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Liebe Leserinnen und Leser,
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CDU-Chef Friedrich Merz will die Regierungsbildung bis Ostern abgeschlossen haben. Am 23. April würde er sich dann am liebsten zum Bundeskanzler wählen lassen. Hinter den Kulissen wird zumindest fleißig an der Koalition zwischen Union und SPD geschmiedet und am Wochenende haben einige Arbeitsgruppen wohl schon ihre Arbeit beendet.
Laut Presseberichten von diesem Morgen hakt es aber noch bei der Steuer- und Migrationspolitik. Das Thema Gesundheit taucht als Zankapfel nicht auf. Ist das ein gutes oder eher ein schlechtes Zeichen? Genau lässt sich das noch nicht sagen, denn die Parteien haben sich strikte Geheimhaltung verordnet.
Konkret hingegen wird es, wenn man sich die jüngste Apokix-Umfrage anschaut. Die zeigt: Die Apothekeninhaberinnen und -inhaber wissen nicht nur, was sie von der neuen Regierung erwarten. Sie haben auch einen Wunsch, wer das Bundesgesundheitsministerium leiten soll.
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Herzliche Grüße, Ihr Matthias Köhler DAZ-Redakteur
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Dämpfer für Wellster-Plattform
„Golighter“
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Von Julia Borsch und Kirsten Sucker-Sket
Im Internet finden sich zahlreiche Plattformen, die unter dem Deckmäntelchen der Telemedizin das Ziel verfolgen, unkompliziert verschreibungspflichtige Arzneimittel an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen. Die „ärztliche Behandlung“ besteht im Ausfüllen eines Fragebogens. Die kooperierende Versandapotheke liefert die gewünschten Arzneimittel wie Cannabis oder „Abnehmspritzen“. Den Betreibern solcher Plattformen hat die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) den Kampf angesagt.
Jüngstes Ziel: die Wellster Healthtech Group, ein großer in München ansässiger Player im Telemedizin-Markt, der unter anderem Plattformen wie „Spring“ (Erektionsprobleme) oder „my Summer“ (Frauengesundheit) betreibt. Zu seinem Plattform-Portfolio zählt auch „Golighter“, die jetzt im Fokus steht. Hier geht es, wie der Name unschwer erkennen lässt, um einen einfachen Weg zu „Abnehmspritzen“, also GLP-1-Agonisten zur Gewichtsreduktion. Das Rezept gibt es von der in Irland ansässigen „Online-Arztpraxis“ Wellster Medical.
Werbung für Rx-Arzneimittel
Über Google-Suchen zu den einschlägigen Arzneimitteln landet man schnell bei gesponserten Links von „Golighter“ mit Aussagen wie zum Beispiel „Abnehmspritze sofort lieferbar“. Auf der Webseite finden sich dann konkrete Angebote für Wegovy® und Munjaro®. In den Augen der Kammer handelt es sich bei diesem Angebot im Web um unzulässige Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach § 10 Heilmittelwerbegesetz (HWG).
TV-Spot mit irreführenden Aussagen
Darüber hinaus hat die AKNR eine Reihe von Einwänden gegen einen Werbespot, der Ende Januar dieses Jahres im Fernsehen lief. Darin bezeichnete sich „Golighter“ unter anderem als „Internet-Apotheke“ – das sei irreführend und wettbewerbswidrig (§ 5 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG), weil Wellster selbst keine Apotheke sei, sondern nur mit einer kooperiere, so die AKNR. Die beteiligte, in den Niederlanden ansässige Versandapotheke in Bad Neuschanz (BNS) gehört hingegen zum Wellster-Konzern.
Auch die Aussage „ganz einfach online Rezept anfragen, Medikamente bestellen und Wunschgewicht erreichen“ findet die Kammer irreführend, weil nicht darauf hingewiesen werde, dass die Anwendung der Präparate bestimmte Voraussetzungen habe.
Zudem verstoße es gegen das Heilmittelwerbegesetz (§ 3 Satz 2 Nr. 2a HWG), wenn ein „Wunschgewicht“ in Aussicht gestellt werde. Denn es werde ein bestimmter Erfolg als sicher dargestellt, obwohl er das nicht sei. Außerdem werde nicht erwähnt, dass der Erwerb der Präparate unter dem Vorbehalt einer ärztlichen Prüfung stehe.
Unzulässige Rezeptzuweisung
Und damit nicht genug der Klagepunkte: Weiter stört sich die AKNR daran, dass am Ende des „Bestellvorgangs“ der Kunde zwar die Wahl hat, bei einer zum Konzern gehörenden Internet-Apotheke zu bestellen (1 bis 3 Werktage) – oder sich das Rezept schicken zu lassen (5 bis 7 Werktage). Allerdings sei diese Wahlfreiheit in dieser Gestaltung eingeschränkt. Wer das Rezept geschickt bekommen möchte, um es in einer Apotheke vor Ort einzulösen, wird aufgefordert, sich telefonisch mit einem Kundenservice in Verbindung zu setzen. Laut AKNR gelangt man unter der angegebenen Nummer aber nur zu einem Anrufbeantworter, der mitteile, dass alle Leitungen belegt seien. Kurzum: Die AKNR sieht hier eine unzulässige Zuweisung von Verschreibungen nach § 11 Apothekengesetz (ApoG).
Gericht erlässt einstweilige Verfügung im Sinne der AKNR
All diese aus ihrer Sicht verübten Rechtsverstöße adressierte die AKNR in ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Wellster Group, dem das Landgericht München I am 18. März nach mündlicher Verhandlung in einem Endurteil stattgegeben hat (Az.: 1 HK O 1338/25). Wellster war zwar allen Punkten des Antrags entgegengetreten – doch die vorgebrachten Argumente konnten das Gericht nicht überzeugen. Es untersagte Wellster sämtliche von der AKNR monierten Angebote im Web ebenso wie die angegriffenen Aussagen im Werbespot. Es folgt ganz der Auffassung der Kammer und spart dabei trotz Eilverfahren auch nicht an ausführlichen Begründungen.
An der Dringlichkeit, die für eine einstweilige Verfügung gegeben sein muss, zweifelt das Gericht ebenfalls nicht. Für jede Zuwiderhandlung gegen die Vorgaben des Gerichts droht Wellster nun ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft. Allerdings ist die Entscheidung nicht rechtskräftig, noch kann das Unternehmen Beschwerde einlegen.
Bettina Mecking, Geschäftsführerin und Justiziarin der AKNR, freut sich über die Entscheidung: „Bereits Anfang März hatten wir vor dem Landgericht München I Erfolg, als es um Werbung für die Abnehmspritze ging. Nun haben auch andere Richter desselben Gerichts, nämlich die 1. Kammer für Handelssachen, im Sinne der Patienten und optimaler Versorgung zu unseren Gunsten entschieden.“
Nun will die AKNR auf die Politik zugehen. Sie wünscht sich eine Registrierungspflicht ausländischer Dienstleister mit Benennung eines Vertreters im Inland. „Denn für das, was sich Internetplattformen leisten, müssen sie endlich auch Ross und Reiter in Deutschland nennen, die man persönlich zum Schutz der Verbraucher belangen kann“, erklärt Mecking. Das Internet dürfe auch im Gesundheitsbereich kein rechtsfreier Raum sein. „Denn wenn es schiefgeht, dann sind wieder die Apotheken vor Ort gefragt.“
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Foto: IMAGO / Political-Moments
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Wer ist Wunschkandidat für das Amt des Gesundheitsministers?
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Von Matthias Köhler
An diesem Montag sollen die für die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD eingesetzten Arbeitsgruppen ihre Arbeit abschließen. Den jüngsten Berichten zufolge gibt es allerdings bei einigen Themen noch weiteren Verhandlungsbedarf.
Wie auch immer: Die schwarz-rote Koalition wird von der Apothekerschaft favorisiert, wie aus der jüngsten Apokix-Umfrage hervorgeht. 68 Prozent der befragten Apothekeninhaberinnen und -inhaber sagten, CDU und SPD sollten eine Koalition bilden.
Weit abgeschlagen mit sechs Prozent liegt eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Fünf Prozent sagen, es ist ihnen egal, welche Parteien zu einer Regierung zusammenkommen.
CDU soll Gesundheitsressort übernehmen
Weitgehend einig sind sich die Apothekeninhaberinnen und -inhaber darin, dass die CDU das Ressort Gesundheit übernehmen soll. 81 Prozent sagen das. Acht Prozent wollen einen parteilosen Minister. Nur ein Prozent der Befragten will noch einmal einen Sozialdemokraten in dem Amt sehen.
Einen Wunschkandidaten für das Ressort Gesundheit haben die Befragten auch: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Auf Tino Sorge, Judith Gerlach oder Hendrik Streeck fallen nur wenige Stimmen.
Hauptsache jemand vom Fach
Es gibt auch Stimmen, die sagen, dass das egal ist, und man mit jedem wird umgehen können. Einen Fachmann, der die Probleme im Gesundheitswesen auch aus der Praxis kennt und die Arbeit der Apotheken vor Ort respektiert, wünschen sich jedoch viele der Befragten.
Die Anpassung des Apothekenhonorars rangiert dabei in der Prioritätenliste an oberster Stelle. 91 Prozent der Befragten sagte, die habe „höchste Priorität“. Eine strengere Regulierung und Kontrolle der EU-Versender folgt mit 80 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von Bürokratieabbau (65).
Rabattverträge (43), Maßnahmen gegen Lieferengpässe (41) oder die Schaffung zusätzlicher Schulen bzw. Schulplätze für die PTA-Ausbildung liegen im Mittelfeld. Der Aufbau einer staatlichen Notfallreserve für wichtige Arzneimittel (16), erleichterte Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen für pharmazeutisches Personal (16) und die Ausweitung der Entscheidungsbefugnisse für PTA (8) sind die Schlusslichter.
Erwartungen sind hoch
Die Erwartungen an die neue Bundesregierung sind hoch. 99 Prozent der Inhaberinnen und Inhaber wollen ein klares Bekenntnis zu den Vor-Ort-Apotheken. 98 Prozent erwarten, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung bereits in den Koalitionsgesprächen thematisiert und auch im -vertrag verankert wird. Genauso viele wollen auch schon die Erhöhung des Apothekenhonorars dort sehen.
Die Beurteilung der gegenwärtigen Geschäftslage bleibt im Vergleich zum vergangenen Jahr hoch. Der Index liegt wie schon im Februar bei 75 und damit 15,8 Punkte höher als im März 2024.
Noch größer ist der Unterschied zum Vorjahr bei dem Index für die erwartete Geschäftsentwicklung. Der Wert liegt bei 59,1 und damit 18,3 Punkte höher als im vergangenen Jahr. Im Vergleich zum Vormonat ist er allerdings um drei Punkte gefallen.
Von einer ausgeglichenen oder sogar positiven Stimmung sind die Befragten jedoch immer noch weit entfernt. Die würde bei einem Indexwert von 100 oder mehr vorliegen.
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Foto: IMAGO / Norbert Neetz
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Stadas Kapitalmarkthistorie – Das Börsenjojo
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Von Thorsten Schüller
Die jüngst bekannt gewordene Verschiebung des Börsengangs von Stada ist nicht die erste Wendung in der wechselvollen Kapitalmarktgeschichte des Bad Vilbeler Arzneimittelherstellers. Nachdem der Konzern viele Jahre börsennotiert gewesen war, wurde das Papier 2020 vom Parkett genommen, bis im vergangenen Jahr ein erneuter Börsengang ins Gespräch kam. Dessen aktuelle Absage muss nicht endgültig sein.
Für Anleger gibt es eine eingängige Börsenweisheit: Hin und her macht Taschen leer. Will heißen: Wer vielfach Aktien kauft und wieder verkauft, droht durch die damit verbundenen Gebühren letztlich eher Geld zu verlieren als zu verdienen.
Ein Börsen-Hin-und-Her gibt es auch bei dem Bad Vilbeler Arzneimittelhersteller Stada. Im Gegensatz zur Praxis mancher Kleinanleger geht es den Akteuren dabei allerdings darum, mit ihren Kapitalmarktwendungen möglichst viel Geld zu verdienen. Doch der Reihe nach:
Die 1895 als Genossenschaft für Apotheker gegründete Stada – das Kürzel steht für Standardarzneimittel Deutscher Apotheker – wurde 1970 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Anteilsscheine des Unternehmens wurden damals allerdings nur an Apotheker und nur als vinkulierte Namensaktien ausgegeben. Nachdem diese Beschränkung 1993 aufgehoben worden war, wurden die Papiere auf dem freien Kapitalmarkt gehandelt. Fortan konnte jeder Stada-Aktien erwerben.
Verkauf an Bain Capital und Cinven
Rund 25 Jahre später war damit wieder Schluss. Im April 2017 unterzeichnete Stada nach einer Bieterschlacht eine Vereinbarung zur Übernahme durch ein Konsortium der Investmentfirmen Bain Capital und Cinven. Das klappte erst im zweiten Anlauf, da anfangs die dafür nötige Quote an angedienten Aktien nicht erreicht wurde. Im November 2018 erreichten Bain Capital und Cinven nach einem leicht verbesserten Übernahmeangebot schließlich eine Mehrheit von 93,67 Prozent der Aktien und zahlten damit letztlich rund 5,3 Milliarden Euro für Stada.
Da sich die übrigen rund sechs Prozent der Anteile noch im Streubesitz befanden, leitete Stada ein Delisting ein. Doch erst am 6. November 2020 wurde der Squeeze-Out der letzten freien Aktionäre wirksam und damit der Börsenhandel endgültig eingestellt.
Nachzahlungsansprüche von Aktionären
Der damalige Übernahmeprozess hat Nachwehen, die bis heute spürbar sind. Nach Ansicht der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) haben zahlreiche Aktionäre und damit auch Apotheker Nachzahlungsansprüche aus dem Übernahmeangebot von 2017. Demnach wurde den Stada-Aktionären am 19. Juli 2017 ein Übernahmeangebot zum Erwerb ihrer Aktien zum Preis von 66,25 Euro je Anteilsschein unterbreitet. Dahingegen verpflichtete sich am 30. August 2017 der damals an Stada beteiligte US‑Hedgefonds Elliott, dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zuzustimmen, wenn die Höhe der Abfindung mindestens 74,40 Euro je Stada-Aktie beträgt.
Nach den Ausführungen von SdK-Anwalt Michael Siegle fühlten sich mehrere ehemalige Aktionäre, die das ursprüngliche Übernahmeangebot angenommen hatten, betrogen und verlangten per Klage den Differenzbetrag zwischen dem Angebotspreis und der Abfindung von 74,40 Euro. Das sah auch der Bundesgerichtshof im Fall von zwei Klägerinnen so. Demnach stehe der Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages von 8,15 Euro je Aktie allen ehemaligen Aktionären der Stada AG zu, die ihre Aktien im Rahmen des Übernahmeangebotes zu 66,25 Euro angedient hatten. Die SdK kündigte daraufhin an, eine Sammelklage zu initiieren.
Suche nach Käufer
Derweil deutete sich 2024 in der Kapitalmarktgeschichte von Stada eine neuerliche Wendung an. Nach Medienberichten hatten die Stada-Eigentümer Bain Capital und Cinven schon länger Gespräche über einen Verkauf mit anderen Finanzinvestoren geführt. Doch der Prozess zog sich hin, offenbar fand sich kein Käufer, der genug Geld bot. Alternativ hatten sich die beiden Investorengesellschaften stets auch die Option eines Börsengangs offengehalten.
Das scheint zumindest für den Augenblick nicht mehr zu gelten. Mehrere Medien hatten zuletzt übereinstimmend berichtet, dass der geplante Börsengang wegen des unsicheren Marktumfeldes erstmal abgesagt sei.
Kräftiges Wachstum
Der Zeitpunkt für Bain und Cinven, sich von ihrem Investment wieder zu trennen, scheint jedenfalls günstig zu sein. Unter den aktuellen Besitzern und dem seit 2018 amtierenden Vorstandsvorsitzenden Peter Goldschmidt ist Stada stark gewachsen. Lag der Umsatz 2018 noch bei 2,3 Milliarden Euro und der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei 530 Millionen Euro, stieg der Erlös 2024 um neun Prozent auf gut vier Milliarden Euro, während das Ebitda um elf Prozent auf 886 Millionen Euro zulegte. Wer immer Stada kaufen will, sei es als Ganzes oder in Form von Börsenanteilsscheinen, wird also einen entsprechenden Preis zahlen müssen.
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Seyfarth mit Vorschlägen zu Soforthilfen
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Von Christina Grünberg
Ein Autorenteam um den Vorsitzenden des Hessischen Apothekerverbands, Holger Seyfarth, gibt einen eigenen Impuls für die Diskussion um ein Sofortprogramm zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage der Apotheken. Unterzeichnet haben das Papier neben Seyfarth auch der AWA-Herausgeber Professor Reinhard Herzog, der Ökonom Professor David Matusiewicz, die ehemalige Berliner Kammerpräsidentin Dr. Kerstin Kemmritz, der Apotheker und Gesundheitsökonom Björn Kersting, der ehemalige Pharmazierat Ulrich Ströh, die Juristin Daniela Klahn sowie der Ökonom Dominik Klahn.
Erst Sofortprogramm, dann Reformen
Zunächst betonen die Verfasserinnen und Verfasser den hohen Stellenwert, den öffentliche Apotheken in der Gesundheitsversorgung der Menschen in Deutschland einnehmen, und pochen darauf, dass deren wirtschaftliches Fundament zwingend gestärkt werden müsse – „und zwar sehr kurzfristig im gebotenen Umfang“. Es gelte schnell zu handeln, damit eine finanzielle Stärkung bereits ab Juni ihre Wirkung entfalten kann. „Erst danach können Reformvorhaben, die das Aufgabenspektrum erweitern, angegangen und umgesetzt werden“, schreibt das Team.
Zu diesem Zweck wollen Seyfarth und Kollegen unter anderem an den Honorartopf für pharmazeutische Dienstleistungen heran. Von den 400 Millionen Euro, die dort „ungenutzt“ liegen, sollen 300 Millionen Euro verwendet werden, um kurzfristig eine Erhöhung des Fixums um 1,20 Euro netto je Rx-Packung gegenzufinanzieren, ehe die Krankenkassen die Kosten in voller Höhe tragen müssen. Die verbleibenden 100 Millionen Euro möchten die Autorinnen und Autoren in einen neu zu schaffenden Sicherstellungsfonds stecken, dessen Mittel gezielt zur Vermeidung oder Überwindung von Unterversorgungen verwendet werden sollen.
Exklusives Recht zur Abgabe von Genusscannabis
Zudem fordert das Team ein exklusives Recht für Apotheken zur Abgabe von Genusscannabis. „Daraus resultierende Erträge bieten ein überraschend interessantes Standbein, das die Abhängigkeit vom GKV-System reduziert“, heißt es in dem Papier. Weitere Aufgaben, die Apotheken zusätzlich zur Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übernehmen könnten, sind aus Sicht der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner eine Lotsenfunktion für Patientinnen und Patienten im Gesundheitswesen, ein Beitrag zur Sicherstellung der Grundversorgung, pharmazeutische Dienstleistungen, Prävention und Bereitstellung von Gesundheitsinformationen. Überdies sollen marktübliche Großhandelsskonti wieder zugelassen werden.
Finanziell versprechen sich die Autorinnen und Autoren folgende durchschnittliche Effekte je Apotheke und Jahr:
- Skontogewährung: 23.500 Euro
- Erhöhung des Festzuschlags: 56.400 Euro
- Absenkung des Kassenabschlags von 2 Euro auf 1,77 Euro (bereits wirksam): 7410 Euro
Dem Cannabisgeschäft schreiben sie ein Marktpotenzial von insgesamt 665 Millionen Euro bis 4,5 Milliarden Euro pro Jahr zu, rechnen aber aufgrund des Abstimmungs- und Diskussionsbedarfs nicht mit einer zeitnahen Umsetzung und grenzen diesen Punkt daher von den anderen ab. Ohne Berücksichtigung der Cannabis-Abgabe geht das Team von einem durchschnittlichen Honorarplus je Apotheke und Jahr in Höhe von 87.310 Euro aus. Die GKV würde demnach im ersten Jahr um 800 Millionen Euro belastet, ab dem zweiten Jahr um 1,1 Milliarden Euro.
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Leistungserbringer legen Vision für besseres Gesundheitssystem vor
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Von Deutsche Apotheker Zeitung
Die vier führenden Verbände in der Gesundheitsversorgung fordern von der kommenden Regierung „und allen voran“ vom „zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz" einen Politikwechsel in der Gesundheitspolitik. In einer gemeinsamen Pressemitteilung teilten Abda, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) am Mittwoch vergangener Woche mit, man habe eine „Allianz für ein starkes, resilientes Gesundheitssystem“ geschlossen.
Sieben Punkte
In einem Positionspapier werden sieben Punkte einer Vision für eine bessere Gesundheitspolitik skizziert: Erstens Nachhaltige Finanzierung, zweitens weniger Bürokratie, bessere Versorgung, drittens Digitalisierung als Chance nutzen, viertens Prävention stärken, fünftens ambulant vor stationär, sechstens starke Selbstverwaltung und Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe und siebtens Weltoffenheit und Werteorientierung.
Die Zeit unter Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird stark kritisiert. Namentlich wird er nicht genannt, aber die Leistungserbringer erklären, dass die Gesundheitspolitik der vergangenen Legislaturperiode geprägt gewesen sei „durch ein bisher nicht gekanntes Maß an Misstrauen und fehlendem Respekt gegenüber der Arbeit der Selbstverwaltung, aber auch gegenüber den Leistungserbringern in Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken“.
Kritik an Lauterbach
Politische Entscheidungen seien ohne Mitwirkung der Selbstverwaltung getroffen worden und wären „eine erhebliche Gefährdung für die Patientenversorgung in Deutschland“, da sie jenseits praktischer Erfahrung und ohne Auswirkungsanalyse zustande gekommen seien.
„Mit unserem gemeinsamen Papier senden wir ein deutliches Signal der Geschlossenheit an die neue Bundesregierung“, so Abda-Präsident Thomas Preis. „Die neue Koalition muss mit Blick auf den demographischen Wandel die gesamte wohnortnahe Gesundheitsversorgung schnell stabilisieren, anstatt sie – wie es seit Jahren beispielsweise bei den Apotheken der Fall ist – von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abzukoppeln.“
AOK: Viele Fragen bleiben offen
Die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, kritisierte in einer Reaktion noch am selben Tag, dass das Positionspapier „viele Fragen offenlässt“. Es bewege sich an vielen Stellen auf einer „hohen Abstraktionsebene“, auch wenn es viele „wichtige und zentrale Themen“ anspreche.
Sie betonte: „Wir können nur ausgeben, was wir auch einnehmen.“ Es brauche wegen der „desolaten Finanzlage“ der GKV „schnelle Maßnahmen“, und da müssten „alle ihren Beitrag leisten – auch Ärztinnen und Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser“. In diesem Zusammenhang wies Reimann noch einmal auf ein vor kurzem veröffentlichtes Positionspapier der AOK hin.
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Apothekenproteste in England ab 1. April
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Von Michael Zantke
Auch in England ist die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken prekär. Deshalb ruft die National Pharmacy Association (NPA) nun zu Protestaktionen ab dem 1. April auf. Insgesamt knapp 6000 Apotheken in England werden aufgefordert, ihre Öffnungszeiten einzuschränken und das Dienstleistungsangebot zu reduzieren, berichtete das Fachportal chemistanddruggist.co.uk (C+D). Zudem sollen bestimmte Datenabfragen verweigert werden, heißt es.
Im November vergangenen Jahres hatten sich 99 Prozent der NPA-Mitglieder für Protestmaßnahmen ausgesprochen, sollte sich keine Verbesserung bei der Apothekenfinanzierung abzeichnen. Es wären die ersten Apothekenproteste in der 104-jährigen Geschichte der NPA: „Jede Apotheke muss selbst entscheiden, welche Maßnahmen sie sicher ergreifen kann, und die Patienten und die lokalen NHS-Gremien über alle Änderungen informieren, um die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten“, stellte die NPA klar. Apotheken, die ihr Serviceangebot oder ihre Öffnungszeiten aus Protest reduzieren wollen, müssen den Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) darüber fünf Wochen im Voraus informieren.
Lage droht sich ab April zu verschlechtern
Durch steigende Löhne und höhere Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber sowie höhere Unternehmenssteuern drohe sich die Lage der Apotheken ab April weiter zu verschlechtern, warnte der NPA-Vorsitzende, Nick Kaye.
Zuvor hatte der britische Gesundheitsminister Wes Streeting (Labour-Partei) erklärt, die Regierung stehe kurz vor dem Abschluss eines neuen Apothekenvertrags. Kaye sagte, er hoffe, „dass in den nächsten drei Tagen ein großartiges Finanzierungsabkommen zustande kommt und wir am 1. April nichts tun müssen.“ Im November hatte Streeting die NPA für die angekündigten Proteste kritisiert. Derartiges „Säbelrasseln“ sei wenig hilfreich, hieß es damals.
Protestaktionen bereits im Juni 2024
Bereits im Juni 2024 hatten viele Apotheken in England ihre Offizinen verdunkelt und die Apothekenteams trugen schwarze Kleidung. Im September wurden Glocken geläutet, um auf die Lage der Apotheken aufmerksam zu machen. Nun sollen offenbar schwerere Geschütze aufgefahren werden, um die Apotheken zu retten.
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KV Nordrhein klagt gegen Teleclinic
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Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) lässt laut einer Pressemitteilung vom 21. März das Geschäftsmodell der Münchener Teleclinic GmbH juristisch prüfen. Es heißt, eine entsprechende Klage sei kürzlich vor dem Landgericht München eingereicht worden. Sie sieht in ihm erhebliche Risiken für die Patientengesundheit und hinterfragt zudem den Umgang mit den auf der Plattform erfassten personenbezogenen und sensiblen Gesundheitsdaten. Ebenso läuft es der KV zuwider, dass Krankenkassen Verträge mit der Teleclinic schließen, „die offenbar dazu führen, dass Versicherte dieser Gesetzlichen Krankenkassen in der Behandlung bevorzugt werden“. Teleclinic gehört zu DocMorris. Die Apothekerkammer Nordrhein hatte die Plattform auch schon ins Visier genommen. (DAZ)
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Glyphosat: Weitere Niederlage für Bayer
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In einem Rechtsstreit um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter „Roundup“ haben US-Geschworene den Agrarchemie- und Pharma-Konzern Bayer zu knapp 2,1 Milliarden US-Dollar (1,9 Milliarden Euro) Schadenersatz verurteilt. Das teilten die Anwälte des Klägers am Wochenende auf Nachfrage mit. Die Summe beinhaltet 65 Millionen Dollar Schadenersatz sowie zwei Milliarden Dollar sogenannten Strafschadenersatz. Der Kläger macht Glyphosat für seine Krebserkrankung verantwortlich. Das Urteil fiel im US-Bundesstaat Georgia. Bayer kündigte Berufung gegen die Entscheidung an. Die Entscheidung stehe im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Bewertungen der Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt. (dpa/DAZ)
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