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Liebe Leserinnen und Leser,
 

 

Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat einen Entwurf für eine Apothekenreform vorgelegt. Wie angekündigt, sollen Apotheker*innen in bestimmten Fällen Rx-Arzneimittel ohne Rezept abgeben dürfen. Konkret soll bei „bekannter Langzeitmedikation eine einmalige Abgabe der kleinsten Packung unter der Voraussetzung einer bekannten Verordnung über vier Quartale“ erlaubt sein. Zudem wird es laut Entwurf „bei akuten, unkomplizierten Formen bestimmter Erkrankungen“ eine Art erweiterte Selbstmedikation geben. Das Ganze allerdings auf Selbstzahlerbasis. Außerdem erhält die Apotheke bis zu 5 Euro für ihren Aufwand.

Laut Begründung ist das Ziel der Rx-Abgabe, Arztbesuche und somit Kosten zu sparen. Das wird mit dieser Regelung nicht in nennenswertem Ausmaß gelingen. Um den Apotheken die Möglichkeit zu geben, in bestimmten Fällen rechtssicher verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rezept abgeben zu können, um Patient*innen im Notfall versorgen zu können, ist der Vorschlag aber vielleicht gar nicht so schlecht.

 
Herzliche Grüße,
Ihre Julia Borsch
DAZ-Chefredakteurin
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 

Erster Referentenentwurf für Apothekenreform liegt vor

Im September schwacher Absatz bei RX und OTC

GKV-Finanzen 2026: „Augenwischerei“ und „Luftbuchung“

Docmorris: Deutliches Rx-Wachstum

Länder wollen Pharmaindustrie stärken

Phoenix übernimmt Haemato Pharm

News-Ticker
 
 
 
 

Erster Referentenentwurf für Apothekenreform liegt vor

 

Von Kirsten Sucker-Sket und Marius Penzel

Der Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz – ApoVWG) liegt seit Freitagnachmittag vergangener Woche vor. Ein Puzzlestück fehlt bislang aber noch, denn die Apothekenreform soll neben dem ApoVWG aus einem weiteren Referentenentwurf für eine Zweite Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung bestehen.

Vorab hatte das Bundesgesundheitsministerium die Ressortabstimmung für die Apothekenreform eingeleitet und die geplanten Maßnahmen in einem Hintergrundpapier dargelegt.

Wie erwartet, steckt die im Koalitionsvertrag versprochene Fixumserhöhung auf 9,50 Euro nicht im Paket. In Sachen Vergütung bleibt es zunächst bei der Verhandlungslösung. Die von GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband (DAV) ausgehandelten Anpassungen werden dem Verordnungsgeber als Empfehlung übermittelt und sollen bei künftigen Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung einbezogen werden.

Zweigapotheken und geteilte Leitung

Zweigapotheken sollen bereits gegründet werden können, wenn in abgelegenen Orten oder Ortsteilen eine eingeschränkte Arzneimittelversorgung vorliegt. Die Erlaubnis für ihren Betrieb soll für zehn statt bisher fünf Jahre erteilt werden. Die räumlichen Anforderungen werden ebenfalls abgesenkt.

Geplant ist nun auch, dass die Leitung der Filial- und Zweigapotheken durch zwei Personen wahrgenommen werden kann. Daneben sollen auch Apotheker*innen mit ausländischem Abschluss Apotheken gründen und nicht nur übernehmen können.

PTA-Vertretung für 20 Tage im Jahr

Konkreter wird es auch bei der PTA-Weiterqualifizierung und der PTA-Vertretungsbefugnis. Nach der zweijährigen berufsbegleitenden Weiterqualifizierung sollen PTA Apothekenleiter zeitlich begrenzt vertreten dürfen – und zwar nicht länger als 20 Tage im Jahr, davon zusammenhängend höchstens zehn Tage, an denen die Apotheke dienstbereit ist. Dies soll nur für Apotheken gelten, in denen sie bereits ohne Beaufsichtigung arbeiten, aber nicht für spezialisierte Apotheken (z.B. Zytostatikaherstellung).

In puncto Nullretaxations-Stopp aus formalen Gründen wird präzisiert, dass die Kassen in diesen Fällen zwar die Arzneimittelkosten tragen, die Apotheke aber keinen Honoraranspruch hat.

Für Teilnotdienste von 20 bis 22 Uhr soll es einen Zuschuss in Höhe von einem Fünftel des Betrages für den Vollnotdienst geben. 

Rx-Abgabe ohne Verordnung

Was die Rx‑Abgabe ohne Verordnung betrifft, soll diese möglich sein bei „bekannter Langzeitmedikation“ und „bei akuten, unkomplizierten Formen bestimmter Erkrankungen“. Die Abgabe erfolgt auf Selbstzahlerbasis, wobei die Apotheken für den erhöhten Aufwand einen Betrag von bis zu 5 Euro pro Abgabe verlangen können.

Festgezurrt sind auch die gesetzlich festgelegten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen: Es geht um (ärztlich verordnetes) Medikationsmanagement, die korrekte Anwendung von Autoinjektoren, Kurzinterventionen zur Raucherentwöhnung und die Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.

Abda reagiert mit Unverständnis

In einem ersten Statement machte Thomas Preis, Präsident der Abda, nochmals die zwei für die Apothekerschaft nicht akzeptablen Punktedeutlich.

Erstens kritisierte er, dass das BMG die Erhöhung des Apothekenfixums sowohl im Hintergrundpapier als auch im Referentenentwurf unerwähnt lässt. „Auch die nun avisierte Verhandlungslösung wird das Apothekensterben nicht stoppen, denn davon könnten die Apotheken erst nach einigen Jahren profitieren“, sagte Preis.

Zweitens kritisierte er, dass der Entwurf vorsieht, dass PTA nach einer zweijährigen berufsbegleitenden Weiterqualifizierung Apothekenleiter für maximal 20 Tage im Jahr vertreten dürfen – davon höchstens zehn Tage am Stück.

„Die umfassende Versorgung in den Apotheken wird dadurch gefährdet“, sagte Preis. Patientinnen und Patienten müssten sich infolge der Änderung darauf einstellen, „dass nicht mehr alle Leistungen sofort angeboten werden und nicht alle pharmazeutischen Fragen unmittelbar beantwortet werden können.“

Weitere Berichte und Kommentare zu den einzelnen Punkten der Reformpläne finden Sie auf unserer Webseite. 

 
 
 

Im September schwacher Absatz bei Rx und OTC

 

Von Thomas Müller-Bohn

Die Absatzschwäche der Vor-Ort-Apotheken im OTC-Bereich hat sich im September verfestigt. Die Daten aus dem Apothekenpanel von Insight Health zeigen, dass diese negative Entwicklung in ihrem Ausmaß inzwischen mit den Verschiebungen durch die Pandemie vergleichbar ist. Zugleich schwächelt nun auch die Absatzentwicklung im Rx-Bereich.

Die neuen Daten betreffen die 36. bis 40. Kalenderwoche, also die Zeit vom 1. September bis zum 5. Oktober. Die 40. Woche mit dem Feiertag am 3. Oktober liefert beim Vergleich mit 2024 offenbar verzerrte Daten, die als Ausreißer betrachtet werden müssen. Denn der Einheitsfeiertag war in diesem Jahr ein Freitag, im vorigen Jahr aber ein Donnerstag, auf den ein Brückentag folgte, an dem viele Arztpraxen geschlossen waren.

Rx-Absatz entwickelt einen negativen Trend

Von der 36. bis zur 39. Woche war der Rx-Absatz jeweils geringer als im Vorjahr. Dabei war der Rückgang in der 36. und 39. Woche mit 5,8 bzw. 6,9 Prozent deutlich, in den beiden anderen Wochen nur gering. Der Anstieg um 14,5 Prozent in der 40. Woche beruhte wohl auf dem beschriebenen Feiertagseffekt. Der kumulierte Rx-Absatz des laufenden Jahres bis zum Ende der 40. Woche war 0,6 Prozent geringer als 2024.
Der für die Honorierung der Apotheken so wichtige Rx-Absatz hat mittlerweile einen rückläufigen Trend entwickelt.

Der Rx-Umsatz entwickelte sich weiterhin besser als der Rx-Absatz, aber nicht mehr so deutlich wie im ersten Halbjahr. In der 36. und 39. Woche war er sogar etwas niedriger als 2024, in der 37. und 38. Woche 3,4 bzw. 4,8 Prozent höher als 2024. Der Anstieg um 21,9 Prozent in der 40. Woche war wiederum ein Ausreißer. Der kumulierte Rx-Umsatz bis zum Ende der 40. Woche war 5,9 Prozent höher als 2024. Hier zeigt sich weiterhin, dass mehr oder teurere Hochpreiser den Rx-Umsatz vergrößern.

OTC schrumpft langfristig

Der OTC-Absatz ging in allen fünf betrachteten Wochen gegenüber dem Vorjahr zurück. In der 37. bis 39. Woche waren die Rückgänge jeweils sogar zweistellig (siehe Abbildung). Sogar in der verzerrten 40. Woche gab es ein Minus von 2,1 Prozent. Der kumulierte OTC-Absatz war bis zum Ende der 40. Woche 3,5 Prozent geringer als 2024 und 7,1 Prozent geringer als 2019.

Demnach fand die Hälfte des Absatzrückganges seit dem Beginn der Pandemie in diesem Jahr statt. Das zeigt die Dimension des Problems im OTC-Bereich. In der Pandemie hatten sich deutliche Anteile des OTC-Marktes zum Versand verschoben, dann folgte zeitweilig eine Gegenbewegung, aber nun verfestigt sich eine langfristige Verschiebung zulasten der Vor-Ort-Apotheken.

Das zeigt sich in abgeschwächtem Ausmaß auch beim OTC-Umsatz. Er ging in der 36. bis 39. Woche jeweils gegenüber 2024 zurück, in der 39. Woche sogar zweistellig um 12,2 Prozent. In der verzerrten 40. Woche gab es ein kleines Plus von 1,5 Prozent. Der kumulierte OTC-Umsatz bis zum Ende der 40. Woche war 0,6 Prozent geringer als 2024. Demnach konnten die Apotheken im OTC-Bereich noch Preissteigerungen durchsetzen, aber bei sinkendem Absatz. Das ändert nichts am schwachen Gesamtbild.

 
 
 

GKV-Finanzen 2026: „Augenwischerei“ und „Luftbuchung“

 

Von Matthias Köhler und Kirsten Sucker-Sket

Es gibt keine Entwarnung: „Auf den ersten Blick scheint die finanzielle Situation stabil, aber wer genauer hinschaut, erkennt, dass weiterhin Beitragsanhebungen zu erwarten sind.“ Das sagte der Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Oliver Blatt in einer ersten Reaktion auf die Prognose des GKV-Schätzerkreises am Mittwoch vergangener Woche.

Viele Kassen müssten ihre gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen auffüllen. Der Schätzerkreis berücksichtige das nicht in seiner Prognose. Die finanzielle Situation der gesetzlichen Kassen bleibe „weiterhin sehr angespannt“.

Der Schätzerkreis geht für das kommende Jahr von Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) von insgesamt 312,3 Milliarden Euro aus. Hinsichtlich der erwarteten Ausgaben im Jahr 2026 konnte der Schätzerkreis kein Einvernehmen erzielen. Während Bundesgesundheitsministerium (BMG) und Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) diese auf 369 Milliarden Euro schätzen, erwartet der GKV-Spitzenverband Ausgaben in Höhe von 369,5 Milliarden Euro.

Der Zusatzbeitrag wird bei 2,9 Prozent gesehen – ganz so, wie es Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) nach der Kabinettssitzung vergangene Woche angekündigt hatte. Damit liegt er rechnerisch genauso hoch wie im laufenden Jahr. Allerdings hatte der Schätzerkreis für 2025 einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 2,5 Prozent prognostiziert.

Bund bleibt jährlich zehn Milliarden Euro schuldig

Blatt sagte, dass sich der offizielle Zusatzbeitragssatz so „der Realität“ annähere. Mit Blick auf das „Sparpaket“ der Regierung sagte Blatt, dies sei „nur ein Notnagel“. Es brauche eine Ausgabenbegrenzung, insbesondere bei Arzneimitteln und der vertragsärztlichen Versorgung. Zudem erinnerte er daran, dass der Bund der GKV jährlich „bei der Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von Bürgergeldbeziehenden rund zehn Milliarden Euro schuldig“ bleibe. 

Dies greift auch der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) auf. „Es ist ein Irrweg, dass die GKV Jahr für Jahr 8 bis 10 Milliarden Euro für Aufgaben trägt, die nichts mit der unmittelbaren Krankenversorgung zu tun haben“, so Präsident Han Steutel. „Familienpolitik oder gesamtgesellschaftliche Sonderlasten sollten über den Bundeshaushalt finanziert werden – und nicht mit den Kassenbeiträgen der Versicherten.“

BMG betreibt „Augenwischerei“

Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK-Dachverbandes, sprach mit Blick auf den gleichbleibenden Zusatzbeitrag von „Augenwischerei“. Entgegen der Aussage des BMG „kommen auf die Beitragszahlenden also auch im kommenden Jahr finanzielle Mehrbelastungen zu“. 

IKK-Geschäftsführer Jürgen Hohnl sieht in der 2,9-Prozent-Prognose eine „Weiterführung der bereits seit Jahren gefürchteten und beklagten Entwicklung“. Die Prognose sei wegen der von den Kassen zu leistenden Rücklagen eine „Luftbuchung“.

Drei-Prozent-Grenze wird gerissen

„Die Politik darf die Finanzsituation nicht schönreden“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, laut einer Pressemitteilung. Viele Krankenkassen würden Anfang 2026 erneut ihre Zusatzbeitragssätze erhöhen müssen. Die Drei-Prozent-Grenze werde überschritten werden.

Laut Elsner könnten bei Arzneimitteln „Milliarden gespart werden“. Der Bund müsste dafür den Herstellerrabatt auf patentgeschützte Arzneimittel von sieben auf 17 Prozent erhöhen und den Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel von 19 Prozent auf sieben Prozent absenken.

 
 
 
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DocMorris: Deutliches Rx-Wachstum
 

Von Thorsten Schüller

Mit den hohen, zweistelligen Wachstumsraten des Wettbewerbers Redcare Pharmacy kann der Arzneimittelversender DocMorris im dritten Quartal 2025 als auch in den ersten neun Monaten des Jahres zwar nicht mithalten, dennoch weist das Unternehmen in seinen geschäftlichen Aktivitäten deutliche Zuwächse auf.

Wie der Schweizer Konzern mitteilte, legte der Gesamtumsatz in den ersten neun Monaten um 9,5 Prozent von 795,8 auf 854,3 Millionen Schweizer Franken zu – dies trotz Einstellung der Marke Zur Rose in Deutschland Ende 2024. Im dritten Quartal erhöhten sich die Verkäufe den Angaben zufolge um 8,1 Prozent auf 282,3 Millionen Franken.

In Deutschland, dem weitaus größten Markt des Unternehmens, stieg der Erlös mit 7,8 Prozent (10 Prozent in lokaler Währung) in den ersten neun Monaten auf 806,2 Millionen Franken sogar noch etwas stärker an. Ein Plus gab es auch bei der Zahl der aktiven Kunden: Diese legte im Konzern in den ersten neun Monaten von 10,3 Millionen auf 10,6 Millionen zu.

Wachstumstreiber Rx

Zum Wachstumstreiber erwies sich in der Berichtszeit, wie bei Redcare, insbesondere der Verkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. So stieg der Rx-Außenumsatz in den ersten neun Monaten um 37,9 Prozent und erreichte in Deutschland ein Volumen von 170,5 Millionen Franken. Im dritten Quartal verlangsamte sich die Rx-Wachstumsrate leicht auf 28,8 Prozent.

Deutlich schwächer fallen dagegen mittlerweile die Zuwächse im Non-Rx-Bereich aus. Hier lag das Plus in den ersten neun Monaten bei lediglich 4,3 Prozent, auch im dritten Quartal hat es nach Angaben des Unternehmens einen Zuwachs gegeben.

TeleClinic wächst kräftig

Große Sprünge macht wiederum der Telemedizinanbieter TeleClinic. Zwar ist der Umsatz hier in den ersten neun Monaten mit über 17 Millionen Franken im Vergleich zum übrigen Geschäft noch recht klein, das Wachstum lag in dieser Zeit im Vergleich zur Vorjahresperiode jedoch bei über 140 Prozent. Damit entwickelt sich TeleClinic nach Angaben von DocMorris „immer mehr zu einem wichtigen Bereich im Deutschlandgeschäft“.

Darüber hinaus hätten auch die Bereiche Retail Media und Marktplatz einen „hohen zweistelligen Zuwachs“ verzeichnet, zudem würden alle Serviceplattformen „überproportional zur Profitabilität“ beitragen. Zugleich teilte das Unternehmen mit, dass der KI-basierte DocMorris Gesundheitsbegleiter seit Anfang Oktober allen Nutzern der DocMorris App zur Verfügung stehe.

CEO Hess: „Auf dem richtigen Weg“

Vorstandschef Walter Hess sieht das Unternehmen mit seiner „Marketingeffizienz im Kerngeschäft und Skalierung innovativer Services auf dem richtigen Weg“. Durch den verstärkten Einsatz von KI-Automatisierung sollen die Kosten gesenkt werden.

 
 
Länder wollen Pharmaindustrie stärken
 

Von Matthias Köhler

Die Pharmaindustrie braucht bessere Rahmenbedingungen. Das hatte schon die Ampel-Regierung erkannt. Der frühere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lud zum Pharmagipfel und sein Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erarbeitete einige Gesetze, die der Branche unter die Arme greifen sollten.

Nun wollen auch die Länder mehr für die Pharmaindustrie tun. Auf Initiative von Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen forderte der Bundesrat die Regierung in einer Entschließung am Freitag vergangener Woche auf, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.

EU-Mindestmaß einhalten, nicht darüber hinausgehen

Die Pharmaindustrie leiste einen „entscheidenden Beitrag für die Resilienz und die Unabhängigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland sowie der Europäischen Union“, heißt es eingangs in der Entschließung. Sie sei zukunftsorientiert und ein wichtiger Baustein in der medizinischen Versorgungssicherheit der Bevölkerung.

Doch die Länder monieren, dass bei der Umsetzung europäischer Gesetzgebung vielfach über das „vorgegebene Mindestmaß“ hinausgegangen werde. Das schade den einheimischen Unternehmen.

Sie fordern den Bund daher auf, „im Zuge der Umsetzung der Vereinfachungspakete in nationales Recht, eine 1:1-Umsetzung vorzusehen“. Er müsse die verbliebenen Gestaltungsräume nutzen.

Darüber hinaus haben die Länder das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) im Blick. Die Regierung soll durch eine Reform das Verfahren entbürokratisieren und flexibilisieren.

Zulassungsverfahren für die Branche beschleunigen

Auch bei den Zulassungsverfahren sieht der Bundesrat Potenzial. Diese seien in der Corona-Zeit schneller gelaufen, doch derzeit erlebe man wieder eine Verlangsamung. Die Regierung wird gebeten, die Erfahrungen von damals zu nutzen, um wieder zu beschleunigten Verfahren zu kommen.

Auf Empfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrats regen die Länder überdies an, bei einer Reform des Arzneimittelgesetzes die Dokumentationsanforderungen beim Import von Wirkstoffen menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft oder von Wirkstoffen, die auf gentechnischem Wege hergestellt werden (MTMG-Wirkstoffe) in den Blick zu nehmen.

Überprüfung des Verbringungsverbots

Ebenso sollen die Anforderungen des Verbringungsverbots überprüft werden, die neben unnötiger Bürokratie auch dazu führten, dass europäische Arzneimittel gegenüber Arzneimitteln aus Drittstaaten schlechter gestellt seien.

Ein weiterer Schritt zu weniger Bürokratie: Die Gebrauchsinformation (Packungsbeilage) sollte mindestens für Arzneimittel, die ausschließlich im Krankenhaus angewandt werden, digital zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Dieser steht allerdings frei, ob, wann und wie sie darauf reagiert. Gesetzliche Vorgaben gibt es in dieser Hinsicht nicht.

 
 
Phoenix übernimmt Haemato Pharm
 
Von Julia Borsch

Der auf HIV/AIDS, Neurologie, Onkologie, Rheumatologie und Ophthalmologie spezialisierte Parallelimporteur Haemato Pharm wird Teil der Phoenix Group. Mit diesem Schritt realisiere Phoenix gegenüber Apotheken und Patientinnen und Patienten einen Teil der versorgenden Kernkompetenz: wesentliche pharmazeutische Produkte verfügbarer zu machen und Engpässe zu minimieren, heißt es in einer Mitteilung anlässlich der geplanten Übernahme.

Damit baue man konsequent die Rolle als verlässlicher Partner der Apotheken und als Versorger von Millionen Patientinnen und Patienten aus. Die Übernahme steht noch unter dem Vorbehalt der Freigabe der Kartellbehörden.

Die in Mannheim ansässige Phoenix Group würde so einen weiteren Teil der Wertschöpfungskette in der Gesundheitsversorgung unter ihr Dach bringen: Neben dem vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel und einem Spezialhändler für Hochpreiser (Virion) sowie einem Hersteller für Hilfs- und Pflegemittel (Param) und vielen weiteren Töchtern betreibt Phoenix in anderen europäischen Ländern Apothekenketten.

Haemato? Die vom Skonto-Urteil

Haemato Pharm sitzt in Schönefeld. Sie ist eine 100-prozentige Tochter der Haemato AG. In den Fokus geriet das Unternehmen zuletzt vor allem im Kontext des sogenannten Skonto-Urteils. Das Unternehmen war von der Wettbewerbszentrale verklagt worden. Konkret ging es um den Direktvertrieb in Apotheken. In einem solchen Modell muss das Unternehmen sowohl den fixen Abgabepreis (ApU) sicherstellen als auch die Vorgaben für die Großhandelspreisspannen einhalten. In seiner Preisliste für die Apotheken bot der Importeur das Diabetes-Präparat Abasaglar (5 x 3 ml, ApU: 46,50 Euro, Apothekeneinkaufspreis: 48,66 Euro) mit einem Rabatt von 3,04 Prozent (47,20 Euro) sowie einem Skonto von 3 Prozent (45,78 Euro) an.

Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV und damit einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründet.

Der Fall landete vor dem Bundesgerichtshof. Dieser entschied im Februar 2024, dass Großhändler bei Rx-Arzneimitteln keine Skonti anbieten dürfen, die über die Spanne von 3,15 Prozent hinausgehen. Mit den Folgen kämpfen die Apotheken bis heute, laut den Plänen aus dem BMG soll sich daran aber im Rahmen der Apothekenreform etwas ändern.

 
 
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News-Ticker
 
Phoenix mit neuem Vorstand
 

Steve Anderson und Stefan Herfeld verlassen den Vorstand der Phoenix Group. Wie das Unternehmen am Freitag vergangener Woche mitteilte, geschehe das auf eigenen Wunsch. Beide hätten das Unternehmen nachhaltig geprägt. Anderson war nach Unternehmensangaben die treibende Kraft hinter der „europaweit erfolgreichen Transformation des Unternehmens hin zu noch weitreichenderer Operativer Exzellenz“. Herfeld „beeinflusste während seiner 15-jährigen Vorstandstätigkeit maßgeblich den Ausbau des Apotheken-Einzelhandelsbereichs“. Die Nachfolger wurden in den eigenen Reihen gefunden: Joachim Sowada und Wolfgang Wallisch. Der Termin für ihren Eintritt in den Vorstand ist der 1. Februar 2026. (DAZ)

USA: Merck schließt Abkommen 
 

Der Darmstädter Merck-Konzern hat im Konflikt um Pharmazölle ein Abkommen mit der Trump-Regierung geschlossen. Die US-Tochter EMD Serono werde künftig In-vitro-Fertilisations-Therapien, also Behandlungen für künstliche Befruchtungen, deutlich günstiger anbieten, teilte das Dax-Unternehmen mit. Im Gegenzug werden pharmazeutische Produkte und Inhaltsstoffe von EMD Serono von Pharmazöllen gemäß dem US-Gesetz Section 232 befreit, erklärte Merck weiter. Bedingung ist, dass das Unternehmen in die biopharmazeutische Produktion und Forschung in den USA investiert. Konkret sollen die Fruchtbarkeitsmedikamente Gonal-F, Ovidrel und Cetrotide ab Anfang 2026 über den von Trump geplanten Direktvertrieb „TrumpRX“ erhältlich sein. (dpa/DAZ)