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Liebe Leserinnen und Leser,
 

 

Hilfsmittel sind in den Apotheken meist kein beliebtes Thema. Auch wenn für die apothekenüblichen die Präqualifizierung weggefallen ist, bleibt in den meisten Fällen wenig Ertrag im Verhältnis zum Aufwand. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Kritik gegeben an den in den Augen der Apothekerschaft schlecht verhandelten Verträgen. Oftmals wird auch gar nicht verhandelt, die Apotheken können beitreten oder nicht.

Gegenüber der IKK classic hat der deutsche Apothekerverband aber nun deutlich gemacht, dass es Grenzen gibt dessen, was die Apotheken akzeptieren können (siehe unten). Er hat nicht nur keine Folgevereinbarung für den auslaufenden Vertrag abgeschlossen, sondern die Verbände raten ihren Mitgliedern auch aktiv ab, dem Rahmenvertrag beizutreten und Einzelverträge sorgfältig zu prüfen. Ein richtiges Zeichen.

Leidtragende werden am Ende die Patient*innen sein. Es wird nicht lange dauern, bis sie in der Apotheke stehen, weil die von irgendwo per Post erhaltene Inhalierhilfe nicht zum in der Apotheke abgegebenen Arzneimittel passt. Von akut benötigten Hilfsmitteln wollen wir besser gar nicht reden. Auch wenn die Kassen dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegen und das Geld gerade knapp ist – noch weiter vorne im SGB V steht folgender Satz: „Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.“ Damit ist das Hilfsmittel-Spardiktat der IKK classic (und auch das anderer Kassen) nicht vereinbar. Und die Zeiten, in denen Apotheken flächendeckend ein Zuschussgeschäft in Kauf nehmen, um der Versorgung willen, sind vermutlich auch vorbei. 

 
Herzliche Grüße,
Ihre Julia Borsch
DAZ-Chefredakteurin
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 
So könnten Apotheken vom Sofortprogramm profitieren

Ab 1. Juli keine Hilfsmittel mehr zulasten der IKK classic

Für welche Arzneimittel droht ein Produktionsstopp?

Seit 1. Juni Mutterschutz nach Fehlgeburt möglich

Kassenärzte: Primärarztsystem macht Sinn für Menschen ab 50

Tabakprodukte mit Aroma: WHO fordert Verbot

News-Ticker
 
 
 
 

So könnten Apotheken vom Sofortprogramm profitieren

 

Von Christina Grünberg

Mit einem Sofortprogramm wollen Union und SPD die Wirtschaft in Deutschland ankurbeln. Sie soll steuerlich entlastet werden und Investitionen sollen an Attraktivität gewinnen. Vergangene Woche wurde das Programm vorgestellt.

Auch wenn Apotheken erwartbar nicht im Sofortprogramm genannt werden, finden sich darin Ansätze, von denen auch sie profitieren könnten. Das gilt zum Beispiel für den Plan, die Stromsteuer zu senken und Netzentgelte zu reduzieren. Apotheken, die ein neues Botendienstfahrzeug benötigen, können möglicherweise die geplante steuerliche Förderung der Elektromobilität nutzen. Für Unternehmen sind weitere Steuererleichterungen vorgesehen, zudem eine Bereitstellung zinsgünstiger Finanzierungen für die mittelständische Wirtschaft. Ob und in welchem Ausmaß Apotheken zu den Begünstigten dieser Vorhaben zählen werden, hängt von der konkreten Ausgestaltung ab.

Darüber hinaus will die Bundesregierung die degressive Abschreibung für Ausrüstungsinvestitionen wieder ermöglichen. Bei der degressiven Methode werden bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie Maschinen, Möbel und Fahrzeuge nach einem unveränderlichen Hundertsatz vom Restbuchwert abgeschrieben. Das bedeutet, dass die Abschreibungen nach der Anschaffung zunächst hoch sind und im Laufe der Jahre fallen. So lassen sich einerseits Wertminderungen realistischer abbilden als bei der linearen Abschreibung, andererseits bietet dieses Verfahren steuerliche Vorteile und soll so die Investitionsfreude der Unternehmen steigern. In wirtschaftlich angespannten Zeiten greift die Politik gern auf diese Möglichkeit zurück und lässt degressive Abschreibungen zeitlich begrenzt zu. Zuletzt war sie etwa während der Coronakrise erlaubt, im Jahr 2024 zudem auf Basis des Wachstumschancengesetzes.

Flexible Arbeitszeiten und Aktivrente

Auch für die Angestellten finden sich interessante Punkte im Sofortprogramm. Zum einen will die Regierung die Pendlerpauschale erhöhen, zum anderen plant sie einen Dialog der Sozialpartner zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten. Näheres führen Union und SPD dazu nicht aus, beziehen sich aber womöglich auf den Koalitionsvertrag. Darin ist vorgesehen, „im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit“ zu schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Des Weiteren strebt die Bundesregierung den Beginn einer großen Rentenreform an, die unter anderem eine sogenannte Aktivrente beinhalten soll. Diese zielt darauf ab, das Arbeiten im Alter attraktiv zu machen: „Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei“, heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Für die Mitarbeitenden in den Apotheken könnte es sich damit lohnen, über den Renteneintritt hinaus in gewissem Umfang weiterhin im Betrieb tätig zu sein. Das wiederum würde letztlich dazu beitragen, die Personalsituation in den Apotheken ein wenig zu entspannen.

Ambitionierter Zeitplan

Wann die Regelungen wirksam werden, dazu äußerte sich Kanzler Merz im Interview mit der Tagesschau. Demnach sollen bestimmte Erleichterungen schon im Sommer greifen – die degressive Abschreibung will die Regierung rückwirkend für das ganze Jahr ermöglichen. Die reduzierte Stromsteuer soll spätestens im Januar 2026 kommen, eventuell schon früher. Man werde einige Gesetze noch vor dem Sommer in den Bundesrat einbringen, kündigte Merz an. Einige habe das Kabinett in dieser Woche bereits passieren lassen.

 

 
 
 

Ab 1. Juli keine Hilfsmittel mehr zulasten der IKK classic

 
Von Christina Grünberg und Julia Borsch

Versicherte der IKK classic, die Hilfsmittel in der Apotheke bezogen haben, müssen sich demnächst nach neuen Lieferanten umsehen. Denn ab 1. Juli 2025 dürfen Apotheken keine Hilfsmittel mehr zulasten dieser Kasse abgeben.

Hintergrund ist, dass die Kasse den bestehenden Versorgungsvertrag mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) mit Wirkung zum 30. Juni 2025 gekündigt hat. Eine Folgevereinbarung kam nicht zustande, da die Vorstellungen der Vertragspartner offenbar zu weit auseinander liegen. Die Konsequenz: Ab Juli wird für die IKK classic in der Apothekensoftware ein Lieferausschluss für Hilfsmittel hinterlegt sein. Darüber informieren jetzt die Verbände. Nur die Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzhilfen kann weiter gehen. Dieser Vertrag ist von dem Streit nicht betroffen und bleibt weiterhin bestehen.

„Trotz intensiver Gespräche kam es auf Bundesebene zu keinem neuen Vertragsabschluss“, schreibt etwa der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) an seine Mitglieder. „Grund dafür ist, dass die IKK classic auf wirtschaftlich nicht tragfähige Konditionen bestand, die für Apotheken nicht akzeptabel sind.“ Mit Blick auf die hohe Zahl der IKK-classic-Versicherten in Nordrhein habe der Verband versucht, auf Landesebene eine Lösung zu finden – jedoch ohne Erfolg.

Rahmenvertrags-Konditionen „wirtschaftlich nicht tragbar“

Auch eine Einzelfallversorgung auf Basis einer Genehmigung sei nicht vorgesehen, heißt es im Rundschreiben des AVNR. Um Versicherte der IKK classic weiterhin mit Hilfsmitteln beliefern zu können, bleibt den Apotheken demnach nur der individuelle Beitritt zum Rahmenvertrag der Kasse. Davon rät der AVNR jedoch ausdrücklich ab: Der Verband habe die angebotenen Vertragsbedingungen intensiv geprüft, auch unter Berücksichtigung günstiger Einkaufskonditionen. Das Fazit: Die Konditionen seien „wirtschaftlich nicht tragbar“ für die Apotheken.

Sofern den Kolleginnen und Kollegen Einzelverträge mit der Kasse vorliegen, empfiehlt der AVNR eindringlich, diese mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und die Rahmenbedingungen sehr sorgfältig zu begutachten. „Wir werden der IKK classic signalisieren, dass wir weiterhin gesprächsbereit sind, wenn die IKK classic an einer qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Versorgung ihrer Versicherten in Nordrhein zu auch für die Apotheken annehmbaren Konditionen interessiert ist.“

Was bedeutet das für die Patient*innen?

Leidtragende werden die Patient*innen sein, insbesondere solche, die Hilfsmittel zur Arzneimittelapplikation benötigen. Dazu gehören beispielsweise Pennadeln und Pens zur Insulinapplikation oder Inhalierhilfen für Dosieraerosole. Bislang wurden üblicherweise beide Rezepte, also das übers Arzneimittel und das übers Hilfsmittel, gemeinsam eingelöst und so Kompatibilität gewährleistet. Und auch die Versorgung mit akut benötigten Hilfsmitteln dürfte nun deutlich schlechter werden.

 
 
 

Für welche Arzneimittel droht ein Produktionsstopp?

 
Von Michael Zantke

 

Die Produktion von Metformin könnte bald eingestellt werden – der Grund ist die neue Kommunalabwasser-Richtlinie der EU (KARL bzw. UWWTD). Die Neuregelung sieht vor, Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetik zu mindestens 80 Prozent an den Kosten für die Nachrüstung einer vierten Filterstufe in Kläranlagen zu beteiligen. Diese soll Spurenstoffe aus dem Abwasser entfernen.

Laut Berechnungen des Marktforschungsunternehmens IQVIA könnten durch die zusätzlichen Abwasser-Abgaben die Herstellungskosten für Metformin um bis zu 445 Prozent steigen. Das Problem ist, dass die zusätzlichen Kosten der Arzneimittelhersteller – aufgrund der Festbetragsregelung – nicht einfach auf das Präparat aufgeschlagen und an die Krankenkassen weitergegeben werden können. Liegt der Preis oberhalb des Festbetrags, muss der Patient die zusätzlichen Kosten in Form von Mehrkosten tragen – wie groß die Bereitschaft dazu bei Diabetikern ist, bleibt fraglich.

Widerstand der Hersteller

Seit der Ministerrat der Europäischen Union im vergangenen November einer Änderung der KARL zugestimmt hat, laufen die Pharmaverbände dagegen Sturm. Sollten sich die Herstellungskosten von Metformin durch die KARL tatsächlich derart stark erhöhen, stellte Josip Mestrovic, Geschäftsführer des Generikaherstellers Zentiva, in Aussicht: „Wenn das wirklich so kommt und sich nichts ändert, werden wir Metformin vom Markt nehmen müssen.“

In der Folge müssten Millionen von Patient:innen auf Insulin umsteigen, was die Kosten der Versorgung von derzeit 350 Millionen auf 1,8 Milliarden Euro erhöhen würde, kalkuliert der Branchenverband Pro Generika.

Auch anderen Arzneimitteln droht das Aus

Durch die Kostenexplosion infolge der KARL ist nicht nur die Produktion von Metformin in Gefahr. Pro Generika sieht auch bei wichtigen Antibiotika die Gefahr von Produktionsstopps aufgrund fehlender Rentabilität. So könnten auch für Amoxicillin die Herstellungskosten um 116 Prozent steigen. Bei dem Schmerzmittel Metamizol kalkuliert IQVIA Kostensteigerungen um bis zu 380 Prozent. Auch Arzneimitteln gegen Epilepsie (Levetiracetam) und Depressionen (Citalopram) droht laut Pro Generika die Einstellung der Produktion.

Schutz von Wasserlebewesen

Ziel der Abwasserreform ist insbesondere ein besserer Schutz von Wasserlebewesen. Diese können durch die Einträge bestimmter Spurenstoffe geschädigt werden. Im Fokus lag in diesem Zusammenhang zunächst vor allem das Schmerzmittel Diclofenac. Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2022 ist Diclofenac für 22,4 Prozent der gemessenen schädlichen Einträge ins Abwasser verantwortlich. Dadurch müssten allein die Hersteller des Schmerzmittels zwischen 20 und 25 Prozent der Kosten tragen. Damit drohen Zusatzkosten in Milliardenhöhe – abhängig davon, was die vorgesehene Nachrüstung der europäischen Kläranlagen dann tatsächlich kosten wird. Pharmahersteller beklagen schon seit längerem, dass die von den politisch Verantwortlichen veranschlagten Kosten, viel zu gering eingeschätzt wurden.

Und noch weitere Wirkstoffe stehen auf der Liste potenziell schädlicher Spurenstoffe für Wasserlebewesen. Seit 2015 führt die EU eine „Watch-List“, die potenziell gefährliche Spurenstoffe verzeichnet. Sie wurde mittlerweile zum vierten Mal überarbeitet. Darauf verzeichnet sind unter anderem Ibuprofen, Estradiol, Triclosan, Carbamazepin und Clarithromycin. Im März wurde die EU-Watch-List um weitere Wirkstoffe ergänzt. Dazu gehören die Antibiotika Norfloxacin, Tetrazyclin, Oxytetrazyclin und Tylosin. Zudem stehen nun auch Amiodaron und Dronedaron, Citalopram, Disulfiram und Fluoxetin, Gemfibrozil und Propranolol im Verdacht, Wasserlebewesen zu schädigen. Metformin wurde bereits im Jahr 2022 in die Liste aufgenommen.

Infolge der KARL drohen also in vielen Bereichen der Arzneimittelproduktion deutliche Kostensteigerungen. Pro-Generika warnte deshalb schon im vergangenen Oktober vor den möglichen Folgen: „Insofern wird Herstellern nichts anderes übrigbleiben, als die Arzneimittel aus dem Portfolio zu nehmen, für die o.g. Kosten anfallen und bei diesen Wirkstoffen aus der Versorgung aussteigen.“

Neue Herausforderungen für Apotheken

Abda-Präsident Thomas Preis bereiten die Aussichten Sorgen: „Wir befürchten, dass durch die neue Abwasserrichtlinie die Lieferfähigkeit besonders bei den preiswerten Nachahmer-Arzneimitteln sich weiter verschlechtern wird“, sagte er der „Rheinischen Post“. Auch für die Apotheken werde dies Folgen haben: „Sie müssen viel Zeit investieren in die Suche nach Ersatzprodukten“.

 
 
Seit 1. Juni Mutterschutz nach Fehlgeburt möglich
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Am 1. Juni ist der gestaffelte Mutterschutz in Kraft getreten.

Erstmals orientiert sich der Mutterschutz damit alleine an der Schwangerschaft der Frau und nicht an der Lebensfähigkeit des Kindes. Anspruch haben abhängig beschäftigte Frauen.

Grundsätzlich gilt nach der Entbindung für Mütter eine achtwöchige Schutzfrist, in der sie nicht arbeiten dürfen. Frauen, die ihr Kind vor der 24. Schwangerschaftswoche durch eine Fehlgeburt verloren haben, steht dieser Mutterschutz nach bisheriger Rechtslage nicht zu. Leistungen sind nur für Totgeburten vorgesehen, also Fehlgeburten, die nach der 24. Woche erfolgen oder wenn das Kind mindestens 500 Gramm wiegt. Betroffene mussten sich daher bislang von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt krankschreiben lassen, wenn sie Zeit brauchten, um das Ereignis zu verarbeiten.

Doch das ändert sich nun. Die neue Staffelregelung bedeutet: Je länger die Schwangerschaft gedauert hat, desto länger dauert auch die Schutzfrist bei einer Fehlgeburt.

Künftig ergeben sich folgende Ansprüche:

  • Ab der 13. Schwangerschaftswoche: Anspruch auf bis zu zwei Wochen Mutterschutz
  • Ab der 17. Schwangerschaftswoche: Anspruch auf bis zu sechs Wochen Mutterschutz
  • Ab der 20. Schwangerschaftswoche: Anspruch auf bis zu acht Wochen Mutterschutz

Das Beschäftigungsverbot gilt jedoch nur, wenn sich die Betroffene nicht ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt.

Während der Schutzfristen haben Frauen Anspruch auf Mutterschaftsleistungen. Die Dauer der Leistungen richtet sich nach der Schutzfrist.

Die neue schwarz-rote Regierungskoalition hat sich noch mehr Mutterschutz vorgenommen. In ihrem Koalitionsvertrag kündigt sie an, einen Mutterschutz für Selbstständige analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte einführen. Dafür sollen zeitnah umlagefinanzierte und andere geeignete Finanzierungsmodelle geprüft werden. Zusammen mit der Versicherungswirtschaft sollen überdies Konzepte für die Absicherung der betroffenen Betriebe erarbeitet werden. Auch eine Aufklärungskampagne zum Mutterschutz ist geplant.

 
 

Kassenärzte: Primärarztsystem macht Sinn für Menschen ab 50

 
Von Deutsche Apotheker Zeitung

Die Regierungskoalition will eine bessere Patientensteuerung und schnellere Terminvergaben bei Fachärzten erreichen. Dazu soll ein „verbindliches Primärarztsystem“ durch Haus- und Kinderärzte eingeführt werden, die Patienten gegebenenfalls an Fachärzte überweisen – ausgenommen sein sollen Augenärzte und die Gynäkologie.

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Andreas Gassen sieht das Konzept nur für bestimmte Personengruppen als geeignet an. Die KBV warnt daher die schwarz-rote Koalition vor der flächendeckenden Einführung eines Primärarztsystems für gesetzlich Krankenversicherte. Dies sei eher für ältere Patienten sinnvoll, sagte der KBV-Vorsitzende der „Bild“. Eine pauschale Altersgrenze, ab wann das Modell sinnvoll sei, gebe es nicht. Doch „ungefähr ab 50 macht es Sinn. Da sind relativ viele schon mit irgendwelchen Zipperlein in ärztlicher Behandlung“, betonte Gassen.

„Ordnende Hand für „multimorbide Patienten“

Gassen zufolge könne das System funktionieren, „wenn es sich um ältere multimorbide Patienten handelt, also Menschen, die verschiedene Erkrankungen haben, aus unterschiedlichen Bereichen, wo zum einen eine ordnende Hand im Sinne der hausärztlichen Praxis notwendig ist, um alle Befunde zusammenzuführen und wo auch gezielt zu fachärztlichen Kollegen überwiesen werden kann“.

Der KBV-Chef sprach sich zugleich dafür aus, eine bessere Steuerung der Arztbesuche von Patienten über mehr Eigenbeteiligung zu erreichen. „Nehmen wir an, wir haben Menschen, die gehen nicht zum Hausarzt, die wollen sich auch nicht über die 116 117 medizinisch beraten lassen und suchen sozusagen den Facharzt Ihres persönlichen Wunsches auf, dann muss man vielleicht tatsächlich über Eigenbeteiligung nachdenken“, sagte Gassen.

Grünen-Experte: Hausärzte dürfen keine „Facharzttürsteher“ sein

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen, der selbst Mediziner ist, unterstützt das Steuerungskonzept, mahnt aber zugleich eine Entlastung der Hausärzte an. „Ein verpflichtendes Primärarztsystem kann helfen – aber nur, wenn es richtig gemacht wird“, sagte Dahmen der dpa. Das Gesundheitssystem leide unter zu vielen unnötigen Arztbesuchen, langen Wartezeiten und unkoordinierten Abläufen.

Konkret forderte Dahmen für die Hausärzte „mehr Zeit durch Vorhaltepauschalen statt Quartalsabrechnung, mehr Unterstützung durch eigenständig arbeitendes nichtärztliches Praxispersonal und ein vernetztes, digitales Terminmanagement – ein System, das Ärztinnen und Ärzte nicht zu Facharzttürstehern und Überweisungsautomaten macht.“ Dahmen verwies darauf, dass im ländlichen Raum viele Hausärzte fehlen. Er warnte: „Wer dort eine Pflicht einführt, ohne tragfähige Lösungen zu schaffen, riskiert reale Unterversorgung.“

 
 

Tabakprodukte mit Aroma: WHO fordert Verbot

 
Von Deutsche Apotheker Zeitung

Angesichts der großen Zahl junger Tabaknutzer ruft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Regierungen dringend auf, Tabak- und Nikotinprodukte mit Aroma zu verbieten.

Aromen wie Erdbeere oder Gummibärchen machten aus giftigen Produkten jugendfreundliche Köder, schrieb die WHO zum Weltnichtrauchertag am vergangenen Freitag. Sie würden zudem mit schweren Lungenkrankheiten in Verbindung gebracht.

WHO: Firmen ködern gezielt junge Leute

Aromen und schicke Verpackungen für E-Zigaretten sowie Werbung in sozialen Medien zielten speziell auf junge Nutzerinnen und Nutzer ab, kritisierte die Organisation. 12,5 Prozent der Minderjährigen hätten in der WHO-Europaregion mit insgesamt 53 Ländern im Jahr 2022 E-Zigaretten genutzt, verglichen mit zwei Prozent der Erwachsenen.

Aromen seien darauf angelegt, die Neugier von Kindern und Jugendlichen zu wecken und sie zum Experimentieren anzuregen – und das könne in die Sucht führen. Ein Verbot könne junge Leute schützen, so die WHO. „Aromen schüren eine neue Welle der Sucht und sollten verboten werden“, teilte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus mit. „Sie untergraben die jahrzehntelangen Fortschritte bei der Eindämmung des Tabakkonsums.“ 

Die WHO nennt einige aus ihrer Sicht vielversprechende Entwicklungen: In mehr als 50 Ländern seien aromatisierte Tabakprodukte nicht erlaubt. Mehr als 40 Länder hätten elektronische Zigaretten verboten. Die Organisation betont, dass alle Tabakprodukte – auch solche, bei denen der Tabak nur erhitzt wird – die Nutzer giftigen und krebserregenden Chemikalien aussetzen und streng reguliert werden sollten.
 
Verband pocht auf Verpflichtung, Produkte nur an Ewachsene zu geben

Der deutsche Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH) mit rund 130 Mitgliedern schreibt auf seiner Webseite, die Satzung enthalte die Verpflichtung, Produkte nur an erwachsene Personen abzugeben. Der Markt boomt auf jeden Fall. Der Umsatz mit E-Zigaretten summierte sich im Jahr 2022 nach Schätzungen des Verbandes auf rund 600 Millionen Euro (Quelle: Statista). Zwischen 2025 und 2030 wird weltweit ein Wachstum von etwa 20 Prozent erwartet.

 
 
 
News-Ticker
 

Sanofi kauft US-Pharmafirma

 

Der französische Arzneimittelhersteller Sanofi will mit einer milliardenschweren Übernahme des US-Pharmaunternehmens Blueprint Medicines sein Geschäft mit seltenen immunologischen Krankheiten stärken. Sanofi werde 129 US-Dollar pro Aktie in bar zahlen oder 9,1 Milliarden Dollar (rund 8 Milliarden Euro), teilte das Unternehmen in Paris mit. Dies entspricht einem Aufschlag von 27 Prozent auf den Schlusskurs von Blueprint am Freitag. Durch den Zukauf erhält das Unternehmen, das in den USA und der EU zugelassene Medikament Avapritinib zur Behandlung seltener Immunerkrankungen sowie eine vielversprechende Pipeline an Immunologieprodukten. (dpa)

 

„Lex Lilly“: Einfluss-nahme bestätigt
 

Im Oktober 2024 trat das Medizinforschungsgesetz in Kraft. Kritiker:innen, wie die Linken-Politikerin Katrin Vogler, sprachen damals vom „Lex Lilly“ – in Anspielung darauf, dass das Gesetz unter dem Druck des US-Pharmaunternehmens Eli Lilly zustande gekommen sei. Das bestätigen nun veröffentlichte Dokumente aus der Korrespondenz zwischen Lilly-CEO Dave Ricks und der Bundesregierung. Daraus geht hervor, dass Ricks in einem Schreiben vom 1. November 2022 androhte, die geplanten Investitionen in Höhe von mehr als einer Milliarde US-Dollar für eine Produktionsstätte in Deutschland zu streichen, sollte die Bundesregierung nicht Kursänderungen im Sinne des Unternehmens auf den Weg bringen. (mz)