Liebe Leserinnen und Leser,
 

 

frohes Neues erst einmal. Ich hoffe, Sie sind gut ins Jahr 2025 gekommen! Das wird wieder einige Aufreger parat halten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) legte schon mal los und verbreitete Verunsicherung mit Blick auf die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle. Die komme erst, wenn Hackerangriffe unmöglich werden, schrieb er auf „X“.

So lange will er sicherlich nicht warten, denn da liegt ganz offensichtlich einiges im Argen. Anlass für sein Onlinestatement ist, dass Sicherheitsforscherinnen und -forscher des Chaos Computer Club (CCC) erneut erhebliche Mängel festgestellt haben. Unter anderem, dass man nicht einmal ein Hacker sein muss, um sich eine elektronische Gesundheitskarte für fremde Identitäten zuzulegen – Telefonanruf genügt.

 
Herzliche Grüße,
Ihr Matthias Köhler
DAZ-Redakteur
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 
Wie sicher ist die ePA wirklich? 

Engpassregeln gelten dauerhaft für BG-Rezepte

Anderes Kaufverhalten bei OTC durch E-Rezept?

Einigung zu Sichtbezug in Hamburg

NRW: 118 Apotheken machen 2024 dicht

Vorzeitiges Haft-Ende für Peter S.

News-Ticker
 
 
 
 
Wie sicher ist die ePA wirklich?
 

Von Michael Zantke

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) brauchte einige Tage, um zu reagieren. „Die ePA bringen wir erst dann, wenn alle Hackerangriffe, auch des CCC, technisch unmöglich gemacht worden sind“, schrieb er am vergangenen Freitag auf der Plattform „X“. 

Zuvor hatte der „Chaos Computer Club“ (CCC) auf seinem 38. „Chaos Communication Congress“ Sicherheitslücken beim Zugriff auf die elektronischen Patientenakte (ePA für alle) offengelegt. „Auch die ePA für alle kann ihre Sicherheitsversprechen nicht halten“, schrieb der CCC in einer Pressemitteilung am 27. Dezember. Demnach gelangen Fernzugriffe auf Patientenakten über unsicher konfigurierte IT bei Arztpraxen und Krankenkassen.

Bereits in den vergangenen Jahren hatten die IT-Sicherheitsexperten des CCC Mängel bei den Konnektoren, dem Ident-Verfahren sowie ein fragwürdiges Kosten-Nutzen-Konzept kritisiert. Bei der aktuell vorgestellten Sicherheitsanalyse konnten Mitglieder des CCC zudem nachweisen, dass es „mit wenig Aufwand“ möglich sei, gültige Heilberufs- und Praxisausweise sowie Gesundheitskarten Dritter zu beschaffen. Damit könnten auch unbefugte Personen auf die Gesundheitsdaten in der ePA zugreifen. Die Ursache des Problems seien „Mängel in den Ausgabeprozessen, den Beantragungsportalen, sowie im real existierenden Umgang mit Karten“.

Problemlose Bestellung von eGK für fremde Identitäten

Mitgliedern des CCC war es gelungen, mittels Telefonanrufen bei Krankenkassen elektronische Gesundheitskarten für fremde Identitäten zu bestellen. Das sei innerhalb von zehn bis zwanzig Minuten ohne weiteres möglich, erläuterten Martin Tschirsich und Bianca Kastl vom CCC, wie das Nachrichtenportal heise.de berichtet. Mit etwas mehr Zeitaufwand könnten Angreifer*innen auch Praxiszugänge erhalten. Mängel in den Ausgabeprozessen seien eine der zentralen Schwachstellen der ePA.

Auch würden auf den Chipkarten gespeicherte kryptographische Identitäten, die eigentlich für die Authentifizierung der zugreifenden Personen genutzt werden sollen, nicht verwendet, um die Echtheit der Karten zu bestätigen. Dadurch könne der Besitz einer beliebigen Karte vorgetäuscht werden. Ein weiterer kritischer Punkt sei das Fehlen einer Zugangs-PIN für die ePA in ihrer kommenden Version 3.0.

Zudem behauptet der CCC, dass es aufgrund von Schwachstellen in der Spezifikation der ePA möglich sei, Zugriffs-Token für die Patientenakten beliebiger Versicherter zu erstellen und so potenziell Zugriff auf die Daten aller Versicherten zu erlangen – und das ohne Präsentation oder Einlesen der Gesundheitskarte.

„Halluzinierte Fehldiagnose“ des Fraunhofer-Instiuts

Der CCC widerspricht damit einer Sicherheitsanalyse des Fraunhofer-Instituts. Dort wurde mittels Künstlicher Intelligenz die Sicherheit der „ePA für alle“ getestet und diese trotz „geringer Mängel“ für sicher befunden. Diese Darstellung – auf die sich auch die Gematik stützt – könne nach den vorliegenden neuen Erkenntnissen „endgültig als halluzinierte Fehldiagnose betrachtet werden“.

Deshalb fordern die Expert*innen vom CCC:

  • „Unabhängige und belastbare Bewertung von Sicherheitsrisiken,
  • transparente Kommunikation von Risiken gegenüber Betroffenen und
  • ein offener Entwicklungsprozess über den gesamten Lebenszyklus.“

Gematik: ePA auf „höchstem“ Sicherheitsstandard

Die Gematik bedankte sich in einer Stellungnahme für die CCC-Hinweise zur Sicherheit der ePA. Man nehme diese entsprechend ernst. Die vom CCC entworfenen Angriffsszenarien seien zwar technisch möglich, heißt es, die praktische Umsetzung sei jedoch „nicht sehr wahrscheinlich“. Hierbei handle es sich um „technisch-komplexe“ Manipulationen, die strafbar seien.

Zudem wies die Gematik darauf hin, dass auf die „ePA für alle“ ab dem 15. Januar zunächst nur in den Modellregionen von den Gesundheitsdienstleistern zugegriffen werden könne. Bis das neue System bundesweit ausgerollt wird, sei also noch Zeit, um bestehende Mängel auszubügeln. Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen seien in Arbeit. 

Dazu zählt die Gematik:

  • „Verhinderung, dass Ausweise der Telematikinfrastruktur missbräuchlich verwendet werden können.
  • Schließung der Sicherheitslücke durch eine zusätzliche Verschlüsselung der Krankenversichertennummer.
  • Sensibilisierung der Nutzerinnen und Nutzer der Telematikinfrastruktur im Umgang und Schutz der technischen Infrastruktur, Ausweisen und Karten.
  • Ausweitung der Überwachungsmaßnahmen wie Monitoring und Anomalie-Erkennung.“

Unterm Strich hält die Gematik jedoch an ihre Darstellung fest: „Die ePA für alle wurde und wird mit höchsten und modernsten Sicherheitsstandards gebaut.“

Neben Lauterbach meldete sich auch der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber zu Wort. Er dankte Tschirsich und Kastl für ihre Demonstration der Sicherheitslücken. Ihm kommt vieles davon bekannt vor. „Erinnert sehr an den Druck damals auf @bfdi und @bsi das eRezept trotz einer irren Sicherheitslücke durchzuwinken“, schrieb er auf Mastodon.

 
 
 
Engpassregeln gelten dauerhaft für BG-Rezepte
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Der Arzneiversorgungsvertrag zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) und der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG) mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) wurde aktualisiert. Darüber informierte am vergangenen Freitag der Apothekerverband Schleswig-Holstein.

In Kraft getreten ist der aktualisierte Vertrag bereits am 1. Januar 2025.

Neben redaktionellen gibt es insbesondere folgende inhaltliche Anpassungen:

  • Aufnahme des E-Rezeptes.
  • Anwendbarkeit der durch das Engpassgesetz ALBVVG in § 129 Abs. 2a SGB V eingeführten lieferengpassbedingten erweiterten Austauschmöglichkeiten.
  • Anwendbarkeit der durch das Pflegestudiumstärkungsgesetz in § 129 Abs. 2b SGB V eingeführten erweiterten Austauschmöglichkeiten in Fällen von Lieferengpässen bei Kinderarzneimitteln.
  • In § 1 Absatz 4: Einbeziehung der Versorgung der ehemaligen Soldaten. Hintergrund ist, dass am 1. Januar 2025 das Soldatenentschädigungsgesetz (SEG) in Kraft getreten ist. Mit dem SEG enthalten Soldatinnen und Soldaten, die im Zusammenhang mit dem Wehrdienst eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, Anspruch auf finanzielle Entschädigungsleistungen bzw. auf Leistungen der medizinischen Versorgung und beruflichen Rehabilitation. Dies sollen sie nach den gleichen Regelungen/Vorschriften erhalten, die die Unfallversicherung Bund und Bahn auch für die Versicherten nach dem SGB VII anwendet.

Die Engpassregeln galten auch schon vorher für BG-Rezepte – auch wenn sie sich noch nicht ausdrücklich im Arzneiversorgungsvertrag befanden. Der DAV hatte mit DGUV und SVLFG bereits eine temporäre Vereinbarung geschlossen. Diese galt seit dem 1. September 2024 – bis zur jetzt erfolgten Anpassung des Vertrags.

 
 
 
Anderes Kaufverhalten bei OTC durch E-Rezept?
 
Von Michael Zantke

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat in Zusammenarbeit mit dem Gesundheits-Think-Tank „Loge8“ 222 Apotheken, 1.284 Apothekenkund*innen und 58 OTC-Hersteller befragt. So sollte herausgefunden werden, inwiefern die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes zum Jahresbeginn 2024 das Kaufverhalten verändert hat – insbesondere mit Blick auf OTC-Produkte. „Wir gehen davon aus, dass das E-Rezept auch eine Verschiebung des OTC-Kaufes mit sich bringt. Um für unsere Mitglieder Strategien ableiten zu können, haben wir diese Untersuchung aufgesetzt, die wir im nächsten Jahr erneut durchführen wollen“, sagte die Geschäftsfeldleiterin Selbstmedikation beim BPI, Anja Klauke.

Gründe für die Bestellung bei Online-Versendern

Kund*innen, die ihr E-Rezept bei einem Online-Versender eingelöst hatten, wurden nach den Gründen dafür befragt. Von den 77 Personen, auf die dies zutraf, gab die Mehrheit (47 Prozent) an, dass sie nicht das Haus verlassen müssen, um an die benötigten Arzneimittel zu gelangen. Zweithäufigster Grund (37 Prozent) war die Option, OTC-Produkte versandkostenfrei mitbestellen zu können. 29 Prozent sehen einen Vorteil darin, dass andere Menschen nicht mitbekommen, welche Arzneimittel man benötigt. Auch die von den Versendern offerierten Bonus-Angebote haben 24 Prozent der Kund*innen zum Kauf bei ihnen animiert. Es konnten mehrere Gründe angegeben werden.

OTC-Hersteller schätzten die Motivation der Kund*innen ähnlich ein. Von ihnen nahmen 34 Prozent an, dass die bequeme Lieferung nach Hause der Hauptgrund für die Bestellung bei den Versendern sei. Allerdings sehen hier 27 Prozent die angebotenen Einlöse-Boni als Grund und nur 23 Prozent das versandkostenfreie Mitbestellen.

Deutlich anders schätzten die befragten Apotheker*innen die Motivation für das Einlösen von E-Rezepten ein. Hier sehen 40 Prozent die offerierten Boni als Hauptgrund. 31 Prozent sehen die Möglichkeit zur Mitbestellung von OTC als Motivation bei ihren Kund*innen und nur 26 Prozent gehen davon aus, dass die Bequemlichkeit, nicht das Haus verlassen zu müssen, ausschlaggebend ist.

Das Diskretions-Argument wird sowohl von den OTC-Herstellern als auch den Apotheker*innen unterschätzt. Während 29 Prozent der befragten Kund*innen dadurch motiviert wurden, bei Versendern zu bestellen, sehen nur 15 Prozent der Hersteller und 13 Prozent der Apotheker*innen darin einen ausschlaggebenden Punkt.

Gründe für den Kauf in der Apotheke vor Ort

Auch 968 Kund*innen, die ihr E-Rezept in einer Apotheke vor Ort eingelöst haben, wurden zu den Gründen dafür befragt. Häufigster angenommener Grund ist das Vertrauen in die Apothekenteams: 70 Prozent gaben an, diese gut zu kennen und deshalb ihre Rezepte hier einzulösen. Zweithäufigster Grund für das Einlösen in der Apotheke ist die gute Beratung zu Gesundheits- und Arzneimittelfragen. Dass Arzneimittel noch am selben Tag bezogen werden können, animierte 27 Prozent der befragten Kund*innen zum Gang in die Apotheke vor Ort. 26 Prozent gingen davon aus, dass die Apothekenteams sie als Patient*innen gut kennen. Für 16 Prozent war es ausschlaggebend, dass in der Apotheke ihr Medikationsplan fachgerecht geprüft wird. Nur 5 Prozent gaben an, dass eine erwartete sofortige Belieferung des Rezeptes sie zum Weg in die Apotheke motiviert hatte.

Völlig anders schätzen OTC-Hersteller und Apotheker*innen die Beweggründe ein. Die meisten Hersteller (81 Prozent) nehmen an, dass Leute in die Apotheke vor Ort gehen, da sie hier sofort ihre verschriebenen Arzneimittel erhalten können. 78 Prozent sehen als wichtiges Argument, dass die Kund*innen ihre Apothekenteams gut kennen. 62 Prozent nehmen an, dass Kund*innen dadurch animiert wurden, dass Arzneimittel, die nicht unmittelbar verfügbar sind, in der Regel noch am selben Tag geliefert werden können. Die gute Beratung zu Gesundheits- und Arzneimittelfragen sehen 53 Prozent der OTC-Hersteller als Motivation. Die gute Kenntnis der Patient*innen gaben 43 Prozent als angenommene Motivation der Kund*innen an. Die Überprüfung des Medikationsplans spielt aus Sicht der Hersteller nur untergeordnet eine Rolle (25 Prozent).

Die Antworten der Apotheker*innen zur Frage, warum Kund*innen sie den Versendern bei der Rezept-Einlösung vorziehen, sind statistisch leider nicht sehr aussagekräftig. Hier wurden nahezu alle angegebenen Gründe (Kenntnis des Teams, Kenntnis der Patient*innen, gute Beratung, Arzneimittel sofort oder am selben Tag erhalten, Medikationsplan) von nahezu 100 Prozent der Befragten bejaht.

Werden zusätzlich OTC-Arzneimittel gekauft?

Die Studienautoren wollten zudem wissen, ob sich durch die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes das Kaufverhalten gegenüber OTC-Produkten verändert hat. Hier wurden 43 Kund*innen befragt, die ihr E-Rezept über einen Online-Versender eingelösten, ob sie zusätzlich OTC-Produkte dabei erworben hatten: Dies bejahten 37 Prozent – 61 Prozent enthielten sich, 2 Prozent verneinten diese Frage.

Auch 457 Kund*innen, die für das Einlösen des Rezeptes in die stationäre Apotheke gingen, wurden dazu befragt: 43 Prozent davon gaben an, zusätzliche OTC-Produkte dabei erworben zu haben – 48 Prozent enthielten sich, 9 Prozent verneinten.

Hier weichen die Einschätzungen der OTC-Hersteller ab. Zwar gaben 43 Prozent der Befragten an, dass Kund*innen bei der Einlösung eines E-Rezepts zusätzlich OTC erworben haben – zwischen Versendern und Apotheken wurde hier nicht unterschieden. Die Mehrheit (56 Prozent) der befragten Hersteller geht jedoch nicht von zusätzlichen OTC-Käufen aus.

Auch die Apotheker*innen zeichneten ein anderes Bild: 70 Prozent gaben an, dass Kund*innen zusätzlich zu den eingelösten E-Rezepten auch OTC erworben haben. Fast genauso viele (69 Prozent) gehen davon aus, dass auch die Kund*innen der Versender zusätzlich OTC mitbestellen.

Unterschiedliche Wahrnehmungen

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzender des BPI, Adam Faszbender, betonte die auffallenden Unterschiede zwischen den befragten Gruppen. So hatten sich vor allem in der Bewertung des Diskretions-Arguments („niemand bekommt mit, welche Medikamente benötigt werden“) deutlich Unterschiede gezeigt. Apotheken und Hersteller unterschätzten dieses Argument offenbar.

Die Umfrage soll in diesem Jahr wiederholt werden. Die Untersuchungen können auch dazu dienen, divergierende Wahrnehmungen zwischen den unterschiedlichen Gruppen auszugleichen, sagte Vanessa Conin-Ohnsorge von der beteiligten „Loge8“: „Wir wollen die unterschiedlichen Perspektiven zusammenbringen. Was denken Konsumenten, was denken Apotheken und was denken Hersteller, wie das E-Rezept das Kaufverhalten von verschreibungsfreien Arzneimitteln beeinflussen wird. Wir werden dieses Stimmungsbild laufend aufmerksam verfolgen.“

 
 
Einigung zu Sichtbezug in Hamburg
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Der Hamburger Apothekerverein hat mit der AOK Rheinland/Hamburg eine Vereinbarung über die Abrechnung des Sichtbezugs geschlossen. Diese ist am 1. Januar 2025 in Kraft getreten.

Die Vereinbarung ermögliche eine einfache und unkomplizierte Abrechnung der Leistungen, heißt es in einem Infoschreiben des Apothekervereins. Weitere Krankenkassen hätten nun die Möglichkeit, beizutreten. Mitgliedsapotheken des Hamburger Apothekervereins müssen hingegen nicht gesondert beitreten.

Die wesentlichen Vereinbarungsinhalte beschreibt der Hamburger Apothekerverein wie folgt:

  • Der Sichtbezug ist eine freiwillige Leistung und erfolgt durch fachkundiges pharmazeutisches Personal. Hierbei ist die Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung in der Herstellung und Abgabe der Betäubungsmittel zur Opioidsubstitution (dort Punkt III) zu beachten.
  • Grundvoraussetzung für die Abrechnung des Sichtbezugs ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arztpraxis und Apotheke, die eine Doppelfinanzierung (Honorierung der Arztpraxis) ausschließt.
  • Die Leistungen der Apotheke beinhalten: a) Dokumentation: Überführung der verordneten Gesamtmenge des Substitutionsmittels in den Patientenbestand, b) Vergabe des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, c) patientenbezogene Dokumentation gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BtMVV nach anerkannten Qualitätsstandards
  • Für die Leistung a) Dokumentation der Bestandsveränderung kann die BtM-Gebühr gemäß § 7 AMPreisV (derzeit 4,26 Euro) einmalig zusätzlich berechnet werden.
  • Für die Leistungen b) und c) ist ein Honorar in Höhe von derzeit 5,49 Euro je verordneter Einzeldosis über das Sonderkennzeichen 18774506 abrechenbar. Die Vergütung orientiert sich an der Vergütung der Ärzte und wird bei einer Anpassung für die Ärzte auch für die Apotheken angepasst.
  • Die Vergütung ist von der Umsatzsteuer befreit.
  • Es wird kein Abschlag gemäß § 130 SGB V (Apothekenabschlag) gewährt.
  • Das BtM-Rezept muss mit dem Vermerk „Sichtbezug in der Apotheke“ oder einer ähnlich lautenden Formulierung ausgestellt werden. Befindet sich kein entsprechender Vermerk über den Sichtbezug auf der Verordnung, ist eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch und dessen Abrechnung nur nach einer dokumentierten Rücksprache mit dem Arzt und einem vom Apotheker abgezeichneten Vermerk zulässig.

Grundsätzlich erfolgt der Sichtbezug – also das Überlassen von Substitutionsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch im Rahmen der Substitutionstherapie Opiatabhängiger – durch die substituierende Vertragsarztpraxis. Apotheken und Arztpraxen können aber Vereinbarungen schließen, dass der Sichtbezug auch in der Apotheke stattfinden kann, durch Apothekenleiter:innen oder beauftragtes pharmazeutisches Personal. Das soll auch die Praxen entlasten.

Mustervereinbarung gab es bereits

Im vergangenen April hatte der Deutsche Apothekerverband mit dem AOK-Bundesverband eine Mustervereinbarung über die Vergütung des Sichtbezugs in Apotheken im Rahmen der Substitutionstherapie Opioidabhängiger getroffen. Diese kann seitdem als Grundlage für Verträge mit einzelnen Kassen auf Bundes- oder Landesebene genutzt werden. Bereits seit 1. Oktober 2024 gibt es beispielsweise eine hieran orientierte Vereinbarung des Bayerischen Apothekerverbands mit den bayerischen Regionalkassen. Auch die Vereinbarung in Hamburg nimmt sie zur Grundlage.

 
 
NRW: 118 Apotheken machten 2024 dicht
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Seit 20 Jahren in Folge vermeldet die Apothekerkammer Westfalen-Lippe einen Rückgang der Betriebsstätten. „Im Jahr 2024 schlossen 65 Apotheken ihre Pforten, nur acht wurden eröffnet. Damit haben wir im Jahr 2024 unterm Strich 57 Apotheken verloren“, konstatiert der Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL), Andreas Walter, in einer Pressemitteilung am Freitag vergangener Woche. „Der traurige Trend geht weiter.“ Insgesamt gibt es im Landesteil noch 1.654 Apotheken.

Die acht Neueröffnungen gab es in Münster (3), Coesfeld, Arnsberg, Nordwalde, Gladbeck und Witten (je eine Apotheke). Münster hat allerdings auch bei den Schließungen die Nase vorn: Vier machten dort dauerhaft zu. Jeweils drei Schließungen gab es in Bielefeld, Detmold, Hagen, Bochum und Gelsenkirchen. Je zwei Apothekenschließungen waren in Bad Oeynhausen, Dorsten, Gütersloh, Lübbecke, Menden und Schwerte zu verzeichnen, in 34 weiteren Städten und Gemeinden je eine weitere.

Die Notdienstbelastung für die verbliebenen Apotheken sei in vielen Fällen ohnehin hoch, betont Walter – nun spitzt sich die Lage zu: „Die Zahl der Dienste kann nicht unendlich erhöht werden.“ Der AKWL-Geschäftsführer stellt klar: „Weniger Apotheken führen unweigerlich dazu, dass unterm Strich die Wege zum Notdienst weiter werden.“

Nordrhein: Weniger als 2.000 Apotheken

In Nordrhein sieht es nicht besser aus: Ende 2024 gab es hier erstmals weniger als 2.000 öffentliche Apotheken, vermeldet die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR). In den beiden Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf haben 66 Apotheken für immer geschlossen. Dem stehen lediglich fünf Neueröffnungen gegenüber, sodass es insgesamt 61 Apotheken weniger in Nordrhein gibt. Die meisten Schließungen gab es in Düsseldorf (7), Wesel und im Rhein-Sieg-Kreis (je 6) sowie in Köln und in der Städteregion Aachen (je 5). Noch gibt es laut AKNR in jeder Kommune mindestens eine Apotheke, doch auch hier werden die Wege für Patienten weiter, vor allem im Notdienst.

Die Gründe für die Schließungen sind vielschichtig – doch Walter ist überzeugt: „Am Ende sind es aber immer wirtschaftliche Gründe, die dazu führen, dass Apotheken nicht weitergeführt werden.“ Eine Steigerung des apothekerlichen Fixhonorars gab es zuletzt vor über zehn Jahren. Der AKWL-Geschäftsführer hat eine klare Forderung: „Welche Partei wen auch immer zum Bundesgesundheitsminister macht, muss mit einem Soforthilfepaket die Apotheken vor Ort und damit die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung stabilisieren.“ Schließlich sei eine Apotheke kein Geschäft wie jedes andere. „Schließt eine Apotheke, bedeutet dies einen Sozialabbau vor Ort.“

AKNR-Präsident Armin Hoffmann bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Zu wenig Honorar, zu viel Bürokratie, schlimme Lieferengpässe bei Medikamenten und der auch bei uns herrschende Fachkräftemangel – die Bedingungen, eine Apotheke zu führen oder gar neu zu eröffnen, werden immer schlechter.“ Von der neuen Bundesregierung erwartet er „endlich ein Gegensteuern“.

Mit der Aussage, dass kein Geld da wäre, will sich Hoffmann, der jetzt auch Präsident der Bundesapothekerkammer ist, nicht mehr abspeisen lassen. Auch wenn Apotheker*innen formal Freiberufler sind – de facto seien sie „fast so etwas wie Beamte, die im Auftrag des Staates eine hoheitliche Aufgabe wahrnehmen“. Und so müsse der Staat auch seiner Verantwortung gerecht werden. „Es kann nicht sein, dass Inhaber, die das volle wirtschaftliche Risiko mit ihrem Privatvermögen tragen, weniger Geld haben als ihre Angestellten“, betont Hoffmann.

 
 
Vorzeitiges Haft-Ende für Peter S.
 
Von Kirsten Sucker-Sket / dpa

Der wegen massenhaft gepanschter Krebsarzneimittel zu zwölf Jahren Haft verurteilte Peter S. ist kurz vor dem Jahresende vorzeitig auf Bewährung frei gekommen. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hatte den früheren Chef der „Alten Apotheke Bottrop“ in einer nicht öffentlichen Sitzung angehört und „die Abwägungsentscheidung zu seinen Gunsten entschieden“, zitierte die „WAZ“ einen Gerichtssprecher. 

Der frühere Apotheker habe sich in der JVA Bielefeld-Senne im offenen Vollzug befunden, schilderte der Gerichtssprecher der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er habe das Gefängnis also tagsüber verlassen dürfen, sei außerhalb der Justizvollzugsanstalt einem Arbeitsverhältnis nachgegangen. Gut zwei Drittel seiner Haftstrafe habe er verbüßt. Die restlichen knapp vier Jahre werden zur Bewährung ausgesetzt.

Lebenslanges Berufsverbot

Ende 2016 war Peter S. verhaftet worden. Zwei Whistleblower aus seiner Apotheke hatten aufgedeckt, dass ihr Chef über Jahre hinweg patientenindividuelle Zytostatikazubereitungen hergestellt und abgegeben hatte, die eine reduzierte Wirkstoffmenge oder keinen Wirkstoff enthielten. Im Sommer 2018 wurde Peter S. vom Essener Landgericht wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in rund 15.000 Fällen zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe und einem lebenslangen Berufsverbot verurteilt. 

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte das Urteil in dem bundesweit aufsehenerregenden Skandal bestätigt. Peter S. hatte sich in dem Strafverfahren nicht zu den Vorwürfen geäußert. Er klagte aber gegen sein lebenslanges Berufsverbot, das die Bezirksregierung Münster verhängt hatte. Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen scheiterte der frühere Apotheker 2022 allerdings mit dem Versuch, seine Approbation zurückzuerlangen. Auch seine Bemühungen vor dem Bundesverfassungsgericht – er hielt seine Verurteilung für nicht verfassungsgemäß – waren gescheitert. 

 
 
 
News-Ticker
 
Vieths ist neuer PEI-Präsident
 

Professor Dr. Stefan Vieths ist seit dem 1. Januar 2025 neuer Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Er ist staatlich geprüfter Lebensmittelchemiker und außerplanmäßiger Professor am Fachbereich Biochemie, Chemie und Pharmazie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 1995 ist er am PEI tätig und hat das Institut bereits seit einem Jahr kommissarisch geleitet. Zuvor war Klaus Cichutek PEI-Präsident und Vieths 13 Jahre lang Vizepräsident. Wie es in einer Pressemitteilung des PEI heißt, wird Vieths die Weiterentwicklung des Instituts vorantreiben, um es auch in Zukunft als führende Arzneimittelbehörde im Bereich der biomedizinischen Arzneimittel zu positionieren. (DAZ)

Arzneimittel: Anstieg bei Ausgaben
 

Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Arzneimittel (ohne Impfstoffe) sind im November um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat angestiegen. Zugleich sank die Zahl der abgegebenen Packungen um 3,9 Prozent. Das geht aus den aktuellen Frühinformationen des Deutschen Apothekerverbands (DAV) hervor. Laut DAV ist zu berücksichtigen, dass der November 2024 einen Arbeitstag weniger hatte als der November im Jahr zuvor. Im Oktober hatte das Plus bei 14 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres gelegen. Für den Zeitraum Januar bis November 2024 ergibt sich ein Wachstum von 10 Prozent. Die Packungszahl wuchs um 2,1 Prozent. (DAZ)