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Liebe Leserinnen und Leser,
 

Dr. Reiner Kern, früher einmal Abda-Pressesprecher, jetzt „Director Communications and Public Affairs“ bei DocMorris, hat seine Wünsche an die neue Regierung für eine Apothekenreform geäußert. Er versteht die Empörung seines früheren Arbeitgebers über Karl Lauterbachs Idee, Apotheken ohne approbiertes Personal öffnen zu können, nicht. Kern widerspricht auch dem Vorwurf, die Versender seien die Totengräber der Vor-Ort-Apotheken, zumal auch diese am Versandhandel beteiligt seien. Darin sieht er ein Zukunftsmodell. Dabei ist vor allem ein Satz bemerkenswert: „Eine Unterscheidung zwischen Online-Apotheke und Vor-Ort-Apotheke wird damit perspektivisch obsolet.“ Ob das tatsächlich so ist, sei mal dahingestellt. Aber wenn die Versender das wirklich anstreben, könnten sie ja mal damit anfangen, sich an die Regeln zu halten, die für Vor-Ort-Apotheken gelten. So als ersten Schritt. 

 
Herzliche Grüße,
Ihre Julia Borsch
DAZ-Chefredakteurin
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 

 

Was steckt für die Apotheken im Sondierungspapier von Union und SPD?

Abda: Arzneimittelversorgung gehört zu Infrastruktur

DocMorris sieht kein Problem im Apothekensterben

Der EHDS: E-Rezepte grenzenlos einlösen

Finanzinvestor will US-Apothekenkonzern kaufen

LAV Niedersachsen erinnert Union an Wahlversprechen

Schwierige Zeiten für Bayer

News-Ticker
 
 
 
 
Was steckt für die Apotheken im Sondierungspapier von Union und SPD?
 

Von Christina Grünberg

Bis Ostern will Friedrich Merz (CDU) eine neue Regierung gebildet haben – voraussichtlich mit der SPD. Um diesen ambitionierten Zeitplan zu halten, müssen Union und Sozialdemokraten sich nun schnell auf eine Marschrichtung für die kommenden vier Jahre einigen. Immerhin haben die Parteispitzen am Wochenende die Sondierungsgespräche zu einem positiven Abschluss gebracht, jetzt folgen Koalitionsverhandlungen unter Beteiligung von Fachpolitikerinnen und -politikern.

Wenig überraschend tauchen die Apotheken im elf Seiten umfassenden Sondierungspapier nicht auf, im Gesundheitsbereich konzentrieren sich die potenziellen Koalitionspartner auf Krankenhäuser und Pflege. Es finden sich darin jedoch Pläne, die auch für sie Folgen haben werden. Die DAZ fasst einige Punkte zusammen. 

Günstiger Strom: Um für eine schnelle Entlastung zu sorgen, wollen Union und SPD in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte halbieren. Der Preis soll dadurch um mindestens 5 Cent pro Kilowattstunde sinken. Das würde natürlich auch den Apotheken zugutekommen. Weitere Schritte sollen folgen. Erklärtes Ziel sind „dauerhaft niedrige und planbare, international wettbewerbsfähige Energiekosten“. 

Arzneimittelproduktion in Deutschland stärken: Strategisch wichtige Branchen wollen CDU/CSU und SPD in Deutschland halten, beziehungsweise neu ansiedeln. Beispielhaft wird unter anderem die Pharmabranche genannt. Ob das gelingt und ob Lieferengpässe sich auf diesem Weg eindämmen lassen, bleibt abzuwarten.  

Anreize für Investitionen und Mindestlohn

Anreize für Investitionen: Sofort nach der Regierungsbildung soll es dem Papier zufolge „spürbare Anreize für unternehmerische Investitionen in Deutschland“ geben. Die Unternehmenssteuer wollen Union und SPD reformieren. Ob die Apotheken davon profitieren werden, hängt von der jeweiligen Ausgestaltung ab. 

15 Euro Mindestlohn: Bis zum Jahr 2026 soll der Mindestlohn auf 15 Euro pro Stunde steigen. Halten Union und SPD dieses Versprechen ein, wird das auch die Apothekengewerkschaft Adexa und den Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) wieder an den Verhandlungstisch zwingen: Da der aktuell gültige Gehaltstarif für PKA selbst in der höchsten Stufe (14,93 Euro) unter dieser Marke liegt, werden damit auch die Tariflöhne in den Apotheken zwangsläufig deutlich steigen müssen. 

Überstunden und Arbeitszeiten

Flexible Arbeitszeiten: Statt einer täglichen Höchstarbeitszeit streben Union und SPD eine wöchentliche an – „auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Die geltenden Ruhezeitenregelungen sollen beibehalten werden. 

Steuerfreie Überstunden: Damit sich Mehrarbeit auszahlt, sollen Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt werden.  

Anreize zur Ausweitung der Arbeitszeit: Zahlen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Prämien, um Teilzeitbeschäftigte zu einer Ausweitung ihrer Arbeitszeit zu motivieren, soll diese Prämie steuerlich begünstigt sein. 

Rente und Fachkräfte

Flexibler Renteneintritt: „Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei“, schreiben die Verhandlungspartner im Sondierungspapier. Auch wenn Apothekerinnen und Apotheker in Versorgungswerken organisiert sind, könnte das mit Blick auf PTA und andere Berufsgruppen in den Apotheken interessant sein. 

Fachkräftesicherung: Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, wollen Union und SPD „alle Register ziehen“. Familien wollen sie dabei helfen, Kindererziehung, Arbeit, Haushalt, Pflege und Erholung besser bewältigen zu können. „Deshalb prüfen wir ein jährliches Familienbudget für Alltagshelfer, das wir digital zugänglich machen.“ Ergänzend sollen bürokratische Hürden bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen abgebaut und die Prozesse beschleunigt werden. 

Partnerschaftlichkeit in Familien: Ziel von Union und SPD ist, dass Familien Kindererziehung, Pflege und Beruf partnerschaftlich vereinbaren können. „Deshalb werden wir gemeinsam mit Ländern und Kommunen für verlässliche Kitas, Ganztagsschulen und Tagespflege sorgen.“ Vor dem Hintergrund, dass in Apotheken besonders häufig Mütter in Teilzeit arbeiten, könnte das – sofern das Vorhaben gelingt – die Personalsituation in manch einem Betrieb entspannen. 

 

 
 
 

Abda: Arzneimittelversorgung gehört zur Infrastruktur

 
Von Matthias Köhler

Die Gespräche sind abgeschlossen, das Sondierungspapier steht, die Spitzen von Union und SPD wollen nun Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Unter anderem in den strittigen Punkten der Migrationspolitik und der Finanzierung konnte man sich einigen, wie am Wochenende bekannt wurde.

Demnach soll auch der Gesundheitsbereich mit Geldern aus einem Infrastruktur-Sondervermögen von 500 Milliarden Euro bedacht werden. „Die Gesundheitsversorgung muss für alle gesichert bleiben“, heißt es in dem Papier.

Man wolle eine „große Pflegereform“ auf den Weg bringen. „Wir stehen für eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in der Stadt und auf dem Land“. Die Apotheken werden zwar nicht genannt, aber einige der vereinbarten Punkte betreffen sie dennoch.

Die Abda hatte bereits am Freitag vergangener Woche Ansprüche angemeldet und erklärt, dass auch Apotheken zur Infrastruktur gehören. „Investitionen in Krankenhäusern sind wichtig, aber auch die ambulante Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung durch Apotheken gehört zur kritischen Infrastruktur in kleinen und großen Städten, in den Stadtteilen und auf dem Land“, sagte Präsident Thomas Preis.

Preis erinnert an Lieferengpässe

Er erinnerte daran, dass die Zahl der Apotheken in den vergangenen zehn Jahren um 20 Prozent gesunken ist und die Versorgung der Patientinnen und Patienten dadurch immer schwieriger werde, „auch angesichts der nicht enden wollenden Arzneimittel-Lieferengpässe“.

Er forderte die neue Bundesregierung auf, „schnellstmöglich den Weg“ freizumachen „für eine nachhaltige, wirtschaftliche Stärkung der Apothekenbetriebe“. Das sei auch wichtig, „damit die Übernahme bestehender und die Eröffnung neuer Betriebe für junge Apothekerinnen und Apotheker wieder attraktiv wird“.

Hoffmann: Apotheken schon jetzt wichtige Anlaufstellen

Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Armin Hoffmann, betonte, dass die Apotheken „schon jetzt wichtige Anlaufstellen für eine kompetente Gesundheitsversorgung“ sind. Die Apotheken könnten zukünftig weitere Aufgaben übernehmen, man stehe für Gespräche jederzeit bereit.

Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Hans-Peter Hubmann, forderte sofortige Finanzhilfen. Die Apotheken könnten die immens gestiegenen Kosten nicht schultern und auch die 160.000 Beschäftigten müssten ausreichend vergütet werden. Neben den Soforthilfen müsse auch ein dynamisches Honorar geschaffen werden, das sich automatisch an die steigenden Kosten anpasst.

GKV, Krankenhäuser, Generika-Produzenten und KBV

In der vergangenen Woche hatten bereits verschiedene Verbände aus dem Gesundheitsbereich darauf gepocht, bei den geplanten Sondervermögen-Milliarden bedacht zu werden. Explizit waren auch zuvor während der laufenden Gespräche nur die Krankenhäuser genannt worden.

Der GKV-Spitzenverband hatte daraufhin erklärt, dass sie erwarten, dass die Teilfinanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds aus Beitragsgeldern gestrichen wird. Von der Deutschen Krankenhausgesellschaft hieß es, dass auch weitere Investitionen möglich gemacht werden müssten, beispielsweise um die Krankenhäuser klimaneutral zu machen.

Der Verband Pro Generika hingegen forderte, dass mit den Mitteln des Sondervermögens auch die Grundversorgung stabilisiert werden müsse. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung verlangte, dass das Sondervermögen auch mit einem „Praxiszukunftsgesetz“ einhergehen müsse.

 
 
 
DocMorris sieht kein Problem im Apothekensterben
 
Von Michael Zantke

 

DocMorris wünscht sich eine Apothekenreform der kommenden Regierung. Dabei soll auch die Apotheke ohne Apotheker*innen wieder aus der „Konkursmasse der Ampel-Koalition“ gerettet werden. Der Director Communications and Public Affairs der DocMorris AG, Reiner Kern, der von 2014 bis 2022 Sprecher der Abda war, hat Vorschläge für einen neuen Anlauf zur Apothekenreform vorgelegt.

Kern verweist auf das rasante Apothekensterben. Allein zwischen 2018 und 2023 sei die Apothekenzahl um 9,5 Prozent gesunken. Das sei zwar „zunächst alarmierend“, verliere aber bei näherer Betrachtung seinen Schrecken. Immerhin sei die Zahl der Apothekenbeschäftigten in derselben Zeit nahezu konstant geblieben und nur um etwa ein Prozent gesunken.

Apotheken „im Großen und Ganzen gut“ zu erreichen

Apotheken seien immer noch „im Großen und Ganzen gut“ zu erreichen, sagt Kern und verweist dabei auf Zahlen des Deutschen Apothekerverbandes. Daraus ergibt sich für Kern der Schluss, dass aus dem rasanten Rückgang der Apotheken nur eine verhältnismäßig geringe Verschlechterung bei der flächendeckenden Versorgung resultiere: „Ein Rückgang der Apothekenzahl bedeutet nicht per se eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung.“ In der Regel seien nicht Landapotheken mit Alleinstellung, sondern eher Apotheken in großer räumlicher Nähe zu Konkurrenten von Schließungen betroffen. Der Wettbewerb zwischen den Apotheken vor Ort sei also der Hauptgrund für das Apothekensterben.

Die Online-Versender würden zu Unrecht als „Totengräber der Präsenzapotheken“ gesehen: Zwischen 2010 und 2023 sei die Zahl der Apotheken um 3.900 zurückgegangen – allerdings habe sich der Rx-Anteil der europäischen Online-Versandhändler im selben Zeitraum von 1,3 auf 0,6 Prozent halbiert. Außerdem seien schon jetzt Präsenzapotheken am Versandhandel beteiligt: „Eine Unterscheidung zwischen Online-Apotheke und Vor-Ort-Apotheke wird damit perspektivisch obsolet.“

pDL per Telemedizin

Auch die in Schieflage geratenen GKV-Finanzen werden von Kern in den Fokus gerückt. Vor allem das Anwachsen der Arzneimittelkosten sei ein zentrales Problem, meint Kern. Apotheken seien jedoch nur für einen kleinen Teil der GKV-Ausgaben verantwortlich. Von der Idee, den Apothekenabschlag wieder auf 2,00 Euro zu erhöhen, hält er nichts. Stattdessen sollten Reserven aus dem in großen Teilen ungenutzten Fonds für die Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen (pDL) genutzt werden. Während die Kassen bereits seit längerer Zeit für eine Auflösung des Fonds eintreten, fordert sich DocMorris die Möglichkeit ein, auf telemedizinischem Weg pDL anzubieten und diese aus dem Fonds vergütet zu bekommen.

Darüber hinaus schlägt Kern eine Wiederzulassung der Großhandels-Skonti vor, ebenso wie höhere Zuzahlungen der Versicherten bei verschriebenen Arzneimitteln. Hinsichtlich der Frage der Vergütung bemängelt er, dass es bisher keine klaren Kriterien zur Bestimmung der bedarfsgerechten flächendeckenden Versorgung gibt. Kern fordert deshalb einen „auf validen Daten basierenden Versorgungsatlas“, als Grundlage eines neuen Vergütungsmodells.

Apotheke ohne Apotheker*innen darf kein No-Go sein

Auch die Apotheken ohne Apotheker*innen sollen aus der „Konkursmasse der Ampel“ gerettet werden. „Die selbstständige Arbeit von PTAs in Filialapotheken, die für Rückfragen per Video mit einem Apotheker oder einer Apothekerin verbunden sind, sollte kein No-Go sein.“

Kern fordert die Schaffung einer „volldigitalen Betreuungsstrecke“, bei der Patient*innen behandelt und versorgt werden können, ohne ihre Gesundheitskarte in der Praxis oder Apotheke einstecken zu müssen. Deshalb sieht Kern es als Problem, dass die Pläne zur Einführung einer digitalen Gesundheits-ID offenbar auf Eis gelegt wurden.

Apotheken-GmbH und Filialzahlerhöhung

Er regt auch die Möglichkeit zum Betrieb von Apotheken auf GmbH-Grundlage an, sowie die Erweiterung der zugelassenen Filialzahl und eine Lockerung bei den Abstandsregelungen im Filialverbund. Zudem könnte die Labor-Vorhaltepflicht wegfallen und Öffnungszeiten weiter flexibilisiert werden, sagt Kern. Ausgehend von der mangelhaften Beanspruchung der pDL sei Skepsis geboten, angesichts der von den Apothekenstandesvertretungen beschworenen Kompetenzerweiterungen. Am Schluss bemerkt Kern, dass es wohl die Hauptaufgabe der kommenden Gesundheitspolitik sein werde, „den Beharrungskräften im System beherzt zu begegnen“.

 
 
 
Der EHDS: E-Rezepte grenzenlos einlösen
 
Von Julia Borsch

Am vergangenen Mittwoch wurde im EU-Amtsblatt die finale Fassung der Verordnung über den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) veröffentlicht. Damit soll die grenzüberschreitende Nutzung von Gesundheitsdaten geregelt werden.  

Der wesentliche Punkt für die Apotheken dürfte sein, dass es in Zukunft auch möglich sein wird, E-Rezepte aus anderen Ländern in Deutschland einzulösen. Eine unionsweite technische Infrastruktur („MyHealth@EU“) soll grenzüberschreitend interoperablen Datenaustausch ermöglichen. Zu den Anwendungen, die davon betroffen sind, gehören elektronische Verschreibungen und Dispensierinformationen. Dafür soll künftig ein einheitliches europäisches Austauschformat gelten. 

Apotheken müssen dann in der Lage sein, in anderen Mitgliedstaaten ausgestellte elektronische Verschreibungen beliefern zu können (Artikel 23 Absatz 6): Es muss der Zugang zu diesen Verschreibungen gewährleistet sein. Die abgebende Apotheke muss zudem erkennen können, ob die Anforderungen (gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2011/24/EU) erfüllt sind.  

European Health Record 

Geben Apotheken Arzneimittel auf ein E-Rezept aus einem anderen Mitgliedstaat ab, so meldet die betreffende Apotheke diese Abgabe. Die Meldung erfolgt über MyHealth@EU an die nationale Kontaktstelle für digitale Gesundheit des Mitgliedstaats, in dem die Verschreibung ausgestellt wurde. Außerdem schreibt die Verordnung vor, dass Patient*innen ein Recht darauf haben, dass ihre Daten zwischen Gesundheitsdienstleistern in der gesamten EU übertragen werden (Artikel 7 Absatz 1). 

Das einheitliche Format ist die europäische Patientenakte (European Health Record = EHR). In Deutschland soll dies über die Telematikinfrastruktur und die ePA abgebildet werden. Allerdings erfordern die Vorgaben für den EHDS, dass die Funktionen dann gleichermaßen für alle Versicherten, gesetzlich und privat, zur Verfügung stehen. 

Primär- und Sekundärnutzung 

Neben der Primärnutzung der Daten für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung regelt die Verordnung zudem die Sekundärnutzung. Etwa für Daten aus elektronischen Patientenakten, aus elektronischen Registern zu bestimmten Krankheiten oder zu verhaltensbezogenen Gesundheitsfaktoren. Eine „Zugangsstelle für Gesundheitsdaten“ prüft auf Antrag, ob eine bestimmte Sekundärnutzung einen legitimen Zweck erfüllt. Jeder Mitgliedstaat muss eine solche Stelle benennen.  

Legitim sind demnach wissenschaftliche Forschungsvorhaben, die Entwicklung von Medizinprodukten oder das Training von Algorithmen oder KI-Systemen. Bestimmte Nutzungszwecke schließt die Verordnung ausdrücklich aus, zum Beispiel Werbung oder die Anpassung von Versicherungsprämien. Patient*innen können der Nutzung ihrer Daten aber auch widersprechen. Verarbeitet werden können nur anonymisierte oder pseudonymisierte Daten in gesicherten Verarbeitungsumgebungen („HealthData@EU“).  

Laut der Verordnung (Artikel 60 Absatz 1) müssen die Gesundheitsdateninhaber die bei ihnen gespeicherten Datenbestände unter näher definierten Bedingungen für bestimmte Zwecke zur Verfügung stellen, wenn sie eine behördliche Genehmigung haben. Gesundheitsdateninhaber sind z. B. Angehörige von Gesundheitsberufen oder andere natürliche oder juristische Personen, die Gesundheitsdaten verarbeiten. 

Allerdings gelten die Vorgaben für die Sekundärnutzung explizit nicht für natürliche Personen (Artikel 50 Absatz 1). Nach Auffassung der Abda dürften hierunter Apothekenleiter*innen ebenso wie freiberuflich tätige Ärzt*innen fallen, wie es in einem Rundschreiben an die Mitglieder heißt.

 
 
Finanzinvestor will US-Apothekenkonzern kaufen
 
Von Thorsten Schüller

Die New Yorker Private-Equity-Firma Sycamore will die kriselnde US-Apothekenkette Walgreens Boots Alliance (WBA) für einen Milliardenbetrag kaufen und anschließend von der Börse nehmen. Der Deal könnte ein Volumen von 23,7 Milliarden Dollar haben und dürfte auch den zu Walgreens gehörenden Großhändler Gehe/Alliance Healthcare Deutschland (AHD) betreffen.

Wie WBA mitteilte, will Sycamore 11,45 US-Dollar pro Walgreens-Aktie in bar zahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten bis zu drei Dollar zusätzlich hinzukommen. Damit hätte die Übernahme ein Volumen von 23,7 Milliarden US-Dollar (22,1 Mrd Euro). Nach den Worten von Konzernchef Tim Wentworth soll WBA nach der Übernahme von der Börse genommen und als privates Unternehmen neu ausgerichtet werden. Sofern die Aktionäre zustimmen, soll das Geschäft voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Walgreens betreibt in den USA sowie in Europa und Lateinamerika rund 12.500 Apotheken. In Deutschland gehört der Großhändler Gehe/Alliance Healthcare Deutschland (AHD) zu dem US-Konzern. Damit verbunden sind auch die beiden Apothekenkooperationen Alphega und Gesund. Ende 2021 hatte der frühere Miteigentümer McKesson sich aus dieser Beteiligung zurückgezogen, womit AHD und die ehemalige Gehe Pharma Handel GmbH 100-prozentige Töchter von WBA geworden sind.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten

Walgreens hat seit mehreren Quartalen mit einer schwachen Verbrauchernachfrage zu kämpfen und musste im vergangenen Jahr außerdem einen Gewinneinbruch in Höhe von 5,8 Milliarden Dollar verbuchen. Von Anfang 2023 bis zum 8. Dezember letzten Jahres, als das Kaufinteresse von Sycamore bekannt wurde, waren die Aktien von Walgreens von etwa 37 Dollar auf unter 9 Dollar gefallen. Zuletzt war die Aktie von Walgreens Anfang Februar nochmal stark unter Druck geraten, nachdem das Unternehmen angekündigt hatte, die Zahlung seiner üblichen Quartalsdividende auszusetzen.

„Wir machen zwar Fortschritte bei der Umsetzung unserer ehrgeizigen Turnaround-Strategie, aber eine sinnvolle Wertschöpfung erfordert Zeit, Konzentration und Veränderungen, die als privates Unternehmen besser zu bewältigen sind“, sagte CEO Wentworth laut der Unternehmensmitteilung. „Sycamore wird uns das Fachwissen und die Erfahrung eines Partners mit einer starken Erfolgsbilanz bei erfolgreichen Turnarounds im Einzelhandel zur Verfügung stellen.“

 
 
LAV Niedersachsen erinnert Union an Wahlversprechen
 
Von Michael Zantke

Der Landesapothekerverband (LAV) Niedersachsen fordert von der noch zu bildenden Bundesregierung, ein Soforthilfeprogramm für die Apotheken auf den Weg zu bringen. Da die Union als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorgegangen ist, erinnerte der LAV-Vorstandsvorsitzende, Berend Groeneveld, an deren Wahlversprechen gegenüber der Apothekerschaft: „Die CDU/CSU hat festgehalten, dass die Apotheken finanziell durch die Anpassung und Dynamisierung des Apothekenfixums gestärkt werden müssen.“

Da die Apothekenzahl rasant sinkt, forderte Groeneveld eine Erhöhung des Apothekenhonorars auf 12 Euro und eine verlässliche Dynamisierung. Zudem benötigten die Apotheken einen Inflationsausgleich, um gestiegene Kosten zu refinanzieren. Groeneveld appellierte auch für eine Wiederzulassung der Großhandels-Skonti sowie Kompensationszahlungen für die Folgen des Skonto-Urteils. Darüber hinaus fordert der LAV Niedersachsen die neue politische Führung dazu auf, das Potenzial der Apotheken besser auszuschöpfen, insbesondere im Bereich Prävention. Impfungen und pharmazeutische Dienstleistungen sollten demnach ausgebaut werden.

Den Versprechungen der Union vor der Wahl sollen nun Taten folgen: „Es ist deshalb die Aufgabe der neuen Bundesregierung, die Versprechen in die Tat umzusetzen, um der Bevölkerung eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort weiterhin zu garantieren.“

 
 
Schwierige Zeiten für Bayer
 
Von Thorsten Schüller

Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer steht nach einem erneuten Gewinnrückgang im Jahr 2024 auch 2025 vor einem abermals schwierigen Jahr. Das Leverkusener Unternehmen kämpft nach wie vor mit den Glyphosat- und PCB-Rechtsstreitigkeiten seiner 2018 übernommenen US-Tochter Monsanto. 

Der US-Gesundheitsminister als Problem

Zwar hofft Bayer-Chef Bill Anderson weiterhin auf eine Eindämmung dieser Risiken. Allerdings gibt es nach der US-Präsidentschaftswahl eine neue Unbekannte: US-Gesundheitsminister ist nun Robert F. Kennedy Jr. Der kämpfte 2018 als Umweltanwalt gegen Monsanto. Unter seiner Mitwirkung hatte ein Gericht in San Francisco den Agrarkonzern zu einer hohen Entschädigungszahlung von fast 290 Millionen Dollar verurteilt. Aus Sicht der Jury hatte es Monsanto versäumt, vor dem Krebsrisiko des Unkrautvernichters Glyphosat zu warnen.

Robert F. Kennedy Jr. gehört zur bekannten Kennedy-Familie. Während er früher ein angesehener Umweltanwalt war, wurde er in den letzten Jahren vor allem durch seine impfskeptischen Positionen und die Verbreitung widerlegter Theorien bekannt. Für Bayer dürfte es schwierig sein einzuschätzen, inwieweit Kennedys frühere anwaltliche Tätigkeit gegen Monsanto heute Einfluss auf seine Tätigkeit und Positionierung in der US-Regierung hat.

Geschäftsjahr mit ernüchternden Zahlen

Das Geschäftsjahr 2024 endete für das Unternehmen mit ernüchternden Zahlen: Der Konzernumsatz fiel gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent auf 46,6 Milliarden Euro, das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) knickte um 13,5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro ein, teilte der Konzern anlässlich seiner Bilanzvorlage mit. Unter dem Strich stand ein Verlust von Minus 2,55 Milliarden Euro.

Während das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten der Sparte Consumer Health nur einen leichten Gewinnrückgang verzeichnete, belasteten in der Pharmasparte rückläufige Erlöse mit dem Blutgerinnungshemmer Xarelto. In der Agrarsparte war die operative Marge von 21,7 im Vorjahr auf 19,4 Prozent gesunken, da Bayer vor allem den Preisdruck im Glyphosat-Geschäft zu spüren bekam.

Schulden in Höhe von 32,6 Milliarden Euro

Darüber hinaus lasten Schulden in Höhe von 32,6 Milliarden Euro auf dem Konzern. Diese sind auch eine Folge der Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto, mit der sich Bayer unter anderem die milliardenteuren US-Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten ins Haus geholt hatte. Bis zum 31. Januar 2025 wurden laut aktuellem Geschäftsbericht von insgesamt zirka 181.000 angemeldeten Ansprüchen rund 114.000 verglichen, oder sie erfüllen aus verschiedenen Gründen nicht die Vergleichskriterien. Bayer hofft weiterhin perspektivisch auf ein Grundsatzurteil des obersten US-Gerichts, des Supreme Courts. Allerdings ist offen, ob sich die Richter der Sache überhaupt annehmen werden. Zudem zielt Bayer seit einer Weile durch Lobby-Arbeit auf Gesetzesänderungen ab.

Aufgrund der angehäuften Rechtsstreitigkeiten um Glyphosat erwägt Bayer nun offenbar einen Verkaufsstopp des Unkrautvernichters in den USA, wie mehrere Medien an diesem Montag berichten.

 
 
 
News-Ticker
 
Abda startet neue Kampagne
 

Die Abda startet eine neue Kampagne. „Weil es um Menschen geht“, steht unter vier neuen Porträts. Präsident Thomas Preis erklärte, dass man nach der Bundestagswahl und während der Regierungsbildung der Gesellschaft und der Politik „authentisch und emotional“ verdeutlichen will, „wie wichtig die Kompetenzen und Leistungen der Apothekerinnen und Apotheker für die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung sind“. Mit den Motiven und den dazugehörigen Slogans soll der Fokus auf die wohnortnahe Arzneimittelversorgung gelegt werden, die tausende Apothekenteams Tag und Nacht sicherstellen, so Preis. Die Motive werden in den kommenden Wochen laut Kommunikationschef Benjamin Rohrer sowohl auf den Social-Media-Kanälen als auch auf Werbeflächen im öffentlichen Raum präsentiert. (DAZ)

 

Verbot von
Rx-Versandhandel
 

Ein Rx-Versandhandelsverbot wäre europa- und verfassungsrechtlich zulässig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, dass die Freie Apothekerschaft (FA) in Auftrag gegeben hat. Ausgearbeitet wurde es von den Rechtsanwälten Fiete Kalscheuer und Nicolas Harding von der Kanzlei Brock Müller Ziegenbein, wie die FA am Freitag vergangener Woche mitteilte. Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft fordert daher die neue Regierung auf, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten zu verbieten. Noch gebe es Präsenzapotheken in Deutschland, die für eine hinreichend sichere Arzneimittelversorgung in Deutschland sorgen könnten. Bald aber ließe sich das Apothekensterben in Deutschland nicht mehr aufhalten. (DAZ)