Liebe Leserinnen und Leser,
 

 

als der Vorgänger von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) um Stellungnahmen der Verbände zu seinem Referentenentwurf für eine Apothekenreform bat, war die Abda ziemlich fix bei der Hand. Zwei Seiten, kurz und knackig. Grund dafür laut der damaligen Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening: Das von Karl Lauterbach (SPD) angestrebte Ende der Präsenzpflicht einer oder eines Approbierten wiegt so schwer, ist so „existenziell“, dass man über alles andere erst reden kann, wenn dieser Punkt verschwunden ist.

Ob diese Strategie richtig war, darüber wurde damals gestritten. Genutzt hat es nichts, denn auch in den jetzigen Apothekenreformplänen findet sich die PTA-Vertretung. Die derzeitige Abda-Spitze hat nun eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht. 55 Seiten. Das hilft uns zumindest, ein wenig besser zu verstehen, was die Abda über die einzelnen Aspekte denkt. Ob das Bundesgesundheitsministerium sich davon aber beeindrucken lässt, werden wir sehen.

 
Herzliche Grüße,
Ihr Matthias Köhler
DAZ-Redakteur
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 
Apothekenreform: Wo sie die Abda am meisten schmerzt

Nicht der richtige Zeitpunkt, um auf die Straße zu gehen

Die Wiedergeburt der Notdienstpraxis-versorgenden Apotheke

Chargen-Doku: Übergangslösung für Verblisterung wieder verlängert

Kammer Sachsen erhöht Beitrag für Angestellte auf 240 Euro

Kimberley-Clark übernimmt Kenvue

News-Ticker
 
 
 
 
Apothekenreform: Wo sie die Abda am meisten schmerzt
 
Von Julia Borsch

Es gibt zwar viele inhaltliche Parallelen zwischen Karl Lauterbachs (SPD) Apothekenreform und den vorliegenden Entwürfen aus dem Hause Nina Warken (CDU), aber sonst ist eigentlich alles anders. So scheint das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sich die Kritikpunkte der betroffenen Verbände tatsächlich anzuhören und auch willens zu sein, an den Entwürfen Korrekturen vorzunehmen. Diesen Eindruck schilderten zumindest Teilnehmende der Verbändeanhörung am vergangenen Donnerstag. Außerdem gibt die Abda dieses Mal eine ausführliche und detaillierte Stellungnahme ab. Karl Lauterbachs (SPD) Vorschlag war aufgrund der darin vorgesehenen Apotheken ohne Apotheker einfach in Gänze abgelehnt worden – obwohl auch dieser positive Elemente enthielt.

 

Bereits in der Vorbemerkung macht die Abda deutlich: „Die vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegten beiden Referentenentwürfe […] sind nach unserer Auffassung keine Maßnahme der Konsolidierung der wirtschaftlichen und ordnungsrechtlichen Situation der öffentlichen Apotheken, sondern bewirken das Gegenteil.“ Trotz vieler positiver Punkte sieht die Abda dringenden und umfangreichen Nachbesserungsbedarf.

Drei Kernanliegen

Dabei hat die Abda drei Kernanliegen:

Das erste ist die fehlende Honoraranpassung: Ohne eine Anpassung des Fixums sei die flächendeckende Versorgung perspektivisch nicht mehr sicherzustellen. Vor dem Hintergrund der steigenden Kosten könne die überfällige Erhöhung des Apothekenhonorars nicht erst durch die im Referentenentwurf vorgesehene Verhandlungslösung umgesetzt werden, denn sie käme für Tausende von Apotheken zu spät.

Die im Koalitionsvertrag zugesagte Anpassung auf mindestens 9,50 Euro als Sofortmaßnahme zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage der Apotheken sowie deren Dynamisierung müssten schnellstmöglich umgesetzt werden. Insbesondere, weil die Verhandlungslösung, so wie sie aktuell vorgesehen ist, keine Planungssicherheit biete.

Abda will jährliche Verhandlungen und feste Kriterien

Zweitens nimmt sich die Abda ebendiese geplante Verhandlungslösung vor. Grundsätzlich begrüßt sie das Bemühen, eine Dynamisierung des Apothekenhonorars im Wege von Verhandlungen der Partner der Selbstverwaltung zu ermöglichen. Allerdings sei die vorgeschlagene Lösung umständlich und nicht hinreichend verbindlich.

Die Abda stört sich zum einen an der fehlenden Rechtsverbindlichkeit des Verhandlungsergebnisses. Dass es lediglich Empfehlungscharakter habe, stehe in keinem Verhältnis zum Aufwand. Zum anderen findet es die Standesvertretung „problematisch“, dass kein fester Turnus festgelegt ist. Darüber hinaus lehnt es die Abda ab, dass künftig der variable Anteil mitverhandelt werden soll. Dies sei diejenige Vergütungskomponente, die grundsätzlich die Kosten mit Warenbezug decken soll. Hier nehme man keine Veränderungen an den Rahmenbedingungen wahr, die ein regelmäßiges Verhandeln erfordern, heißt es.

Als Anpassungskriterium hält die Abda den Verbraucherpreisindex für ein geeignetes Instrument. Die Vorgaben im Entwurf seien zu unbestimmt und in Teilen unvollständig. Vor allem die Aufnahme der Beitragssatzstabilität als Kriterium wird kritisch gesehen, vor allem vor dem Hintergrund, dass die apothekerliche Vergütung seit 13 Jahren nicht angepasst wurde.

Die Abda vermisst hingegen die Entwicklung des Leistungsspektrums der Apotheken als Kriterium. Schließlich seien in den letzten Jahren mit der Arzneimittelversorgung verbundene Leistungen, die nicht gesondert entgolten werden, massiv ausgebaut worden. Diese Leistungen, die letztlich eine dem Patienten und/oder dem Kostenträger zugutekommende Steigerung der Qualität der Leistungen der Apotheken darstellen, müssen bei der Festlegung der Anpassungserfordernis berücksichtigt werden, fordert die Abda.

Landapothekenzuschlag gefährdet Gleichpreisigkeit

Auch der Landapothekenzuschlag schmeckt der Abda nicht. So sollte allgemeiner auf „strukturschwache“ Regionen abgestellt werden und nicht lediglich auf „ländliche Gebiete“. Zudem glaubt die Abda, dass die Festlegung der zuschlagsberechtigten Apotheken auf Grundlage zu definierender geodatenbasierter Standortmerkmale in der Praxis zu keiner Einigung führen wird.

Vor allem aber stört die Abda, dass ein etwaiger Versorgungssicherstellungszuschlag für Apotheken in ländlichen Gebieten mit der Vorgabe des Erhalts der für die freie Apothekenwahl beim Sachleistungsprinzip grundlegenden Gleichpreisigkeit verbunden werden müsse. Das sei aber bei der aktuell vorgesehenen Regelung nicht gewährleistet. Die Ausgestaltung erscheine daher „unvollständig und systemwidrig“.

Um an der Gleichpreisigkeit, „die ein Fundament der Qualitätssicherung und des Patientenschutzes darstellt und (Fehl-)Anreize zur Patientensteuerung verhindert“, festzuhalten, favorisiert die Abda eine Fondslösung. Alternativ wäre es denkbar, die im Entwurf vorgesehene Übergangslösung in Form einer Erhöhung der Beiträge für den NNF dauerhaft fortzuschreiben.

PTA-Vertretung wird strikt abgelehnt

Der dritte Hauptschmerzpunkt ist die geplante PTA-Vertretung. Diese „begegnet gravierenden ordnungsrechtlichen und fachlichen Bedenken. Sie wird von uns strikt abgelehnt“, heißt es in der Vorbemerkung. Anders als die aktuell bestehende, allein der Besitzstandswahrung geschuldete Vertretungsbefugnis von Pharmazieingenieuren und Apothekerassistenten, stelle die gesetzgeberische Einrichtung einer neuen, dauerhaften Vertretungsbefugnis für einen Assistenzberuf die Aufhebung des apothekerlichen Berufsvorbehalts und damit eine grundsätzlich neue gesetzgeberische Wertung dar.

Der Vorschlag inkludiere, dass es für eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung weder der persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung eines Angehörigen des reglementierten freien Heilberufs der Apothekerinnen und Apotheker noch der permanenten Präsenz entsprechender pharmazeutischer Qualifikation bedürfe. Was bisher als unbestritten galt.

Damit werde auch die Angebotsbreite der Leistungen der Apotheke massiv zu Lasten der Bevölkerung eingeschränkt. Der Gesetzgeber würde mit dieser Entscheidung die Apotheke nicht stärken, sondern mittelfristig die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in die Hände Dritter legen. Die vorgesehenen Änderungen gefährdeten die rechtliche Rechtfertigung für das apothekenrechtliche Fremdbesitzverbot, das die Grundlage für den Betrieb einer öffentlichen Apotheke durch „einen Apotheker in seiner Apotheke“ bildet, so die Abda. Zudem merkt sie an, dass die zeitliche Befristung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalte.

Studium statt PTA-Vertretung

Die Abda regt stattdessen an, PTA die Weiterqualifizierung durch ein Pharmaziestudium zu erleichtern. Außerdem könnte ein halbes Jahr im Rahmen der praktischen Ausbildung anerkannt werden.

Zu den weiteren Punkten in der Stellungnahme der Abda lesen Sie auf der Seite der DAZ.
 
 
 
Nicht der richtige Zeitpunkt, um auf die Straße zu gehen
 
Von Thomas Müller-Bohn

Wie wird die Abda mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit auf die Pläne zur Apothekenreform reagieren? Bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern am 5. November in Rostock erläuterte der online zugeschaltete Abda-Pressesprecher Benjamin Rohrer die Pläne.

Zusätzlich zur laufenden Imagekampagne werde es bald eine neue Kampagne zur politischen Kommunikation geben, kündigte Rohrer an. Ziel der Abda sei es, die Politiker an den Koalitionsvertrag zu erinnern. Allerdings würden sich nicht alle Themen für eine Darstellung in der Öffentlichkeit eignen, die Vertretung durch PTA beispielsweise nicht.

Öffentlichkeitsarbeit in Phasen

Rohrer verdeutlichte den Zeitplan der Gesetzgebung. In der laufenden Phase der Ressortabstimmung seien die Mitglieder der Bundesregierung die wichtigste Zielgruppe, aber noch nicht die Abgeordneten, weil dem Bundestag noch kein Gesetzentwurf vorliegt. Als realistischen Zeitpunkt, an dem die Regierung einen Kabinettsentwurf verabschieden könnte, nannte Rohrer den 17. Dezember. Dann würden die Länder beteiligt und es gelte Kontakte auf Landesebene zu nutzen.

Im Februar könnte das parlamentarische Verfahren starten. Dies sei die entscheidende Phase. Danach gelte es, den Druck von der Basis so zu erhöhen, dass dies im Bundestag ankommt, erklärte Rohrer. Er erinnerte daran, dass die Politik auf lokaler Ebene meist einen anderen Blick auf die Apotheken habe als die Bundesebene. Damit sei es auch gelungen, die Reformpläne des früheren Bundesgesundheitsministers Lauterbach abzuwenden.

Rohrer wollte naturgemäß nicht verraten, was genau die Abda plant. Er machte aber deutlich, dass im Sinne einer Graswurzel-Bewegung wieder Kontakte zu möglichst vielen Politikerinnen und Politikern auf allen Ebenen genutzt werden sollen.

Protest auf der Straße als letztes Mittel

Einzelheiten könnten jetzt ohnehin noch nicht geplant werden, weil die Maßnahmen im neuen Jahr von der zwischenzeitlichen Entwicklung abhängen. Es komme darauf an, wie weit sich die Entwürfe bis dahin ändern würden. Rohrer ergänzte, ein Protest auf der Straße sollte eines der letzten Mittel sein. Dafür sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, denn die Abda habe noch Hoffnung, dass der Druck von den unteren politischen Ebenen wirke.

Rohrer wertet bisherige Arbeit als Erfolg

In der anschließenden Diskussion ging es auch um die Erfolgsbilanz der Abda. Die vielen Apothekenschließungen und die seit 2013 ausbleibende Anpassung des Festzuschlags seien ein schlechtes Ergebnis, hieß es aus dem Publikum.

Dazu erklärte Rohrer, in der Politik gebe es Kräfte, die gegen die Apotheken seien und den ganzen Bereich aufsprengen wollten. Vor diesem Hintergrund seien die bisherigen Ergebnisse durchaus als Erfolg zu werten. Dass nun aber die versprochene Erhöhung des Festzuschlags ausbleibe, sei „eine massive Niederlage“.

Rohrer wandte sich auch gegen den Vorwurf, die verfasste Apothekerschaft sei zu leise. „Wir sind laut“, erklärte Rohrer und ergänzte, es gelte auch, zur richtigen Zeit laut zu sein. An die Verbandsmitglieder gerichtet, appellierte Rohrer, der Abda zu vertrauen, dass sie im Sinn der Mitglieder arbeite.

 
 
 
Die Wiedergeburt der Notdienstpraxis-versorgenden Apotheke
 
Von Marius Penzel

Die Reform der Notfallversorgung steht bevor. Am 5. November leitete das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Ressortabstimmung für einen entsprechenden Referentenentwurf ein.

Demnach sollen parallel zur besseren Koordination der Nummern 116117 und 112 flächendeckend sogenannte Integrierte Notfallzentren (INZ) entstehen. Diese bestehen aus der Notaufnahme eines zugelassenen Krankenhauses, einer Notdienstpraxis und einer Ersteinschätzungsstelle, die die Patienten koordiniert.

Die Notfallzentren selbst sollen rund um die Uhr geöffnet sein, während Notdienstpraxen die INZ wie Satelliten bei der ambulanten Versorgung unterstützen. Notdienstpraxen sollen von Mittwoch bis Sonntag jeweils bis 21:00 Uhr geöffnet sein.

Déjà-vu aus der Lauterbach-Zeit

Den Notdienstpraxen soll eine neue Form der Versorgungsapotheke angegliedert werden: die Notdienstpraxis-versorgende Apotheke. Sie soll sicherstellen, dass Hilfesuchende im Notdienst direkt vor Ort mit Arzneimitteln versorgt werden können. Entstehen können sie, wenn Apothekeninhaber gemeinsam mit dem Träger des Krankenhauses und der Kassenärztlichen Vereinigung entsprechende Versorgungsverträge abschließen.

Diese Pläne von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sind nicht neu. Bis auf einige Details zur Koordination und Finanzierung der Akteure gleicht der Referentenentwurf den Plänen ihres Vorgängers Karl Lauterbach (SPD) für seine Notfallreform.

Dies gilt insbesondere mit Blick auf das Modell der notdienstversorgenden Apotheke. Lauterbach selbst konnte diese Pläne nicht vollenden, da die Ampel-Koalition zerbrach, bevor es zur Abstimmung kam.

Änderung des Apothekengesetzes geplant

Der Entwurf sieht vor, dass die Apotheke, welche die Notdienstpraxis versorgt, in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis liegen soll. Andernfalls kann sie eine zweite Offizin mit Lagerräumen am Standort der Notdienstpraxis betreiben.

In der Begründung des Referentenentwurfs heißt es: „Diese zweite Offizin muss in angemessener Entfernung zur Betriebsstätte der Apotheke liegen, damit die apothekenleitende Person ihren Verantwortlichkeiten nachkommen kann.“

Wie der Versorgungsvertrag auszusehen hat, soll in einem neu eingeführten § 12b des Apothekengesetzes (ApoG) geregelt werden. Darin sollen Vereinbarungen zur Versorgung, Beratung und zu Öffnungszeiten festgelegt werden.

Pauschaler Zuschuss und freie Apothekenwahl

Wenn die Apotheke Räume am Standort der Notdienstpraxis nutzt, muss die Eignung dieser Räume zur Lagerung von Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sichergestellt werden und es müssen Zutrittsbeschränkungen vorgesehen werden.

Wie schon beim Entwurf von Lauterbach aus dem vergangenen Jahr sieht auch Warkens Notfallreform-Entwurf vor, dass die freie Apothekenwahl durch den Versorgungsvertrag nicht eingeschränkt werden darf.

Apotheken, die eine Notdienstpraxis versorgen, sollen unabhängig einen pauschalen Zuschuss für jede Kalenderwoche erhalten, in der sie während der Öffnungszeiten der jeweils betreffenden Notdienstpraxis geöffnet waren.

Risiko oder Chance für Apotheken?

Laut Begründung des Referentenentwurfs zielt die neue Versorgungsform darauf ab, eine „notdienstpraxisnahe Versorgung von Patientinnen und Patienten“ zu ermöglichen.

Das dürfte Hilfesuchenden Wege ersparen. Doch dieselben Apotheken-Pläne, die bereits von Warkens Vorgänger Lauterbach vorgebracht wurden, sorgten im Jahr 2024 für Kritik. So äußerte sich beispielsweise Jens-Andreas Münch, damals wie heute Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, kritisch.

Münch warnte: „Die Idee der Notdienstpraxis-versorgenden Apotheke schafft unnötige Doppelstrukturen, durch die das derzeit bestehende, sehr gut funktionierende flächendeckende Notdienstsystem der Apotheken nicht mehr aufrechtzuerhalten sein wird.“

Laut einer Analyse des DAZ-Redakteurs Thomas Müller-Bohn aus dem Jahr 2024 böten sich dadurch aber auch Chancen: Wenn sich die Notdienste infolge der Reform in weniger Apotheken als bisher bündeln würden, könnte das viele Apotheken entlasten. „Dies könnte Apothekenübernahmen erleichtern und damit den Bestand von Apotheken sichern“, schrieb Müller-Bohn.

 
 
 
Anzeige
 
Das Grüne E-Rezept
 
Digitale Empfehlung, direkter Draht – ideal für meine Beratung in der Apotheke.
 
 
 
Chargen-Doku: Übergangsregelung für Verblisterung wieder verlängert
 
Von Kirsten Sucker-Sket

Seit es E-Rezepte gibt, müssen Apotheken im Abgabedatensatz die Chargenbezeichnung der abgegebenen Fertigarzneimittel angeben. Diese Vorgabe soll für mehr Sicherheit sorgen – etwa im Fall eines Rückrufs. Es soll nachvollziehbar sein, welche Packung wo landet. GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) haben diese Regelung selbst in ihrer Abrechnungsvereinbarung getroffen. Gerade für heimversorgende Apotheken schien die Umsetzung allerdings ein Ding der Unmöglichkeit – jedenfalls, wenn sie die Arzneimittel patientenindividuell verblistern.


Vor zwei Jahren, kurz vor dem Pflicht-Start des E-Rezepts, fand man nach einer Intervention des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) eine Übergangslösung. Sie erlaubt Apotheker*innen, beim „Stellen“ der Arzneimittel zu patientenindividuellen Blistern von der Chargendokumentation abzusehen. Anstelle der Chargennummer müssen sie den Begriff „STELLEN“ in das Datenfeld eintragen.

Zunächst sollte diese Lösung bis 30. Juni 2025 gelten. Bis dahin, so die Vorstellung, sollte eine technische Lösung gefunden sein. Daraus wurde jedoch nichts und im Sommer wurde die unbürokratische Regelung bis zum Jahresende verlängert. Nun nähert sich der 31. Dezember 2025 und es ist absehbar, dass auch bis dahin keine Lösung gefunden ist. Noch immer wird geprüft, wie die mit der Chargendokumentation verfolgten Ziele auch in diesem besonderen Versorgungsbereich zu erreichen sind.

Neue Frist bis 31. Dezember 2026

Daher hat sich das BMG dafür ausgesprochen, die Frist für die „STELLEN“-Übergangslösung bis Ende 2026 zu verlängern. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte dies bereits kürzlich nach ihrem Besuch Ende Oktober bei der Kosmas Apotheke in Mache in Ostfildern-Nellingen in Aussicht gestellt. Mittlerweile hat das BMG auch DAV und GKV-Spitzenverband entsprechend informiert.

So soll die zum Jahresende erneut auslaufende Übergangsregelung noch einmal verlängert werden, wonach auf die Übermittlung der genauen Chargenbezeichnung im Moment der Abrechnung von Medikamenten zur Verblisterung verzichtet werden kann.

 
 
Kammer Sachsen erhöht Beitrag für Angestellte auf 240 Euro
 
Von Christina Grünberg

Angestellte Apothekerinnen und Apotheker in Sachsen müssen sich auf einen deutlichen Anstieg ihres Kammerbeitrags im kommenden Jahr einstellen. Die Kammerversammlung beschloss am vergangenen Donnerstag in Dresden mit großer Mehrheit, den Beitrag von aktuell 160 Euro auf 240 Euro anzuheben. Zur Diskussion stand dabei auch eine schrittweise Anhebung – letztlich entschieden sich die Delegierten dagegen und stimmten dem Beitragssprung in einem Satz mit 30 von 34 Stimmen zu.

Gleichzeitig stellt die Kammer dem Beschluss zufolge die Beitragsberechnung für Inhaberinnen und Inhaber um: Sie soll künftig auf einem Zwei-Komponenten-System basieren, das sowohl den Umsatz als auch den Rohertrag berücksichtigt. Dafür wird im kommenden Jahr zunächst eine Meldepflicht für den Rohertrag eingeführt. Im Folgejahr erfolgt die Berechnung dann erstmals auf Grundlage der 2026 gemeldeten Werte.

Wenig überraschend wurden in der Kammerversammlung durchaus auch kritische Stimmen zu diesem Vorhaben laut. Göran Donner, Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer, versprach den Anwesenden, sich gegenüber den Mitgliedern zu erklären. Sein Statement finden Sie am Ende des Beitrags auf der DAZ-Seite.

 
 
Anzeige
 
 
 
Kimberley-Clark übernimmt Kenvue
 
Von dpa/gbg

Mitten in der vom Weißen Haus losgetretenen Kontroverse um das Schmerzmittel Tylenol (Paracetamol) und Autismus wird der Hersteller Kenvue vom Unternehmen Kimberly-Clark übernommen. Zusammen mit den Schulden von Kenvue liegt der Kaufpreis bei 48,7 Milliarden US-Dollar (42,3 Milliarden Euro). Ein Teil davon wird in Aktien von Kimberly-Clark bezahlt, daher könnte der endgültige Betrag noch anders ausfallen.

US-Präsident Donald Trump hatte im September Schwangere davor gewarnt, das Paracetamol-haltige Medikament Tylenol einzunehmen und dabei ein angebliches Autismus-Risiko ins Spiel gebracht. „Nehmen Sie kein Tylenol“, appellierte Trump wiederholt vor TV-Kameras im Weißen Haus an Schwangere. Die Aktie von Kenvue verlor seit dem Auftritt rund ein Fünftel ihres Werts. Ende Oktober zog der Bundesstaat Texas vor Gericht gegen Kenvue mit dem Vorwurf, einen Zusammenhang mit Autismus verschleiert zu haben.

Kenvue betont, wissenschaftliche Daten ergäben keinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Autismus und der Einnahme des Medikaments. Auch Experten widersprachen Trumps Behauptungen. In einer Telefonkonferenz nach Ankündigung des Zusammenschlusses bekräftigte Kenvue-Chef Kirk Perry, die Produkte des Unternehmens seien sicher. Kimberly-Clark-Chef Mike Hsu sagte, man habe die Risiken abgewogen und sich von Experten beraten lassen.

Einsparpotenzial in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar

Kenvue mit Marken wie Neutrogena, Listerine und Aveeno wurde 2023 vom Kimberly-Clark-Konkurrenten Johnson & Johnson abgespalten. In deutschen Apotheken sind unter anderem die Kenvue-Marken Dolormin, Imodium und Olynth bekannt. Kimberly-Clark (unter anderem Kleenex und Huggies) sieht Potenzial für jährliche Einsparungen von mehr als 2 Milliarden Dollar durch den Zusammenschluss. In den ersten zwei Jahren werde es aber zunächst Umbau-Kosten von rund 2,5 Milliarden US-Dollar geben. Nach der Fusion sollen Aktionäre von Kimberly-Clark rund 54 Prozent am Unternehmen halten und Anteilseigner von Kenvue den Rest.

Die Aktien der beiden Unternehmen entwickelten sich nach der Ankündigung in unterschiedliche Richtungen. Für das Papier von Kenvue ging es im frühen US-Handel zeitweise um mehr als 16 Prozent aufwärts, der Kurs von Kimberly-Clark fiel um rund 12 Prozent. Kenvue galt laut US-Medienberichten schon seit einiger Zeit als Übernahmekandidat.

 
 
 
News-Ticker
 
Pharma-Dialog im Kanzleramt
 

Bei einem Treffen mit der Pharmabranche im Kanzleramt will die Bundesregierung die Lage der Industrie besprechen. Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) kündigte an, am 12. November mit Konzern- und Verbandsvertretern „insbesondere die Rahmenbedingungen in Deutschland“ zu erörtern. Das geht aus einem Schreiben hervor, dessen Inhalt der Deutschen Presse-Agentur bekannt ist und über das zuerst Politico berichtete. Neben Frei sollen für die Bundesregierung auch Gesundheitsministerin Nina Warken, Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (beide CDU) und Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) teilnehmen. Das wichtigste Thema der Pharmaindustrie derzeit sind die US-Zölle. (dpa/DAZ)

Warken: 2,9 Prozent Zusatzbeitrag
 
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will an diesem Montag die offizielle Orientierungsmarke für die Entwicklung der Krankenkassenbeiträge im neuen Jahr auf dem aktuellen Niveau von 2,9 Prozent festlegen. Das sagte sie der Rheinischen Post. Laut Gesetz gibt das Ministerium die Orientierungsmarke für die Zusatzbeiträge der Kassen für das Folgejahr eigentlich bis 1. November bekannt. Dies verzögert sich nun wie im Vorjahr leicht. Die angepeilten durchschnittlichen 2,9 Prozent folgen der Berechnung eines Schätzerkreises. Die Kassen warnen vor dennoch nötigen Beitragsanhebungen und davor, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2026 drei Prozent übersteigt. (dpa/DAZ)