Gesamtemissionen der Bank geht nach deren Angaben auf so genannte finanzierte Emissionen zurück. Diese würden durch den Bau und den Betrieb von finanzierten Praxen, Apotheken, Krankenhäusern oder durch private und gewerbliche Baufinanzierungen verursacht. Auch diese Emissionen sollen durch entsprechende Anreize reduziert werden. So bietet die Bank bessere Konditionen für „grüne Baufinanzierungen“ (unter anderem Immobilien mit Energieausweis A und besser) und unterstützt Kunden bei der energetischen Sanierung von Bestandsimmobilien. Bei Existenzgründungsfinanzierungen sollen Umwelt- und Sozialaspekte künftig von Beginn an stärker berücksichtigt werden.
Im Anlagebereich erweitert die Apobank ihr Produktspektrum nach eigenen Worten um Alternativen mit Fokus auf bestimmte Umwelt- und Sozialkriterien. In Bezug auf ihre Mitarbeiter investiere das Geldhaus „in ein vielfältiges, attraktives und gesundes Arbeitsumfeld“. Bis 2030 soll beispielsweise der Frauenanteil in der ersten Führungsebene unter dem Vorstand auf 30 Prozent (2023: 19 Prozent) und in der zweiten Führungsebene auf 35 Prozent (2023: 21 Prozent) steigen.

 
 
 
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43 Arzneimittel mit neuem Wirkstoff
 
Von Matthias Köhler

Pharmaunternehmen haben 2024 in Deutschland 43 Arzneimittel mit neuem Wirkstoff auf den Markt gebracht. Das geht aus einer Pressemitteilung des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA) von diesem Dienstag hervor. Das ist laut VFA die vierthöchste Zahl der vergangenen 20 Jahre und ein deutlicher Anstieg gegenüber 2023, als es 30 Neueinführungen gab.

18 der neuen Arzneimittel erhielten von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den „Orphan Drug Status“. Das heißt, sie sind für die Behandlung sogenannter seltener Krankheiten geeignet und es fehlt an anderen zufriedenstellenden Behandlungsoptionen. Laut VFA sind aber sogar 27 Arzneimittel gegen diese Erkrankungen auf den Markt gekommen – es wurde nur nicht für alle ein Orphan-Drug-Status beantragt oder erteilt.

Ungewöhnlich ist in diesem Jahr laut Verband, dass 70 Prozent der neuen Wirkstoffe ganz oder teilweise chemisch-synthetisch hergestellt werden. 2022 und 2023 waren es nur 41 Prozent bzw. 33 Prozent. 13 der neuen Arzneimittel (28 Prozent) enthielten gentechnisch hergestellte Protein-Wirkstoffe (in einem Fall gekoppelt mit einem chemischen Wirkstoff). Gen- oder Zelltherapien kamen 2024 keine dazu; erst 2025 dürften weitere eingeführt werden.

Nur ein deutsches Labor beteiligt

Nur bei einem der 43 neuen Arzneimittel wurde der Wirkstoff unter Beteiligung deutscher Labors entwickelt – für ein Präparat gegen paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie. Aber deutsche Krankenhäuser oder Arztpraxen waren an der Erprobung von 31 Medikamenten (72 Prozent) in klinischen Studien beteiligt.

Doch es gab nicht nur ganz neue Arzneimittel: 22-mal haben laut VFA die Unternehmen bereits vorhandene gegen zusätzliche Krankheiten anwendbar gemacht, indem sie nach klinischen Studien Zulassungserweiterungen erwirkt haben. Die meisten dieser Indikationserweiterungen betrafen Krebserkrankungen.

„Anhaltendes Engagement der Branche“

Mit Blick auf die große Zahl an „Orphan Drugs“ sagte VFA-Präsident Han Steutel, sie zeige das „anhaltende Engagement der Branche dafür, dass auch Patientinnen und Patienten nicht unversorgt bleiben, deren Krankheit nicht häufig vorkommt“. Bezüglich des deutschen Beitrags zur Entwicklung der Arzneimittel sagte Steutel, dass die Attraktivität für klinische Studien gesteigert werden sollte.

Die Bundesregierung habe mit dem Medizinforschungsgesetz „die Weichen dafür richtig gestellt“. Es hänge jedoch viel davon ab, ob die kommende Regierung es auch vollständig umsetzt.

 
 
 
News-Ticker
 
FDP und SPD ergänzen Apotheken
 

Die FDP hatte in der Ampelregierung die Apothekenreform auf Eis gelegt. Umso erstaunlicher schien, dass in ihrem Entwurf für das Programm zur Bundestagswahl die Apotheken gar nicht zu finden waren. Doch mittlerweile steht im FDP-Programm mit dem Titel „Alles lässt sich ändern“ folgendes: „Für eine gute Versorgung mit Arzneimitteln braucht es starke Apotheken. Sie benötigen Voraussetzungen, unter denen sie wirtschaftlich arbeiten können.“
Auch bei der SPD hat sich noch etwas bewegt. Hier wurde das Gesundheitskapitel des Wahlprogramms um diesen Satz ergänzt: „Wir stärken Apotheken als wichtige Anlaufstellen für Prävention, Therapiebegleitung und eine sichere Arzneimittelversorgung.“(DAZ)

 

EU: Fachausschuss für Gesundheit
 

Das EU-Parlament hat seit dem Mittwoch vergangener Woche einen eigenen Fachausschuss für Gesundheit. Bisher war der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) für Gesundheitsfragen zuständig. Nun wird der bisher im ENVI angesiedelte Unterausschuss für Gesundheit (SANT) als eigenständiger Fachausschuss des EU-Parlaments ausgegliedert. Dem neuen Gremium werden 43 Mitglieder angehören, deren Namen am 20. Januar bekannt gegeben werden sollen.
Zum Zuständigkeitsbereich des neuen Fachausschusses SANT werden die Bereiche Arzneimittel, Medizinprodukte, öffentliche Gesundheit, psychische Gesundheit, Patientenrechte, Vorbereitung auf Gesundheitskrisen und Bioterrorismus gehören. (DAZ)

Engpässe treffen drei Millionen
 

Es gibt laut einer Untersuchung des Zentralinstituts kassenärztliche Versorgung (ZI) immer noch empfindliche Versorgungslücken bei Arzneimitteln und aktuell sind mehr als drei Millionen gesetzlich Versicherte davon betroffen. Aufgearbeitet wurde eine aktuelle Auswertung der  Arzneiverordnungsdaten für die Jahre 2022 bis 2024.
Trotz zahlreicher finanzieller Anreize des Gesetzgebers bleibe das Strukturproblem ungelöst: Die zu geringe Anzahl der Wirkstoffhersteller. Das Lieferengpassgesetz war insofern „lediglich ein kleines Pflaster auf einige der Versorgungslücken“. (DAZ)

Mehr Gesundheitsleistungen
 
Deutsche nehmen Gesundheitsleistungen im Vergleich zu Menschen aus anderen EU-Staaten überdurchschnittlich häufig in Anspruch. Das geht aus einer für alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtenden einheitlichen Bevölkerungsbefragung (European Health Interview Survey) hervor, wie das Robert Koch-Institut (RKI) mitteilte. Die Inanspruchnahme aller betrachteten gesundheitlichen Leistungen liege in Deutschland über dem Durchschnitt der EU-Staaten. Demografische und soziale Unterschiede stellten sich dabei demnach ähnlich dar: Insbesondere Frauen und Menschen in höheren Altersgruppen nutzten die Leistungen häufiger. Nur bei stationären Leistungen und Darmspiegelungen, gebe es keine Geschlechterunterschiede. (dpa)