Liebe Leserinnen und Leser,
 

 

im April 2026 könnte es so weit sein: Die Austauschregeln für Biosimilars treten in Kraft. Der Gemeinsame Bundesausschuss veröffentlichte in der vergangenen Woche die dazugehörigen Voraussetzungen. Wenn das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nichts daran zu beanstanden hat, geht es los.

Die Pharmaindustrie ist allerdings alles andere als begeistert. Sie befürchtet, dass es zu ähnlichen Problemen, wie bei den Generika kommen könnte. Der Kostendruck führt dazu, dass in Europa oder Deutschland keine Produktionsstätten etabliert werden und die bestehenden Kapazitäten abwandern.Gefordert wird ein Gesetz, um das zu verhindern. Ob das BMG da mitgeht, wird man in den kommenden Monaten sehen.

 
Herzliche Grüße,
Ihr Matthias Köhler
DAZ-Redakteur
 
In diesem DAZ-Update lesen Sie:
 
Abda: Reform schwächt Notdienstsystem

Westfalen-Lippe: Kammer diskutiert Abda-Austritt

Wann müssen Biologika ausgetauscht werden?

Abda-Gesamtvorstand schreibt an Warken

RTL Extra: „Wie jede andere Apotheke auch“

Kassen sollen sonstige Produkte zur Wundbehandlung weiterhin erstatten

News-Ticker
 
 
 
 
Abda: Reform schwächt Notdienstsystem
 

Von Kirsten Sucker-Sket und Matthias Köhler

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) setzt in ihrer Notfallreform unter anderem auf Integrierte Notfallzentren (INZ). Diese sollen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung im oder am Krankenhausstandort und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle bestehen.

Die Patientinnen und Patienten dieser Notdienstpraxen sollen von öffentlichen Apotheken (in unmittelbarer Nähe oder mit zweiter Offizin am Standort der Praxis) mit Arzneimitteln und Medizinprodukten versorgt werden. Mit diesen Apotheken ist ein besonderer Versorgungsvertrag zu schließen. Dessen Details soll ein neuer § 12b im Apothekengesetz regeln. Warkens Reform hat diese geplante neue Norm 1:1 aus Karl Lauterbachs (SPD) unvollendetem Reformentwurf übernommen.  

Unnötige Parallelstrukturen

Schon in der Lauterbach’schen Fassung hatte die Abda nichts von diesem Weg gehalten. Schließlich ist der apothekerliche Notdienst bereits geregelt. Auch wenn die Standesvertretung in ihrer aktuellen Stellungnahme begrüßt, dass ambulanter und stationärer Notdienst verzahnt werden sollen – das funktionierende System der Dienstbereitschaft durch öffentliche Apotheken, das durch die Apothekerkammern organisiert und durch die einzelnen Betriebserlaubnisinhaber mit Leben gefüllt werde, bleibe unberücksichtigt.

Vielmehr schaffe das Reformvorhaben Parallelstrukturen. Und diese sollten überdies über den Nacht- und Notdienstfonds finanziert werden, mit der Folge, dass weniger für die Pauschalen im regulären Nacht- und Notdienst übrigbliebe.

Höchst vorsorgliche Änderungsvorschläge

Die Standesvertretung sähe alle geplanten Regelungen rund um das neue Vertragskonstrukt am liebsten gestrichen. Nur höchst vorsorglich und für den Fall, dass diesen Bedenken nicht gefolgt wird, macht die Abda aber auch Vorschläge für Änderungen.

So sei in der Apothekenbetriebsordnung etwa eine neue Ausnahme vom Grundsatz der Raumeinheit für die zweite Offizin und das Lager am INZ-Standort zu schaffen. Zudem sollten unbestimmte Rechtsbegriffe wie die „unmittelbare Nähe“ hinreichend bestimmbar formuliert werden. Hier könne man auf etablierte Begriffe wie die „angemessene Nähe“ zurückgreifen.

Konflikt mit geplanter Apothekenreform

Zudem macht die Abda deutlich, dass es hier einen Konflikt mit der geplanten Apothekenreform gibt. Der Referentenentwurf für ein Notfallgesetz ignoriere die in diesem Rahmen vorgesehenen Änderungen in § 23 Apothekenbetriebsordnung zur Dienstbereitschaft. Diese Unstimmigkeiten seien zu beheben.

Immerhin: Der Warken’sche Referentenentwurf verzichtet auf ein vorübergehendes Dispensierrecht für die Ärztinnen und Ärzte der INZ-Notfallpraxen. Lauterbach wollte ein solches einführen, solange die speziellen Versorgungsverträge noch nicht abgeschlossen sind. Die entsprechende Kritik aus der Stellungnahme aus dem vergangenen Jahr muss die Abda daher nicht neu auflegen.

Hausärzte wollen Dispensierrecht im Notdienst

Allerdings vermisst der Hausärztinnen- und Hausärzteverband eben jenes Dispensierrecht und fordert gleich eine direkte Abgabe einer „fest definierten Anzahl an Medikamenten“ für beispielsweise die Betreiber von Notdienstpraxen und INZ. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum an dieser Stelle komplizierte juristische Konstrukte und Vereinbarungen geschaffen werden, um die Rechtsfiktion einer Abgabe von Medikamenten durch eine öffentliche Apotheke zu erhalten“, heißt es. Das setzt der Verband in Bezug dazu, dass „gleichzeitig die berufsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten der Apotheker zulasten anderer Berufsgruppen deutlich erweitert werden“.

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband macht sich Sorgen, dass angesichts des Apothekensterbens „in immer mehr Regionen keine Apotheken als Kooperationspartner zur Verfügung stehen“. Das Dispensierrecht für die INZ könnte für die verbleibenden Apotheken „eine dringend benötigte Entlastung“ sein.

KBV bringt „automatisierte Abgabestationen“ ins Spiel

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bringt das Dispensierrecht in ihrer Stellungnahme und sogar „automatisierte Abgabestationen“ ins Spiel. Dazu heißt es, dass die Arzneimittelversorgung nicht nur auf die INZ beschränkt bleiben, sondern auch „an jedem Ort, an dem eine notdienstliche Akutversorgung erfolgt (wie in den Praxen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes) sowie auch im aufsuchenden Dienst ermöglicht werden“ soll.

In Modellvorhaben solle getestet werden, wie die Abgabe nach Verordnung „unter telepharmazeutischer Beratung der Apotheke am Ort der notdienstlichen Akutversorgung“ durch die Automaten funktioniert. Ebenso könnten in Modellvorhaben Arzneimittel nach Verordnung unter telepharmazeutischer Beratung der Apotheke im aufsuchenden Dienst abgegeben werden. Weitere Modellvorhaben könnten sich auf ein Dispensierrecht des aufsuchenden Dienstes erstrecken. Die KBV liefert auch gleich ganz konkrete Formulierungsvorschläge mit, wie diese Modellvorhaben gesetzlich verankert und ausgestaltet werden könnten.

Am 11. Dezember steht die Verbändeanhörung zur Notfallreform im BMG an. Danach muss das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen, ehe die Reform ins parlamentarische Verfahren geht.

 
 
 
Westfalen-Lippe: Kammer diskutiert Abda-Austritt
 

Von Marius Penzel

Ein Rundschreiben der Apothekerkammer Westfalen-Lippe hatte schon Anfang November angedeutet, dass es bei der Versammlung am 3. Dezember in Münster hitzig werden könnte. Denn Jörg Nolten, Inhaber der Glocken-Apotheke in Bottrop, hatte einen Antrag zur Diskussion gestellt: „Die Kammerversammlung möge den Austritt der Apothekerkammer Westfalen-Lippe aus der Abda mit Wirkung zum 1. Januar 2028 im Sinne eines Vorratsbeschlusses beschließen“.

Der nächstmögliche Austrittstermin der Kammer Westfalen-Lippe wäre der 1. Januar 2027. Doch er wollte seinem Vorschlag genügend Zeit für eine Debatte geben – daher die Idee des Vorratsbeschlusses zum 1. Januar 2028.

„Relikt aus der Zeit der Bonner Republik“

Am Mittwoch vergangener Woche verteidigte Nolten dieses Vorhaben nun vor den Delegierten. Er wolle mit dem Antrag die Abda verändern und professionalisieren. Sie sei ein „Relikt aus der Zeit der Bonner Republik“, begann Jörg Nolten. „Die Rechtsgrundlagen waren einfach strukturiert, finanzielle Probleme unbekannt.“ Ein Ansprechpartner für die gesamte Apothekerschaft – in Form des Abda-Präsidenten oder der Präsidentin – sei in diesem Rahmen effektiv gewesen, um sich bei der Politik Gehör zu verschaffen.

Diese Zeiten seien vorbei. „Während selbst große Krankenkassen ihre Marktmacht bündeln und professionalisieren, arbeiten wir immer noch in Einzelstrukturen mit Ehrenamtlern dagegen an“, sagte er. Der Interessenkonflikt zwischen Apothekerverbänden und den zur Versorgung verpflichteten Apothekerkammern zeige sich nur unter dem Dach der Abda. Sein Vorbild für eine neue, effektivere Struktur der Standesvertretung ist die Ärzteschaft.

Keine berufspolitischen Erfolge

„Ich möchte eine klare Trennung von BAK und DAV in Finanzen und Aufgaben sowie die Professionalisierung der Führungskräfte und der Verhandlungsführung mit den Krankenkassen“, sagte Jörg Nolten in seiner Rede.

„Es ist zudem in diesem Dezember auch Realität, dass trotz der in den vergangenen Jahren geleisteten Vorarbeit und der Aufnahme wichtiger Forderungen wie einer Honorarerhöhung in den Koalitionsvertrag im Jahr 2025, keine berufspolitischen Erfolge erzielt wurden“, sagte Nolten. „Der Gaul ist tot und wir suchen neue Reiter.“

Abda-Austritt als „fatales Zeichen“

Hannes Müller aus dem Vorstand der Kammer sagte, die Punkte Noltens seien richtig und unterstützenswert. Doch „das Problem ist nur: Wenn wir austreten, können wir gar nichts mehr verändern“, sagte Müller. Ein Problem sei auch, dass durch einen Austritt aus der Abda auch ein Austritt aus der Bundesapothekerkammer folgen könnte, die ebenfalls dort angesiedelt ist.

Die Veränderungen, die Nolten fordert, könne man besser von innen heraus als Mitglied verändern als von außen, sagte Müller. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Kammer, ergänzte: Die Abda arbeite der Kammer Westfalen-Lippe zu – viele Ressourcen gingen der Kammer daher mit dem Austritt schnell verloren. Dem stimmten so ziemlich alle Delegierten zu, die das Wort ergriffen.

Nolten zieht Antrag zurück

Vielmehr müsse man klarer und zielsicher die Professionalisierung der Abda fordern – auch mit der Gefahr, dass die Energie, die der Antrag beinhalte, versickern könnte. „Ein Weiter-so geht nicht“, sagte Michael Beckmann. Doch annehmen könne man den Antrag auch nicht. „Sinnvoll wäre, wenn wir heute einen Beschluss fassen, dass es in dieser Kammer eine Arbeitsgruppe gibt: Was könnten die Forderungen aus Westfalen-Lippe an Veränderungen in der Abda-Struktur sein?“ Wenn man diese Aufgabe nutze, könne man einen Aufgabenkatalog in die Abda hineintragen. Dieser Vorschlag stieß auf Resonanz.

Frank Dieckerhoff, Vizepräsident der Kammer, moderierte die Debatte und lobte ihren professionellen und konstruktiven Verlauf. Er schlug vor, den Beschluss aufzusetzen. „Dann hätte ich mehr erreicht, als ich mir zu hoffen gewagt habe“, sagte Nolten – und zog seinen Antrag zurück.

 
 
 
Wann müssen Biologika ausgetauscht werden?
 

Von Julia Borsch

Biologische Arzneimittel müssen bislang in der Apotheke nicht gegen Nachahmer-Präparate (Biosimilars) ausgetauscht werden. Um das Einsparpotenzial dieser in der Regel hochpreisigen Präparate zu nutzen, sind lediglich die Ärzte seit 2020 angehalten, Biosimilars zu verordnen. Außerdem müssen Apotheken Präparate austauschen, die direkt von Ärzt*innen verabreicht werden. Bald muss aber bei der Abgabe aller Biologika in der Apotheke geprüft werden, ob die Herausgabe eines günstigeren Nachahmers möglich ist.

Wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag vergangener Woche mitteilte, stehen nun die Voraussetzungen fest, unter denen ein Austausch in der Apotheke erfolgen muss. Sie werden sich in einem neu eingefügten § 40c in der Arzneimittel-Richtlinie finden. Folgende Kriterien sollen dann für einen Austausch gelten:

Die Kriterien für den Austausch

  • Das abzugebende Produkt muss für mindestens ein gleiches Anwendungsgebiet sowie mindestens für dieselben Applikationsarten zugelassen sein, wie das verordnete.
  • Das abzugebende und das verordnete Produkt müssen in Wirkstärke und Packungsgröße identisch sein und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzen. Bei Arzneimitteln mit gleicher Darreichungsform muss zudem das Behältnis (Fertigspritze, Fertigpen, Patrone etc.) übereinstimmen.
  • Eine Ersetzung kann grundsätzlich im Verhältnis eines Referenzarzneimittels zu seinen Biosimilars sowie zwischen Biosimilars untereinander erfolgen, sofern diese mit Bezug auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind.

Als Informationsquelle für die Abgabeentscheidungen können die Apotheken laut G-BA – neben der Apothekensoftware bzw. den Preis- und Verzeichnisdiensten – die Anlage VIIa der Arzneimittel-Richtlinie nutzen. Sie biete eine Übersicht über die Zusammenhänge der in Deutschland zugelassenen Biologika sowie deren Biosimilars, heißt es in der Mitteilung.

Gibt es für einen Wirkstoff einen Rabattvertrag, sei ebenso wie bei Generika die Wirtschaftlichkeit gesichert und kein Preisvergleich notwendig.

Auch bei Biosimilar: Aut-idem und pharmazeutische Bedenken

Die bekannten Regeln, um einen Austausch zu verhindern, gelten ebenfalls analog zu den nicht biologischen Arzneimitteln: Der Arzt kann ein Aut-idem-Kreuz setzen oder die Apotheke kann pharmazeutische Bedenken geltend machen.

Der Beschluss zur Ergänzung der Arzneimittel-Richtlinie wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt. Vorbehaltlich der Nichtbeanstandung kann er im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und in Kraft treten. Der G-BA rechnet damit frühestens im April 2026.

Hintergrund

Der Weg zum aktuellen G‑BA-Beschluss wurde bereits 2019 mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) geebnet. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz erhielt der G‑BA zusätzlich zwölf Monate, um Kriterien für die automatische Substitution von Biologika zu definieren. Der Regelungsauftrag wurde zunächst auf parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung begrenzt. Hintergrund dieser Eingrenzung waren gewichtige Vorbehalte aus Ärzteschaft, Apothekerschaft und Industrie gegenüber einer automatischen Substitution biologischer Arzneimittel.

„Wiederholung eines schweren Fehlers“

Laut Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin bei Pharma Deutschland, droht mit der Entscheidung des G-BA die Wiederholung eines schweren Fehlers im Gesundheitssystem. Mit dem Argument, Kostensenkungen bei der medizinischen Versorgung erreichen zu wollen, werde ein Prozess in Gang gesetzt, der bei den Generika bereits zu einem handfesten Versorgungsproblem geführt habe, so Brakmann.

Zahlreiche Lieferengpässe zeigten, dass dies die Resilienz der Arzneimittelversorgung schwäche. „Wenn wir die Vielfalt der Anbieter erhalten wollen, sollten wir nicht auf exklusive Rabattausschreibungen setzen, die bei den Generika zu Lieferengpässen und abgewanderter Produktion geführt haben – Probleme, deren Behebung heute sehr kostenintensiv ist“, sagt die Hauptgeschäftsführerin. Nach dem Generika-Bereich werde die Versorgungssicherheit einer weiteren wichtigen Wirkstoffsparte zu einem hohen Maß von der geopolitischen Großwetterlage abhängig gemacht.

„Beschluss riskiert Versorgungssicherheit“

Auch der Interessenverband „AG Pro Biosimilars“ hält nichts von der Entscheidung. Der Vorsitzende Walter Röhrer erklärt dazu: „Der Beschluss führt auf den falschen Weg: Er riskiert die Versorgungssicherheit mit biopharmazeutischen Arzneimitteln in Deutschland. Genau dieser Kostendruck sorgte bei Generika für die Abwanderung der Produktion und eine starke Abhängigkeit von China.“

Mit Blick auf die aktuellen geopolitischen Veränderungen ergänzt Röhrer: „Der Beschluss kommt zur Unzeit. China will bei Biopharmazeutika Weltmarktführer werden – und wir schaffen neue Hürden für Biosimilar-Unternehmen in Deutschland und Europa?“ Die Politik müsse jetzt aktiv werden und durch ein Gesetz das Schlimmste verhindern. „Exklusive Ausschreibungen sind nicht mehr zeitgemäß und müssen verboten werden. Darüber müssen wir im Pharmadialog sprechen.“

 
 
 
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Abda-Gesamtvorstand schreibt an Warken
 

Von Matthias Köhler

Die Apothekenreform verfehlt ihr Ziel und gefährdet die Zukunft der wohnortnahen Arzneimittelversorgung. Mit dieser Botschaft wendete sich der Abda-Gesamtvorstand in der vergangenen Woche in einem Brief an Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Er fordert die Ministerin auf, die Reform „neu auszurichten – gemeinsam mit den Berufsorganisationen, nicht gegen sie“.

Konkret wollen die Präsidentinnen und Präsidenten der 17 Landesapothekerkammern und die Vorsitzenden der 17 Landesapothekerverbände eine baldige Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro und machen deutlich, dass sie die Lockerung der Präsenzpflicht „geschlossen“ ablehnen.

Es droht ein „weiterer Strukturverlust“

Es habe zu fortschreitenden Apothekenschließungen, Ausdünnung der flächendeckenden Versorgung und wachsender Gefährdung der Versorgungssicherheit geführt, dass die Honorierung der Apotheken so lange nicht verbessert worden sei. Ein „weiterer Strukturverlust“ drohe.

Die PTA-Vertretungsregelung hingegen würde einen „grundlegenden Systembruch“ bedeuten, der auch Folgen für die Patientensicherheit habe. Wenn das Gesundheitsministerium die fachlichen Standards senke, werde das weder den Personalmangel noch strukturelle Probleme lösen. Zudem würden kleine Apotheken kaum profitieren.

Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch

„Wo ‚Apotheke‘ draufsteht, muss weiterhin pharmazeutische Fachverantwortung durch Apothekerinnen oder Apotheker mit Hochschulausbildung anwesend sein“, heißt es in dem Brief. „Darauf haben Bürgerinnen und Bürger einen berechtigten Anspruch.“

Der Abda-Gesamtvorstand erinnert daran, dass Apotheken vor Ort ein „unverzichtbarer Baustein der Gesundheitsinfrastruktur“ sind. Sie verdienten eine Reform, „die ihnen echte Perspektive bietet“. Man stehe „jederzeit für einen konstruktiven und lösungsorientierten Dialog zur Verfügung“.

 
 
„Wie jede andere Apotheke auch“
 

Von Michael Zantke

„RTL Extra“ hat sich in einem Beitrag am Dienstag vergangener Woche mit Preisunterschieden bei gängigen OTC-Arzneimitteln auseinandergesetzt. Verglichen wurden Preise für Ibuprofen, Iberogast, Grippostad C und ein Nasenspray. Neben der Feststellung, dass sich deren Preise schon im Vergleich verschiedener Vor-Ort-Apotheken mitunter erheblich unterschieden, lagen insbesondere die Preisunterschiede zu den Versendern im Fokus. Im Schnitt waren die Preise bei den Versendern demnach drei bis zehn Euro niedriger als in der Apotheke vor Ort.

Eine Apothekerin reagierte im Beitrag auf die Nachfrage nach den Preisunterschieden zu den Versendern sehr deutlich: „Das ist eine Firma aus den Niederlanden. Die können Unmengen kaufen. Das kann eine Apotheke ja gar nicht. Es gibt uns Apotheken irgendwann nicht mehr. Das wird alles verlagert in Drogeriemärkte oder so.“

DocMorris und Shop Apotheke: „Wir bieten Rezepturen an“

„RTL Extra“ schaute sich auch bei DocMorris in Heerlen um. Hier trägt „Chefapothekerin“ Sonja Thüllen die Verantwortung für den Arzneimittelversand. Unter ihrer Leitung sind knapp 150 PTA dort beschäftigt. Man habe „gute Herstellerkontakte“, sagt Thüllen. Man könne gut einkaufen und gebe die günstigen Preise an die Verbraucher*innen weiter, so die simple Erklärung für die Preisunterschiede gegenüber stationären Apotheken.

Genau wie in den Vor-Ort-Apotheken werde in Heerlen mit „echter pharmazeutischer Fachkompetenz gearbeitet“, heißt es in dem Beitrag. Jedes eingehende Rezept werde auch intensiv geprüft – demonstriert die Chefin bei einer Kollegin am Monitor. Die Szene wirkt etwas gestellt: Im verwaisten Großraumbüro ist außer der DocMorris-Chefapothekerin nur eine weitere Frau tätig. 

Thüllen schaut sich gewissenhaft die Bestellhistorie eines Kunden an, und beschließt, ihn zur Abklärung an eine Arztpraxis zu verweisen. 150.000 Beratungen würden von den 10,6 Millionen DocMorris-Kund*innen im Monat in Anspruch genommen, heißt es.

Und auch der Vorwurf, dass Online-Versender keine Rezepturen herstellen, könne widerlegt werden. Als Beleg werden sechs Arbeitsplätze am DocMorris-Standort vorgeführt, die beliebig erweitert werden könnten – was auch immer das genau mit Blick auf die Rezeptur-Herstellung bedeutet, wird nicht erläutert.

Ob DocMorris in Heerlen auch eine Präsenzapotheke unterhält, wie es die „Länderliste“ des Bundesgesundheitsministeriums für Arzneimittelversender aus den Niederlanden verlangt, ist im Beitrag kein Thema. Zu sehen ist eine solche jedenfalls nicht.

Redcare-CEO: Versender haben keine Schuld am Apothekensterben

Dann stattet das RTL-Team auch Redcare Pharmacy alias Shop Apotheke einen Besuch ab. Dass die Versender das Sterben der Vor-Ort-Apotheken vorantreiben, sei „komplett wirres Zeug“, sagt Redcare-CEO, Olaf Heinrich. Und auch andere Vorurteile gegenüber den Versendern hält er für Unsinn: „Wir bieten ganz normal Rezepturen an, wie jede andere Apotheke auch.“ Nähere Belege dafür bleibt auch Heinrich schuldig.

 
 
Kassen sollen sonstige Produkte zur Wundbehanldung weiterhin erstatten
 

Von Kirsten Sucker-Sket

Die sogenannten „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“, die selbst eine therapeutische Wirkung entfalten, sollen eigentlich schon seit geraumer Zeit nur noch dann zulasten der GKV erstattungsfähig sein, wenn ihnen ein medizinischer Nutzen attestiert wurde. Dann nimmt der Gemeinsame Bundesausschuss sie in die Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie (verordnungsfähige Medizinprodukte) auf. Doch das Antrags- und Bewertungsverfahren kommt nur schleppend in Gang. Erst ein einziges Produkt ist derzeit als verordnungsfähig gelistet. Dabei hatte der Gesetzgeber Übergangsfristen gesetzt – und auch verlängert.

Verlängerung verzögert sich

Am 2. Dezember lief diese Frist allerdings aus. Eigentlich hatte der Gesetzgeber rechtzeitig für eine weitere Verlängerung um ein Jahr sorgen wollen. Ein Änderungsantrag zum Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege (BEEP) sollte es richten. Doch dieses Gesetz, dem im Omnibusverfahren auch das „Kleine Sparpaket“ für die GKV aufgeladen wurde, ist im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gelandet.

Zwar gibt es Bemühungen um einen Kompromiss, sodass das Gesetz am 19. Dezember doch noch vom Bundesrat beschlossen werden könnte. Doch zumindest bis dahin – wenn nicht länger – hängt die Verordnungsfähigkeit der „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“ im luftleeren Raum.

Das Bundesgesundheitsministerium hat daher mit Schreiben vom 28. November die beteiligten Akteure darum gebeten, die bis zum 2. Dezember 2025 gültige erstattungsrechtliche Regelung weiterhin anzuwenden. Denn es sei „zuversichtlich“, dass das BEEP zeitnah in Kraft treten wird.

Ersatzkassen und BIG direkt gesund erstatten weiterhin

Zumindest die Ersatzkassen wollen dieser Empfehlung auch folgen – „um eine reibungslose Versorgung zu ermöglichen“. Das geht aus einem Schreiben ihres Verbandes vdek an den Deutschen Apothekerverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hervor. Damit gilt, dass Versicherte der Ersatzkassen vorerst weiterhin im Sachleistungsprinzip mit den betreffenden Produkten versorgt werden können. Eine Kostenübernahmeerklärung ist dafür nicht erforderlich.

Auch die Krankenkasse BIG direkt gesund bleibt dabei: „Wir wollen, dass unsere Versicherten ihre Wundversorgung zuverlässig fortführen können – ohne dass Ärztinnen und Ärzte ein Regressrisiko befürchten müssen“, sagte Norbert Fina, Geschäftsbereichsleiter des Landesverbandes Berlin der BIG direkt gesund.

 
 
 
News-Ticker
 
Wichtige Wirkstoffe fehlen
 
Bei Kinderarzneimitteln gibt es eine leichte Verbesserung, ansonsten bleibt die Lage angespannt. Das ist die Bilanz des Pro Generika zum Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG). Zur Grundlage nimmt der Verband in seiner Pressemitteilung von diesem Donnerstag eine Auswertung des IGES-Instituts. „Das ALBVVG hatte den richtigen Ansatz: Anreize für Unternehmen, damit diese sich nicht aus Kostengründen aus der Produktion verabschieden müssen“, so Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika. Es brauche eine klare Fokussierung auf Medikamente, die nicht fehlen dürfen. (DAZ)
Curevac-Übernahme vor Abschluss
 

Eine große Mehrheit der Curevac-Anteilseigner hat das Übernahmeangebot des Mainzer Unternehmens Biontech angenommen. Bis zum Ablauf einer ersten Angebotsfrist am Mittwoch vergangener Woche wurden rund 81,74 Prozent der Curevac-Anteile in Biontech-Aktienhinterlegungsscheine („American Depositary Shares“, kurz: ADS) getauscht, wie Biontech mitteilte. Damit ist die Mindestannahmeschwelle von 80 Prozent überschritten. Biontech hatte bei dem im Juni bekanntgewordenen Angebot 5,46 US-Dollar für jede Curevac-Aktie angesetzt. Das entspricht einer Bewertung des Tübinger Unternehmens von etwa 1,25 Milliarden US-Dollar (1,08 Milliarden Euro). (dpa/DAZ)

 
Wie Deutsche ihre Gesundheit sehen
 

Die Menschen in Deutschland haben im Jahr 2024 ihre gesundheitliche Lage als weniger gut angesehen als noch 2023. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem Bericht „Gesundheit in Deutschland“ schreibt, schätzten im vergangenen Jahr 64,2 Prozent der Erwachsenen ihre Gesundheit als sehr gut oder gut ein. Altersstandardisiert entspreche das einem Rückgang um mehr als drei Prozentpunkte. 21,9 Prozent wiesen eine depressive Symptomatik auf. Mehr als die Hälfte berichtete von einer chronischen Erkrankung oder einem anhaltenden Problem. Besonders hoch lag der Anteil in Gruppen mit niedrigem Bildungsniveau. (dpa/DAZ)

Schott Pharma mit verhaltenen Zielen
 
Der Pharmazulieferer Schott Pharma kämpft weiter mit der Marktunsicherheit und nimmt sich für das neue Geschäftsjahr überraschend niedrige Umsatzziele vor. Im Geschäftsjahr 2026 (Ende September) dürfte der Erlös währungsbereinigt um 2 bis 5 Prozent wachsen, teilte das Unternehmen überraschend am vergangenen Donnerstagabend in Mainz mit. Am Markt wurde dem Unternehmen zufolge allerdings mit gut 8 Prozent Anstieg gerechnet. Bei der operativen Marge (Ebitda) gehen die Mainzer von 27 Prozent aus und damit ebenfalls weniger als von Experten mit fast 29 Prozent erwartet. Die Aktie gab nachbörslich rund zwei Prozent nach. (dpa/DAZ)