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Liebe Leserinnen und Leser,
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die Nachricht ist mit Vorsicht zu genießen: Tino Sorge hat das Rennen gemacht und wird neuer Bundesgesundheitsminister. So steht es zumindest in einem Besetzungspapier, das die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihre Hände bekommen haben will. Von dem sie aber auch gesteht, dass es bislang niemand kommentieren will.
Für die Apothekerschaft wäre er sicherlich eine gute Wahl. Man pflegt bislang eine gute Beziehung. Er war einer der größten Kritiker der Lauterbachschen Apothekenreform und machte wiederholt deutlich, dass sich beim Fixum etwas tun muss.
Aber: Nun sind die Erwartungen groß, übrigens nicht nur in der Apothekerschaft. Enttäuschung nicht ausgeschlossen. Die entscheidende Frage wird am Ende sein, ob es Geld gibt. Denn von guten Beziehungen kann man sich nichts kaufen.
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Herzliche Grüße, Ihr Matthias Köhler DAZ-Redakteur
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Foto: IMAGO / Future Image
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Sorge soll neuer Bundesgesundheitsminister werden
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Tino Sorge soll neuer Gesundheitsminister werden. Das steht zumindest in einem in Berlin kursierenden Papier, über das die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) an diesem Montagmorgen berichtet. Laut der Tageszeitung sei die Liste nicht bestätigt und es wollte sich „niemand von Gewicht“ dazu äußern.
Sorge war in der vergangenen Legislaturperiode gesundheitspolitischer Sprecher der CDU im Bundestag. Der Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt ist der Apothekerschaft gut bekannt. Er war zuletzt eines der Mitglieder der Arbeitsgruppe Gesundheit, die die Verhandlungen zum Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vorbereitete.
Sorge: Beim Fixum muss etwas passieren
In einem Interview mit der Deutschen Apotheker Zeitung hatte Sorge noch Anfang Februar erklärt, dass klar sei, „dass beim Fixum etwas passieren muss“. Er wolle sich dazu mit der Apothekerschaft an einen Tisch setzen und schauen, was realistisch ist. Laut den Ergebnissen der AG Gesundheit ist eine Erhöhung auf 9,50 Euro geplant.
Allgemein kündigte er einen „neuen Politikstil“ an. Probleme sollten im Dialog mit den Beteiligten gelöst werden und nicht über deren Köpfe hinweg.
Bereits im Gespräch sagte er, dass die Union das Ministerium gerne übernehmen würde. Allerdings hatte es in den vergangenen Tagen Spekulationen gegeben, dass es wahrscheinlicher sei, dass die SPD das Ressort bekomme. Als nahezu ausgeschlossen galt jedoch, dass wieder der nun nur noch geschäftsführende Minister Karl Lauterbach das Amt erneut übernimmt.
Laumann als Wunschkandidat
Eigentlich war NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann als heißester Kandidat gehandelt worden. Laut der jüngsten Apokix-Umfrage war er auch Wunschkandidat der Apothekeninhaberinnen und -inhaber. Einig waren die Befragten sich zumindest darin, dass die Union das Amt übernehmen soll.
Sorge wäre laut der Liste der einzige Minister aus Ostdeutschland. Dabei war sein Wiedereinzug in den Bundestag nicht selbstverständlich. Sein Direktmandat in Magdeburg verlor er an den AfD-Kandidaten. Am Ende reichte ihm jedoch Listenplatz 4.
Jens Spahn ohne Ministerium
Laut der Liste, auf die sich die FAZ beruft, könnte aber ein früherer Bundesgesundheitsminister leer ausgehen: Jens Spahn soll doch nicht das Wirtschaftsministerium leiten. Diese Aufgabe übernimmt demnach CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Spahn wäre dann ein Kandidat für die Nacholge von Friedrich Merz als Fraktionsvorsitzender.
Wer am Ende die Ressorts leiten wird, wird erst bei Unterzeichnung des Koalitionsvertrags feststehen. Laut dem wahrscheinlich nächsten Bundeskanzler, Merz, soll das bis Ostern geschehen. Zuletzt war aber von einigen Beobachtern infrage gestellt worden, ob der Zeitplan noch einzuhalten ist.
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Foto: IMAGO / Frank Ossenbrink
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Was Union und SPD für Apotheken und Gesundheitswesen planen
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Von Matthias Köhler und Christina Grünberg
Union und SPD wollen das Apothekenfixum auf 9,50 Euro anheben – abhängig vom Versorgungsgrad kann es insbesondere für Apotheken im ländlichen Raum sogar elf Euro betragen. Das geht aus dem Ergebnispapier der AG Gesundheit zur Vorbereitung des Koalitionsvertrags hervor, das am Mittwoch vergangener Woche bekannt wurde.
Darüber hinaus wird das Fremdbesitzverbot bekräftigt und angekündigt, Präventionsleistungen auszubauen, die Abgabe und den Austausch von Arzneimitteln zu erleichtern und die Apotheken von Bürokratie und Dokumentationspflichten zu entlasten.
Nullretaxationen aus formalen Gründen sollen abgeschafft und das Skonti-Verbot aufgehoben werden. Die Vergütung soll zwischen Apothekern und dem GKV-SV ausgehandelt werden. „Auch vereinheitlichen wir die Vorgaben für Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken, insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten“, heißt es in dem Papier. „Den Apothekerberuf entwickeln wir zu einem Heilberuf weiter.“
Wer soll das bezahlen?
Zu den Kosten heißt es in dem Papier, dass die Zuschläge im ländlichen Raum über die Gelder im Topf für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) gegenfinanziert werden sollen. Veranschlagt werden jährlich 75 Millionen Euro. Mit den pDL-Geldern sollen auch die zusätzlichen Aufwendungen bei der Prävention bezahlt werden – sie werden auf 25 Millionen Euro jährlich beziffert.
Zum Wegfall der Nullretaxationen heißt es, dass hier ein „hohes Ausgabenpotenzial“ besteht, da es vom „Apothekerverhalten“ abhängig sei. Die Wiederzulassung der handelsüblichen Skonti hingegen ist für den Bund finanzneutral, „da Verschiebung zwischen Großhandel und Apotheke“. Gerechnet wird mit 15.000 Euro pro Apotheke.
Zügige Umsetzung
Die Erhöhung des Fixums letztlich wird mit 1,155 Milliarden Euro veranschlagt. Gerechnet wird mit einer durchschnittlichen Erhöhung von 1,65 Euro bei 700 Millionen Packungen.
Offenbar wollen sich Union und SPD tatsächlich nicht allzu lange ausruhen. Laut Tabelle soll das erhöhte Fixum zwar erst ab 2026 greifen, die Zuschläge für ländliche Apotheken sowie für Präventionsleistungen sind aber schon für das laufende Jahr eingepreist – zumindest 50 Millionen Euro.
Telemedizin und Telepharmazie
An die geplante Notfallreform der Ampel, in der Versorgungsverträge zwischen Notdienstpraxen und Apotheken vorgehesen waren, wollen Union und SPD anknüpfen. Sollte auch der Passus zu den Apotheken erhalten bleiben, hätte das insbesondere für den apothekerlichen Notdienst erhebliche Konsequenzen.
Immer wieder stellt das Papier auf eine Verbesserung der Versorgung mithilfe digitaler Möglichkeiten ab. So heißt es unter anderem, die Koalitionäre wollen „die flächendeckende Möglichkeit einer strukturierten Ersteinschätzung über digitale Wege in Verbindung mit Telemedizin“ schaffen. Denkbar ist, dass in diesem Zusammenhang auch die assistierte Telemedizin in Apotheken zum Tragen kommen könnte.
Zudem setzen Union und SPD unter anderem auf die Chancen der Telepharmazie: „Rahmenbedingungen und Honorierung für Videosprechstunden, Telemonitoring und Telepharmazie verbessern wir, um die Versorgung flächendeckend sicherzustellen“, schreiben sie.
Überdies soll die elektronische Patientenakte noch im Jahr 2025 flächendeckend zum Einsatz kommen: „hin von einer bundesweiten Testphase zu einer verpflichtenden sanktionsbewehrten Nutzung“, wie es heißt. Die Gematik wollen die Partner zu einer modernen Agentur weiterentwickeln, um im Bereich der Digitalisierung Akteure besser zu vernetzen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bereits vorgelegt.
Wertschätzung für Gesundheitsberufe erhöhen
Neben Apotheken sollen auch Fachärzte im ländlichen Raum unterstützt werden. Sie sollen, wenn sie sich dort niederlassen, entbudgetiert werden und auch beim Honorar profitieren.
Grundsätzlich will die Arbeitsgruppe die Wertschätzung und Attraktivität der Gesundheitsberufe erhöhen. In diesem Zusammenhang ist unter anderem vorgesehen, eine Vergütungsstruktur im praktischen Jahr zu schaffen, die „mindestens dem BAföG-Satz entspricht“, und eine „gerechte und einheitliche Fehlzeitenregelung“ zu etablieren. Zwischen dem praktischen Jahr für Ärzte und Apotheker wird nicht unterschieden.
Pharmastrategie und -dialog sollen fortgesetzt werden
Auch die pharmazeutische Industrie taucht im Ergebnispapier auf: Zum einen sollen die Pharmastrategie und der Pharmadialog fortgesetzt, zum anderen die Leitplanken des AMNOG-Verfahrens weiterentwickelt werden. Die Versorgungssicherheit wollen Union und SPD durch Rückverlagerung von Produktionsstandorten für kritische Arzneimittel und Medizinprodukte nach Deutschland und Europa stärken.
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Wie Abda, Phagro und Rest der Branche reagieren
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Von Matthias Köhler und Kirsten Sucker-Sket
Die am Mittwoch vergangener Woche bekannt gewordenen Ergebnisse der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege kommen bei der Abda grundsätzlich gut an. Man begrüße, dass Union und SPD „die Apotheken in dem geplanten Koalitionsvertrag als erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung anerkennen“, hieß es in einem ersten Statement des Abda-Präsidenten Thomas Preis.
Er mahnt allerdings auch an, dass die Apotheken dieser Aufgabe nur dann gerecht werden könnten, „wenn sie nach zwölf Jahren Honorar-Stillstand endlich wirtschaftlich stabilisiert werden“.
Mit Blick auf den demografischen Wandel sei es auch richtig, Apotheken als heilberufliche Gesundheitszentren zu etablieren, in denen die Menschen auch von neuen Präventionsleistungen profitieren können. „Das senkt die Krankheitslast und verringert somit die Ausgaben der Krankenkassen“, so Preis. Wichtig ist dem Präsidenten, der nicht erst seit seiner Amtsübernahme beharrlich Soforthilfe für die Apotheken fordert: „Die Ergebnisse der Koalitions-Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege müssen jetzt schnell in die Realität umgesetzt werden.“
Der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbands, Stefan Fink, erklärte, die Maßnahmen würden „nach Jahren des politischen Stillstands endlich eine dringend notwendige Anerkennung der Leistungen der Vor-Ort-Apotheken bedeuten – sowohl ideell als auch wirtschaftlich“. Das zeige, dass die Stimme der Apothekerschaft gehört werde und sei ein Erfolg „unserer intensiven politischen Arbeit in den vergangenen Monaten“.
Phagro: Keinen Verschiebebahnhof!
Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels begrüßt, „dass sich Union und SPD zur Stärkung der Apotheken vor Ort bekennen“, sagte der Phagro-Vorsitzende Marcus Freitag gegenüber der DAZ. „Es entspricht deren Bedeutung für die Gesundheitsversorgung, dass es zu einer längst überfälligen Anpassung des Apothekenhonorars kommen soll.“
Mit Blick auf die Wiederzulassung der Skonti sagte Freitag, die Wirtschaftlichkeit des Pharmagroßhandels „darf nicht durch Verschiebebahnhöfe gefährdet werden“. Dafür setze man sich weiter ein.
Zu der geplanten Regulierung des Versandhandels, beispielsweise die Einhaltung von Temperaturvorgaben, sagte Freitag, dass man in diesem Bereich im „Interesse der Patientensicherheit und eines fairen Wettbewerbs dringend vorankommen müsse“.
Die Reaktionen anderer Verbände des Gesundheitswesens sind gemischt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hielt sich bedeckt – man warte ab, was von dem Versprochenen im Koalitionsvertrag landet und wie es dann konkret in den Gesetzen ausformuliert wird. Begrüßt wird, dass Union und SPD die Patientensteuerung angehen, eine Bagatellgrenze von 300 Euro bei Regressforderungen einführen und auch eine Entbudgetierung der Fachärzte unter bestimmten Bedingungen wollen.
Die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth und Markus Beier, mahnten ebenfalls zur Vorsicht, zeigten sich aber zuversichtlich. Sie sehen in dem Thema Patientensteuerung ein klares Bekenntnis zum Primärarztsystem durch Haus- und Kinderärzte.
BKK: Am Ende bleibt nichts
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, begrüßte insbesondere, dass der Bund seine Finanzverantwortung stärker wahrnehmen will. Das bezieht sie auf die Anhebung der Bürgergeld-Pauschalen, die Rückzahlung der Corona-Kosten an die Pflegekassen und die Übernahme der Transformationsfonds-Kosten.
Der Verband kritisiert allerdings, dass „keinerlei Fantasie und Ehrgeiz zur Ausgabenbegrenzung entwickelt“ wurden. Im Gegensatz dazu sei das „Entbudgetierungs-Signal auch in Richtung Fachärzte“ falsch und „der Arzneimittelbereich bleibt komplett von Einsparungen ausgenommen“.
Laut dem Vorstandsvorsitzenden des BKK-Dachverbands, Franz Knieps, benennt das Papier zumindest die größten Probleme der Versorgung. Den Finanzierungsversprechen hingegen glaubt er nicht: „Das hat schon bei besserer Haushaltslage und in politisch ruhigeren Zeiten nicht funktioniert, so dass zu befürchten ist, dass in der jetzigen Situation, in der an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, am Ende wenig bis nichts übrigbleibt“, so Knieps.
VdK: Verhandlungsergebnisse vielversprechend
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) begrüßt, dass sowohl die AG Gesundheit als auch die AG Wirtschaft Pharma stärken wollen. Es brauche aber auch eine Umsetzung. „Wir können jetzt die entscheidenden Weichen stellen für die Zukunft der gesamten Gesundheitswirtschaft – die Treiber sein kann für die wirtschaftliche Erholung und Stärkung ganz Deutschlands“, sagte Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, findet die Verhandlungsergebnisse im Bereich Gesundheit „vielversprechend“. Es komme nun darauf an, die Maßnahmen auch im Koalitionsvertrag zu verankern. „Vor allem die geplante Finanzierung der Krankenhausreform aus dem Sondervermögen ist ein starkes Signal“, so Bentele. An anderer Stelle hätte sie sich konkretere Aussagen gewünscht, beispielsweise die Stärkung pflegender Angehöriger durch einen Pflegelohn. Zudem fehlen Bentele „als große gesellschaftliche Reform“ Vorschläge „zur Verschränkung von PKV und GKV und damit für ein sozial gerechtes Gesundheitssystem“.
Grüne kritisieren „zahlreiche Klientelvorschläge“
Von der Opposition gibt es Kritik. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) sieht in dem Papier „zahlreiche Klientelvorschläge, die erkennbar darauf abzielen, verschiedene Gruppen innerhalb der eigenen Reihen zu besänftigen“. Ihr fehlt eine „realistische und tragfähige Gesundheitsreform“.
Die prognostizierten Einsparungen sind aus ihrer Sicht „illusorisch und decken die deutlich höheren Ausgaben nicht annähernd“. Eine „ehrliche Gesundheitspolitik“ brauche keine leeren Versprechungen, sondern tragfähige Konzepte, die auch in der Praxis Bestand haben, so Piechotta.
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BGH bekräftigt Datenschutz beim Arzneimittelkauf via Amazon
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Von Kirsten Sucker-Sket
Ein langer Rechtsstreit findet sein Ende: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sein Urteil zum Arzneimittelverkauf via Internet-Marktplätze gefällt. Angestoßen hatte die beiden Verfahren der Münchener Apotheker Hermann Vogel jr. bereits im Jahr 2017: Er ging gegen zwei Kollegen in Sachsen-Anhalt vor, die den Amazon Marketplace für den Arzneimittelvertrieb nutzten.
Er rügte zum einen, dass die Apotheker gegen die für Gesundheitsdaten geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstoßen, wenn sie die Kundenbestelldaten – Name, Lieferadresse und die für die Individualisierung des Medikaments nötigen Informationen – ohne ausdrückliche Einwilligung erheben, verarbeiten und nutzen. Aus seiner Sicht handelt es sich hier um sensible Gesundheitsdaten, die einer besonderen Behandlung bedürfen (Art. 9 Datenschutzgrundverordnung - DSGVO). Vogel hielt das Vorgehen seiner Kollegen aber auch für apotheken-, arzneimittel- und heilmittelwerberechtlich unzulässig.
Die beiden Verfahren landeten vor demselben Berufungsgericht, dem Oberlandesgericht Naumburg. Dieses entschied Ende 2019, dass die Regelungen der DSGVO zu Gesundheitsdaten in der konkreten Fallkonstellation als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG anzusehen sind.
In den konkreten Fällen hätten die beklagten Apotheker die nötige Einwilligung zur Verarbeitung nicht eingeholt – damit nahm das Gericht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch an. Einen Verstoß gegen die weiteren – unter anderem apothekenrechtlichen – Vorschriften sah das Oberlandesgericht jedoch nicht.
BGH rief EuGH an
Die Verfahren landeten vor dem BGH, nachdem beide Seiten Revision eingelegt hatten. Der BGH setzte sie allerdings Anfang 2023 erst einmal aus, um den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen. Von diesem wollte er wissen, ob ein einzelner Wettbewerber überhaupt DSGVO-Verstöße vor den Zivilgerichten rügen kann und ob es sich bei den fraglichen Bestelldaten überhaupt um sensible Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DSGVO handelt.
Die Luxemburger Richter*innen entschieden im Oktober 2024, dass es sich bei den Bestelldaten durchaus um Gesundheitsdaten handelt und eine Einwilligung nötig ist – und dass auch ein einzelner Mitbewerber gegen einen DSGVO-Verstoß vorgehen kann.
Schriftliche Urteilsgründe liegen noch nicht vor
Mit dieser Vorgabe war nun der Bundesgerichtshof am Zug. Mit Urteil vom Donnerstag vergangener Woche wies er die Revisionen der beiden Apotheker aus Sachsen-Anhalt ab. Vogels Revision hatte insoweit Erfolg, als er Schadensersatz von seinen Kollegen anstrebte. Sie blieb jedoch erfolglos, soweit sie darauf abzielte, dass der Amazon-Arzneimittelverkauf auch gegen apotheken- und arzneimittelrechtliche Vorschriften verstieß. Da die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorliegen, sind die dahintersteckenden Argumente derzeit noch nicht klar.
Der BGH äußert sich in seiner Pressemitteilung ausschließlich zu den datenschutzrechtlichen Fragen. Er bestätigt, dass Vogel klageberechtigt war. Und: Die Verarbeitung und Nutzung der beim Amazon Marketplace eingegebenen Kunden-Bestelldaten ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Kunden verstößt gegen Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Bei den Bestelldaten handele es sich um Gesundheitsdaten im Sinne dieser Vorschrift – und zwar auch dann, wenn das Arzneimittel nicht ärztlich verschrieben werden muss.
Hermann Vogel zeigte sich in einem ersten Statement gegenüber der DAZ erfreut darüber, dass Plattformen ihre Grenzen aufgezeigt bekommen haben. „Wir sind nicht mit anderen Händlern hier gleichzusetzen!“
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Assistierte Telemedizin in den Startlöchern
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Von Kirsten Sucker-Sket
Bis zum heutigen Montag sollten Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband eine Vereinbarung zu den Details rund um die assistierte Telemedizin treffen. So ist es gesetzlich vorgesehen. Bislang ist allerdings kein Verhandlungsergebnis bekannt. Derweil gibt es Apotheken, die am liebsten sofort mit der assistierten Telemedizin starten würden – und auch die nötige Technik steht bereits.
Vor einem Jahr ist das Digital-Gesetz in Kraft getreten. Mit ihm wollte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) der Digitalisierung im Gesundheitswesen den entscheidenden Anschub geben. Im Mittelpunkt des Gesetzes stand die verbindliche Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA). Aber es hielt auch eine weitere Neuerung für Apotheken parat: Apotheken sollen künftig einen niedrigschwelligen Zugang zur assistierten Telemedizin anbieten können – verpflichtet sind sie dazu aber nicht.
Neue Vorgaben im Sozialgesetzbuch V
Konkret wurde in den für die Apotheken wichtigen § 129 Sozialgesetzbuch V ein neuer Absatz 5h eingefügt, der grob umschreibt, welche Maßnahmen der Gesetzgeber dabei im Sinn hatte: Apotheken sollen Patientinnen und Patienten zur assistierten Telemedizin beraten und bei der Inanspruchnahme anleiten, zudem einfache medizinische Routineaufgaben durchführen, um die telemedizinische Leistung zu unterstützen.
Die Einzelheiten rund um diese neuen Leistungen sowie ihre Abrechnung und Vergütung hat der Gesetzgeber in die Hände der Selbstverwaltung gelegt – und ihr dafür Zeit bis zum 31. März 2025 eingeräumt. DAV und GKV-Spitzenverband hatten also ein Jahr, um das Nähere zu regeln. In diesem Zeitraum war laut Gesetz eine Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) einzuholen und zu berücksichtigen. Am Ende ist die Vereinbarung noch dem Bundesgesundheitsministerium vorzulegen, das sie innerhalb eines Monats beanstanden kann.
Ein gewisser zeitlicher Druck ergab sich dadurch, dass in der Vereibarung auch die Details zu einer weiteren Aufgabe geregelt werden sollen: die Beratung zur Wahrnehmung der Betroffenenrechte rund um die ePA, die Ermöglichung der Einsichtnahme in diese sowie die Durchführung der Löschung von ePA-Daten auf Verlangen des Versicherten. Und eigentlich sollte die ePA ab 15. Februar bundesweit ausgerollt werden.
Konstruktive Gespräche
Nun verschiebt sich der flächendeckende ePA-Start zwar. Und auch der Druck bei der assistierten Telemedizin schien bislang nicht hoch. Doch die gesetzlichen Vorgaben stehen nun einmal: Vor knapp zwei Wochen erklärte eine DAV-Sprecherin auf Nachfrage der Redaktion: „Die Gespräche mit dem GKV-Spitzenverband verlaufen konstruktiv und wir nehmen uns die notwendige Zeit für eine gute Lösung.“ Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands bestätigte an diesem Montag, dass sich die Parteien weiterhin „in konstruktiven Gesprächen“ befänden. „Solange diese Gespräche andauern, können wir darüber hinaus nichts Näheres sagen.“
Wie die Versorgung aussehen kann
Die Schiedsstelle anzurufen, scheint also noch keine Option zu sein. Eine gute Verhandlungslösung ist sicher für alle das Beste. Zugleich ist klar: Einige Apotheken würden gerne so schnell wie möglich loslegen.
Auch die Inhaberin der Berliner Medios Apotheken, Anike Oleski, ist vom Konzept der assistierten Telemedizin überzeugt. Sie lud am vergangenen Freitag in eine ihrer in Charité-Nähe gelegenen Apotheken, um zu präsentieren, wie eine hybride Versorgung bereits möglich wäre – und welche Vorteile das Angebot mit sich bringen könnte. Initiiert wurde die Veranstaltung von Ramin Heydarpour von Pfizer. Mit dabei waren Vertreter der Firmen, die die nötige Technik und Ausstattung (eHealh-Connect und medivice) bzw. den Zugang zu den Ärztinnen und Ärzten (arztkonsultation) liefern.
Der praktische Ablauf
Patienten, die den Service nutzen wollen, stecken ihre elektronische Gesundheitskarte in ein übliches Lesegerät, das Zugang zur Telematikinfrastruktur verschafft, und erhalten dann einen Fragebogen, den sie auf ihrem Handy oder einem anderen Endgerät ausfüllen können. Hier wird geprüft, worum es im Groben geht und ob eine telemedizinische Konsultation überhaupt angezeigt ist. Ist letzteres der Fall, wird in einer geschützten Kabine der Kontakt zur Ärztin oder zum Arzt via Bildschirm hergestellt. Das Apothekenpersonal kann an jeder Stelle helfen, sollte es nötig sein. Dabei können auch Tests oder z.B. eine Blutdruckmessung durchgeführt werden.
Anike Oleski ist von dem Service überzeugt. Immer wieder haben sie und ihr Team es mit Kundinnen und Kunden zu tun, die sie in die Notaufnahme schicken müssen, weil ihr selbst die Hände gebunden sind. Doch Notaufnahmen sind bekanntlich meistens überlastet. Die Telemedizin könnte vielen Patientinnen und Patienten schon weiterhelfen, etwa wenn einfach nur ein Rezept für ein wichtiges Arzneimittel in der Dauermedikation fehlt. Aber das ist noch nicht allen bewusst. Mithilfe der Apotheken könnte ein ärztliches Angebot in Randzeiten geschaffen und auch damit neue Patientengruppen für die Apotheke erschlossen werden. Oleskis Apotheke am Oranienburger Tor hat bis Mitternacht geöffnet und Videosprechstunden sind mittlerweile auch aus dem Homeoffice möglich – samt Zugriff aufs Praxisverwaltungssystem.
Auch Berlins Kammerpräsidentin Ina Lucas begeistern die neuen Möglichkeiten: Wenn die Apotheken Versorger bleiben wollten, müssten sie solche Services anbieten, meint sie. Nicht nur die Apotheken, hätten etwas davon, auch die Patientenkompetenz werde gestärkt und die Notaufnahmen entlastet.
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Bundespolizisten bekommen eGK
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Von Kirsten Sucker-Sket
In der gesetzlichen Krankenversicherung hatte es einige Jahre gedauert, ehe die elektronische Gesundheitskarte (eGK) eingeführt wurde. Sie startete zunächst spärlich ausgestattet und erhielt nach und nach zusätzliche Funktionen. Erst seit Kurzem ist sie zum Schlüssel für erste Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) wie dem E-Rezept geworden.
Nun will auch die Bundespolizei ihren Mitarbeitenden den Zugang zum digitalen Gesundheitswesen ermöglichen. Dazu startet die Behörde ab 1. April mit der Ausgabe von eGKs an die rund 45.000 heilfürsorgeberechtigten Polizistinnen und Polizisten. Sie wird die bisherige Heilfürsorgekarte ersetzen.
Technische Voraussetzungen müssen noch geschaffen werden
Wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in ihren Praxisinformationen vom 27. März mitteilt, ist die Bundespolizei der erste „sonstige Kostenträger“, der auf Bundesebene Vertragspartner der KBV ist, der diese Umstellung vornimmt.
Bis die Polizistinnen und Polizisten die TI-Anwendungen, die gesetzlich Versicherten bereits zugänglich sind, nutzen können, wird es aber noch etwas dauern. Dafür müssten noch weitere technische Voraussetzungen geschaffen werden. Zunächst wird laut KBV nur das Versichertenstammdatenmanagement, das Notfalldatenmanagement sowie der elektronische Medikationsplan – neben dem bundeseinheitlichen Medikationsplan – zur Verfügung stehen.
E-Rezepte, die über die eGK abgerufen werden könnten, gibt es hingegen noch nicht für die Bundespolizistinnen und -polizisten. Ebenso wenig die elektronische Patientenakte (ePA). Beides ist laut KBV aber in Vorbereitung, genauso wie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die ePA werde voraussichtlich erst zum Jahresende für die Bediensteten der Bundespolizei nutzbar sein. In einem aktuellen Podcast der Bundespolizei zum Thema E-Health wird der Herbst für die mögliche Einführung des E-Rezepts in den Blick genommen.
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Rekordschaden durch Betrug im Gesundheitswesen
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Von Deutsche Apotheker Zeitung
Der Schaden durch Betrug im Gesundheitswesen ist bei den Kassen für die Jahre 2022 und 2023 erneut gestiegen: Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung spricht in einer Pressemitteilung an diesem Freitag von über 200 Millionen Euro. In den Jahren 2020 und 2021 waren es demnach noch 132 Millionen Euro.
Die Zahl der eingegangenen Hinweise stieg um rund 21 Prozent auf 49.982 (2020/2021: 39.600 Hinweise). Fast die Hälfte der offenen Forderungen in Höhe von rund 92 Millionen Euro konnten jedoch gesichert werden. Dies ist ein Anstieg um 35 Prozent (2020/2021: 59 Millionen Euro). Das Geld konnte somit wieder für die Versorgung eingesetzt werden, wie der Verband mitteilte.
Zahl der Rezeptfälschungen stark gestiegen
In den vergangenen beiden Jahren habe vor allem die Zahl professionell gefälschter Papierrezepte drastisch zugenommen. Kriminelle würden gefälschte Verordnungen für besonders hochpreisige Arzneimittel (wie z. B. Ozempic oder Mounjaro, aber auch Schmerzmittel wie Fentanyl oder Tilidin) in Apotheken einlösen, die dann zulasten der Kostenträger abgerechnet werden.
„Auch vergleichsweise wenige Fälle verursachen hier im Ergebnis hohe Schadenssummen“, so der Verband. Man hoffe, dass die konsequente Nutzung des E-Rezeptes diese Fälschungen in Zukunft deutlich erschwert.
So sind die mit Abstand höchsten Schäden mit fast 86 Millionen Euro im Leistungsbereich der Arznei- und Verbandmittel entstanden. Dort konnten zugleich mit fast 37 Millionen Euro die höchsten Forderungen gesichert werden.
Alle Leistungsbereiche betroffen
Aber grundsätzlich seien alle Leistungsbereiche betroffen. Zu den Delikten würden vor allem die Abrechnung nicht erbrachter Leistungen (Luftbuchungen) gehören, die Abrechnung erbrachter Leistungen ohne vertragsgemäße Qualifikation, unzulässige Zusammenarbeit oder Urkundenfälschung.
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Brüssel: Pharma Deutschland
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Pharma Deutschland wird zukünftig auch in Brüssel vertreten sein. Am Donnerstag vergangener Woche gründete der Verband eine Anlaufstelle für seine Mitgliedsunternehmen, „die ständig oder punktuell einen besseren Zugang zu europapolitischen Themen wünschen“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Zum Vorsitzenden des neuen Landesverbands wurde Stefan Koch, CEO von MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft mbH, gewählt. (DAZ)
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Sanicare verstärkt das Management
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Die Sanicare-Gruppe ernennt Robert Kosobucki zum Chief Financial Officer. Der 31-Jährige wird sich in der neu geschaffenen Position um die Wachstumsstrategie der Versandapotheke kümmern. Er wird „die Weiterentwicklung des Unternehmens zur Data Driven Company und die Skalierung des Geschäftsmodells“ verantworten, wie es in einer Pressemitteilung von diesem Montag heißt. Kosobucki war zuvor unter anderem bei dem Lieferdienst Bringoo tätig. (DAZ)
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